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Nora Morgenroth: Die Gabe

Nora Morgenroth: Die Gabe

Titel: Nora Morgenroth: Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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kommt‘s.“
    „Was kommt dann?“
    „ Also, der Typ glotzt ihr voll in den Ausschnitt. Du weißt ja, die Jessie hat ja auch voll die riesen Dinger. Aber das ist ja noch lange kein Grund, sie so anzugaffen, oder? Na, jedenfalls sieht sie, dass er voll den Steifen hat und er sieht, dass sie es sieht und dann fragt er sie, ob sie einen Freund hätte. Hat sie ja nicht.“
    Ich hielt die Luft an und hoffte, dass Yasmine das alles nicht irgendwie doch mitbekam. Auch wenn ich ihre Nähe nicht spürte, sicher war ich mir nicht.
    „Na, und weil der Typ ja auch ganz geil aussieht … mein Fall ist das nicht, viel zu alt, aber Jessie macht ja gern mal einen drauf. Jedenfalls fragt er sie, ob sie gern feiert und mal Lust hat auf eine private, ganz exklusive Party. Er gibt ihr also eine Karte mit nur einer Handynummer darauf, sonst nichts und stell dir vor, sie hat da tatsächlich angerufen.“
    „Und was ist dann passiert?“
    „Gar nichts. Sie hat im letzten Moment gekniffen, es hörte sich dann doch irgendwie alles nicht so cool an. Der Typ, der da am Apparat war, war jedenfalls nicht der van der Brelie. Er hat gefragt, ob sie auch tanzen würde und sie so: Na klar, wenn ich Bock darauf habe, und er: Nein, sie müsste das dann auf jeden Fall machen, vor Publikum. Angeblich alles ganz wichtige Leute. Männer, mit anderen Worten. Und dann kam der Hammer!“
    Franka machte es spannend. Ich schwieg, damit sie nach einer kleinen dramatischen Pause fortfahren konnte.
    „Da sagt der Typ doch, sie kriegt einen Tausender fürs Tanzen, kein Verkehr und kein Anfassen, das ginge dann noch extra, aber sie muss das nicht, nur wenn sie will. Und als sie dann schließlich gesagt hat, dass sie doch nicht kommen will zu der Party, da wird der Typ voll sauer und droht, Jessie in Schwierigkeiten zu bringen. Behauptet, sie haben gewisse Informationen über sie und so. Wenn sie zur Polizei geht oder sonst jemandem was erzählt, dann verliert sie ihren Job und überhaupt alles.“
    Das musste ich erst einmal verarbeiten . Diese Geschichte hörte sich geradezu unglaublich an, aber vielleicht auch nicht verrückter als das, was ich der Polizei heute früh erzählt hatte.
    „Naja, so eine leere Drohung, was sollen die schon in der Hand haben“, meinte ich nach kurzem Zögern.
    Franka sprang auf.
    „Das ist es ja. Es kann sein, dass die was haben.“
    „Wieso, was denn?“
    „Auch wenn wir nicht kapieren, wie die daran gekommen sind . Jessie war mal mit so einem Typen zusammen, der gedealt hat. Drogen, auch harte Sachen. Damals war sie ziemlich schräg drauf, aber das ist lange her und jetzt ist sie ja clean und will mit dem ganzen Mist nichts mehr zu tun haben, aber es gibt da so ein paar Sachen, die sie damals gemacht hat …“
    „Was denn?“
    Franka seufzte.
    „Na, so Filme halt. Sie brauchte Geld für Stoff und der Typ, also ihr Freund damals, der hat sie voll ausgenutzt. Der war ja schon Mitte zwanzig oder so und sie erst fünfzehn. Und wenn der gesagt hat: Blas dem Typ da einen, na, dann hat sie das gemacht. Und manchmal haben sie das gefilmt und an so kranke Typen verkauft, die auf junge Mädchen stehen. Ihr Typ ist dann ja auch in den Knast gekommen und Jessie in den Entzug. Dann hat sie die Lehre gemacht und ist irgendwie mit viel Glück bei dem Schweizer gelandet. Also nicht, was du denkst, der ist ja schwul. Egal, wir wissen jedenfalls nicht, wie die an die Filme gekommen sein könnten. Wahrscheinlich sind die noch irgendwo im Umlauf. Das kannste mir glauben, das war kein Zufall, dass der Brelie-Arsch die Jessie angemacht hat. Die wissen schon, wo die sich ihr Frischfleisch suchen. Keine professionellen, darin liegt vermutlich der Kick, sonst könnten die ja auch einfach in den Puff gehen. Echt zum Kotzen.“
    In diesem Moment ging die Ladentür auf und ein älteres Ehepaar brachte einen Schwall kalte Luft mit herein. Auf ihren Mänteln lagen dicke weiße Flocken. Draußen hatte ein regelrechtes Schneegestöber eingesetzt. Ich räumte schnell meine Tasche und die Zeitschriften fort . Für den Rest des Tages kamen wir nicht mehr dazu, auch nur ein privates Wort zu wechseln. Die Kundschaft gab sich die Klinke in die Hand und als wir um Punkt sechs Uhr zusperrten, war unsere Ladenkasse voller als sonst. Schlechtes Wetter und Kälte waren gut für die Bücher. Die Kunden blieben dann einfach länger als sonst und kauften mehr als bei schönem Wetter.
    Franka hatte es dann sehr eilig, weil sie noch zu einem Zahnarzttermin musste,

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