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Nora Morgenroth: Die Gabe

Nora Morgenroth: Die Gabe

Titel: Nora Morgenroth: Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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nichts. Also, was ist? Ich bin im Laden, hier ist jede Menge los.“
    Unwillkürlich sah ich mich zu Franka um, die breit grinste. Dann hob sie eine der Illustrierten auf, die zu Boden gefallen war . Sie kletterte auf den Barhocker, auf dem sie bei meinem Eintreten gesessen hatte und fing an zu lesen.
    „Ja, weißt du, Hedda hat mich angerufen, und …“
    „Was hat sie? Schon wieder? Was soll denn das, verdammt… Habt ihr keine anderen Sorgen?“
    Kannst du nicht Windeln wechseln und dich um deinen eigenen Scheiß kümmern, dachte ich. Meine Schwester konnte sich auf etwas gefasst machen. Ich hatte gedacht, dass wir das Thema abgehakt hätten und sie mich alle in Ruhe lassen würden. Wie kam sie dazu, meine persönlichen Probleme, von denen sie im Übrigen nicht die geringste Ahnung hatte, mit meinem Exmann zu besprechen.
    „Nun reg dich nicht gleich wieder auf und sei nicht sauer auf sie. Sie macht sich einfach Sorgen um dich, das ist alles.“
    „Na toll und was hat sie dir erzählt?“
    Es war plötzlich sehr still in der Leitung.
    „Nun sag schon.“
    „ Ich wollte fragen … hast du heute Abend vielleicht Zeit? Ich könnte was vom Chinesen mitbringen. Ich würde dich gern mal wieder sehen. Lass uns miteinander reden, ganz in Ruhe. Wie früher. Was meinst du?“
    Wie früher? Nichts war mehr wie früher. Eigentlich wollte ich Daniel sagen, dass er bleiben konnte, wo der Pfeffer wuchs oder eher gesagt , sollte er bei seiner kleinen glücklichen Familie bleiben, doch ich war nicht mehr ganz bei der Sache. Ich hatte bemerkt, dass Franka in der Illustrierten gerade eine bestimmte Seite aufgeschlagen hatte und aufmerksam betrachtete. Auch über Kopf erkannte ich, welcher Bericht das war. Seit wann interessierte Franka sich für die Vertreter der Volksmusik, ob und wen die heirateten und wer eingeladen gewesen war? Sie blätterte nicht weiter, sondern runzelte die Stirn. Es war nicht zu übersehen, dass sie über etwas nachdachte.
    „Na gut, dann komm um acht, aber nur kurz“, sagte ich und legte auf. Essen musste ich sowieso . Spätestens nach einer Stunde würde ich Daniel wieder hinauswerfen. Falls er nicht von allein schon früher wieder ging, schließlich hatte er jetzt Frau und Kind, da trieb man sich nicht bei seiner Exfrau herum.
    Ich trat an die Bar und blieb neben Franka stehen. Ich musste nicht lange warten. Sie blickte auf und deutete gleichzeitig mit einem ihrer schwarz lackierten Nägel auf das Bild.
    „Das ist echt `ne Type hier, da kriegt man ja voll das Kotzen.“
    „Wieso, was meinst du?“
    Ich versuchte, so beiläufig wie möglich zu klingen.
    „Der ist voll eklig, so ein geiler alter Sack.“
    „Woher willst du das wissen, kennst du den etwa?“
    „Nee, ich nicht. Aber meine Freundin, die Jessica, Jessie, weißt du noch, die war doch letztes Jahr auf meiner Party.“
    Zwar erinnerte ich mich nicht wirklich, trotzdem nickte ich. Die jungen Frauen auf ihrer Geburtstagsparty hatten für mich irgendwie alle gleich ausgesehen: sehr jung, sehr sexy und sehr ausgeflippt.
    „Die arbeitet doch bei dem Udo Schweizer, du weißt schon, d er Promifriseur in Vallau.“
    Ich wusste, wen sie meinte, auch wenn ich dort noch nie gewesen war . Udo Schweizer war nicht ganz meine Preisklasse. Aber jeder kannte ihn, die Werbung für seine Shampoos und Haarpflegeprodukte war allgegenwärtig.
    „Ja, und?“
    „Manchmal, wenn so ganz wichtige Typen kommen, mit Personenschutz und so, dann machen die abends extra noch auf. Und rate mal, wer letztens da war?“
    „Keine Ahnung“, antwortete ich, obwohl ich durchaus eine Ahnung hatte. Ich wollte, dass Franka weiter redete.
    „Dieser Brelie-Typ.“
    Sie pochte mit angeekelter Miene auf das Foto in der Illustrierten, die zwischen uns auf dem Tresen lag. „Der hat die Jessie voll angemacht. Es war schon spät und nur der Udo war noch im Salon. Und die Gorillas von dem Arsch da, seine Aufpasser, aber die haben draußen gewartet. Naja, und Jessie natürlich, die sollte dem die Haare waschen und so weiter. Maniküre für den feinen Herrn, sowas macht Monsieur Udo ja nicht selbst.“
    „Aber das ist doch nicht schlimm, ich meine, wenn der sich das leisten kann?“
    Franka schnaubte höhnisch.
    „Der hat sich noch was ganz anderes geleistet. Als Jessie da also neben dem Typen sitzt und dem die Nägel macht, der hat so eine Pflegepackung im Haar oder was weiß ich, da muss der Udo mal ganz dringend telefonieren und geht nach nebenan. Und dann

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