Nora Roberts
Städtchen. Ein paar Monate nachdem Doug das Glück
hatte, am Schreibtisch von Skore Realtors die Stellung zu halten, als
sie zur Tür hereinspazierte, kam der Laden auf den Markt. Die Vorbesitzer leben
in Pennsylvania und hatten schon an verschiedene Leute vermietet, die dort mit
mehr oder weniger großem Erfolg ihre Geschäfte betrieben haben. Erinnerst du
dich noch an den New Age-Laden – Steine, Kristalle, Kerzen und
Meditationskassetten?«
»Oh ja. Der
Kerl, der ihn führte, hatte eine Drachentätowierung auf dem rechten
Handrücken.«
»Also der
ist länger da drin gewesen als jeder gedacht hatte, aber als letztes Jahr der
Mietvertrag zur Verlängerung anstand, hieß es dann Lebewohl. Doug, der eine
fette Provision roch, hat die junge WB angerufen, um ihr von dem Mietobjekt zu
erzählen, das gerade erst auf den Markt gekommen war, und sie stachelte ihn nur
noch weiter an, als sie ihn fragte, ob die Eigentümer an einem Verkauf
interessiert seien. Als sich herausstellte, dass dem so war, war der Deal
perfekt, und Doug hat laut Halleluja geschrien. Und dann machte sie ihn zum
glücklichsten Mann in ganz St. Chris, als sie ihm auftrug, auch noch ein Haus
zum Wohnen zu finden. Sie kam herunter, schaute sich die drei an, die er ihr
zeigte, und fand Gefallen an dem morschen, alten viktorianischen Schuppen am Oyster
Inlet. Wieder eine Immobilie erster Sahne, wenn man die Lage
bedenkt«, fügte Aubrey hinzu. »Die Dame mag es eben vom Feinsten.«
»Das alte
blaue Haus?«, fragte Seth. »Das wie ein halb aufgegessenes Lebkuchenhaus
aussieht? Das hat sie gekauft?«
»Mit allem
Drum und Dran.« Aubrey nickte, während sie weiter auf ihrer Brezeln herumkaute.
»Guy hatte es vor gut drei Jahren gekauft und ein bisschen auf Vordermann
gebracht.«
»Da draußen
gibt es doch nichts als Sumpfgras und Dickicht.« Aber dann fiel ihm ein, dass
sich das Haus über einer Biegung des Flusses erhob, und dass das tabakfarbene
Wasser wie Bernstein schimmerte, wenn die Sonne durch die Eichen und Gummibäume
schien.
»Dein Mädel
liebt seine Privatsphäre«, erklärte Aubrey. »Bleibt gern für sich. Ist den
Kunden gegenüber zuvorkommend und hilfsbereit, höflich, immer freundlich, aber
dabei distanziert. Das ist eine von der ganz kühlen Sorte.«
»Sie ist
neu hier.« Und Seth wusste weiß Gott wie es war, wenn man sich an einem Ort
wieder fand, der all das hatte, was man sich wünschte, und sich nicht sicher
war, ob man dort seinen Platz finden würde.
»Sie ist
eine Fremde.« Aubrey vollführte ein typisch Quinn'sches Schulterzucken. »Und sie
wird die nächsten zwanzig Jahre eine Fremde bleiben.«
»Sie könnte
bestimmt einen Freund gebrauchen.«
»Ah, du
bist also auf der Suche nach neuen Freunden, was, Seth? Am liebsten wohl etwas
Weibliches und Wohlgeformtes zum Schmusen, wie?«
Er
bedeutete dem Barkeeper, dass er noch ein Bier haben wollte und lehnte sich
dann so weit zu Aubrey hinüber, dass seine Nase gegen ihre stieß. »Vielleicht.
Ist es etwa das, was du mit Will tust?«
»Wir
überspringen den Schmuseteil und kommen gleich zur Sache. – Aber ich nehme dich
gern mal im Prahm mit raus, wenn du Lust hast. Allerdings unter meinem
Kommando. Es ist schon so lange her, dass du ein Segel gesetzt hast, dass du
ihn wahrscheinlich zum Kentern bringen würdest.«
»Von wegen!
Wir werden morgen rausfahren.«
»Oh, wir
haben also ein Rendezvous! Abgemacht. Und wo wir gerade von Rendezvous reden –
deine neue Freundin ist gerade auch hier.«
»Wer?« Aber
Seth wusste schon, wen sie meinte, bevor er sich auf seinem Barhocker
herumdrehte. Er ließ seinen Blick über die Gäste wandern und hatte Dru schon
bald an der Tür entdeckt.
In ihrem
adretten Kostüm wirkte sie vollkommen deplatziert inmitten der Fischer mit
ihren windgegerbten Gesichtern und vernarbten Händen und der Universitätsstudenten
mit ihren modischen Schuhen und zu großen T-Shirts.
Wahrscheinlich
wusste sie, dass sich die meisten Köpfe zu ihr umdrehten, als sie durch das
Lokal ging. Frauen wussten das immer. Aber sie bewegte sich mit Entschlossenheit
und lässiger Anmut zwischen den fleckigen Tischen und wackeligen Stühlen
hindurch.
»Die hat
Klasse«, lautete Aubreys Kommentar.
»Kann mal
wohl sagen.« Seth kramte das Geld für die Getränke hervor und warf es auf die
Bar. »Ich muss dich leider verlassen, Kleines.«
Aubreys
Augen weiteten sich in gespieltem Schock. »Ich bin tief getroffen.«
»Wir sehen
uns morgen«, sagte er und beugte sich
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