Nora Roberts
angefühlt.
Sie
schaltete das Licht und den Motor aus und griff nach ihrer Handtasche. Seth war
schon zur Stelle und öffnete die Wagentür, ehe sie es selbst tun konnte.
»Es ist
ziemlich dunkel. Passen Sie auf wo sie hintreten.« Er nahm ihren Arm und
lotste sie zu der Holztreppe, die in den ersten Stock hinaufführte.
»Ich sehe
sehr gut, danke.« Sie rückte von ihm ab und öffnete die Handtasche, um die
Schlüssel herauszuholen. »Das wäre also der Parkplatz und der Privateingang,
wie Sie sehen.«
»Ja, das
sehe ich. Hören Sie das?« Auf halbem Weg die Treppe hinauf legte er eine Hand
auf ihren Arm, um sie aufzuhalten. »Hören Sie doch nur«, wiederholte er und
blickte zu den Häusern hinüber, die entlang der Straße hinter ihnen standen.
»Ist das nicht großartig?«
Dru
vermochte ein Lächeln nicht zu unterdrücken. Sie wusste genau, was er meinte –
diese Stille war wirklich großartig.
»In ein
paar Wochen wird es hier nicht mehr so ruhig sein.« Sein Blick wanderte durch
die Dunkelheit. Und wieder einmal dachte sie, dass er sah, was andere nicht
sahen. »Ah dem Memorial Day werden die Touristen und die Ferienhausbesitzer in
Scharen eintreffen. Die Nächte werden länger und wärmer, und die Leute halten
sich mehr draußen auf. Diese Art von Lärm kann auch großartig sein – Ferienlärm
eben. Er klingt besonders gut, wenn man eine Eistüte in der Hand hält und
keine Stechuhr im Kopf hat.«
Seth drehte
sich um und sah Dru mit seinen durchdringenden blauen Augen an. Sie schienen
sie förmlich zu durchbohren.
»Mögen Sie
Eiskrem?«, fragte er.
»Es würde
wohl etwas nicht mit mir stimmen, wenn ich darauf mit Nein antworten müsste.«
Hastig stieg sie die letzten Stufen hinauf.
»Oh nein,
bei dir stimmt alles«, murmelte er in sich hinein, die Daumen in seine
vorderen Hosentaschen gehakt, während er dabei zusah, wie sie die Tür
aufschloss.
Sie
schaltete das Deckenlicht ein und ließ dann zur Sicherheit die Tür offen
stehen, nachdem er eingetreten war.
Aber sie
erkannte sofort, dass dies unnötig gewesen war. Seth Quinn verschwendete keinen
Gedanken mehr an sie.
Er trat
zuerst auf die Fenster zu, die nach vorn hinausgingen, und stand eine Weile
breitbeinig da, was bei ihm entspannt und aufmerksam zugleich wirkte. Und sehr
sexy.
Er trägt
seine abgerissene Jeans mit mehr Stil als es so mancher Mann in einem
Fünfhundert-Dollar-Anzug zustande bringt, dachte Dru. Auf seinen Schuhen
entdeckte sie Farbkleckse.
Als er
etwas zu murmeln begann, blinzelte sie und kam wieder zu sich.
»Wie
bitte?«
»Was? Oh,
ich überlege nur wegen des Lichts – Sonneneinfall,
Winkel und so weiter.« Er schritt zu den hinteren Fenstern hinüber und blieb
auch dort eine Weile stehen. Murmelte wieder vor sich hin.
Er führt
offenbar gern Selbstgespräche, dachte Dru. Nun, das war eigentlich gar nicht so
seltsam. Sie selbst bestritt schließlich ganze Unterhaltungen in ihrem Kopf.
»Die Küche ...«, begann sie.
»Spielt
keine Rolle.« Er starrte mit gerunzelter Stirn zur Decke hinauf und sein Blick
schien so konzentriert zu sein, dass sie sich dabei erwischte, wie sie selbst
hinaufsah.
Nachdem sie
ein paar Sekunden so dagestanden und nach oben gestarrt hatten, kam Dru sich
allmählich albern vor. »Gibt es ein Problem mit der Decke? Man hat mir
versichert, dass mit dem Dach alles in Ordnung sei, und ich weiß, dass es nicht
undicht ist.«
»Hm. Hätten
Sie etwas gegen Oberlichter einzuwenden – natürlich auf meine Kosten
eingesetzt?«
»Ich ...
nun ja, ich weiß nicht so recht. Ich denke ...«
»Dann würde es funktionieren.«
Er schritt
im Raum umher, stellte in Gedanken seine Leinwände, Farben, die Staffelei, den
Tisch, an dem er seine Skizzen anfertigte, die Regale für die Materialvorräte
und seine Ausrüstung auf. Ich werde wohl auch ein Sofa oder ein Bett
hineinstellen, dachte er. Besser wohl ein Bett, falls er lange arbeitete und
sich nur noch zum Schlafen hineinfallen lassen wollte.
»Die
Wohnung ist nicht schlecht«, sagte er schließlich. »Wenn das mit den
Oberlichtern klargeht, wird es funktionieren. Ich nehme sie.«
Sie rief
sich in Erinnerung, dass sie den Oberlichtern noch nicht wirklich zugestimmt
hatte. Aber andererseits fand sie keinen Grund, sie abzulehnen. »Das ging ja
wirklich schnell. Ganz wie versprochen. Möchten Sie denn nicht noch einen
Blick in die Küche und das Bad werfen?«
»Sie haben
doch bestimmt all das, was Küchen und Bäder gemeinhin so zu bieten
Weitere Kostenlose Bücher