Nora Roberts
als mein Leben. Was meinst du, ob ihr der
Ring gefällt?«
»Wie soll
ich das wissen?«
»Du bist
doch der Künstler«, erklärte Dan und hielt Seth den Ring unter die Nase. »Was
hältst du davon?«
Es war ein
schlichter Goldring mit einem Diamanten in der Mitte. Aber die Freundschaft
verlangte mehr als einen nüchternen Kommentar. »Er sieht großartig aus.
Elegant, klassisch.«
»Das passt
haargenau zu meiner Shelby.« Dan betrachtete den Ring zufrieden. Er seufzte
und steckte das Schmuckdöschen wieder in die Tasche zurück. »Sie würde dich
übrigens gern kennen lernen. Sie hat was übrig für diesen ganzen Kunstkram.
Dadurch habe ich sie übrigens auch kennen gelernt. Aubrey hat mich zu einer
Kunstausstellung an der Uni geschleppt, weil Will keine Zeit hatte. Und da
habe ich Shelby zum ersten Mal gesehen. Sie stand vor einem Gemälde, das so
aussah, als hätte es ein Schimpanse gemalt. – Also wirklich, was soll dieser
ganze Mist eigentlich, der nur aus Streifen und Farbspritzern besteht? Das ist
doch Betrug, wenn du mich fragst.«
»Ich bin
mir sicher, dass Pollock sich soeben im Grabe umgedreht hat.«
»Wenn du
das sagst. Na, jedenfalls bin ich auf sie zugegangen und habe es mit dieser > Was sagt Ihnen das Bild < -Nummer versucht. Und weißt du, was sie
geantwortet hat?«
Seth, der
es genoss, seinen Freund so völlig vernarrt zu sehen, lehnte sich gegen die
Stufe zurück. »Was hat sie denn gesagt?«
»Sie sagte,
die Erstklässler an ihrer Schule würden bessere Bilder mit ihren Fingerfarben
zustande bringen. Mann oh Mann, ich habe mich auf der Stelle in sie verliebt?
Und das war der Moment, in dem ich die großen Geschütze
aufgefahren und ihr von meinem Freund erzählt habe, der Künstler ist und
richtige Bilder malt. Dann habe ich deinen Namen fallen lassen, und sie wäre
beinahe in Ohnmacht gefallen. Ich glaube, in diesem Moment ist mir zum ersten
Mal klar geworden, dass du jetzt eine echte Berühmtheit bist.«
»Hast du
immer noch die Zeichnung, die ich einmal von dir und Will gemacht habe, über
der Toilette hängen?«
»Das ist
ein Ehrenplatz, Mann! Was hältst du davon, dich irgendwann nächste Woche mit
Shelby und mir zu treffen? Auf einen Drink vielleicht? Oder lass uns zusammen
etwas essen.«
»Gern,
warum nicht? Aber ich warne dich, sie könnte sich in mich verlieben und dir das
Herz brechen.«
»Klar doch,
wie sollte es auch anders sein! Aber für den Fall der Fälle, sie hat da diese
Freundin ...«
»Nein!«
Seth riss in gespieltem Entsetzen die Hände in die Höhe und hielt sie abwehrend
vor sich. »Ohne mich. Keine abgekarteten Spielchen in dieser Richtung. Du wirst
es einfach riskieren müssen, dass dein Mädel in den Bann meines
verhängnisvollen Charmes gerät.«
Nach dem
Essen ließ Seth
sich von Dan für den Rest des Abends ins Shiney's schleppen. Sie
schwelgten stundenlang in Erinnerungen, die von schlechter Musik untermalt
wurden.
Anna hatte
die Lichter auf der Veranda und im Wohnzimmer für Seth angelassen, und daher
schaffte er es, auf dem Weg nach oben keinen Lärm zu machen – bis er über den
Hund stolperte, der es sich vor der Badezimmertür bequem gemacht hatte.
Seth
fluchte in sich hinein und humpelte in sein Zimmer, wo er sich sofort auszog.
Die Ohren klangen ihm noch immer von den letzten beiden entsetzlichen Musikstücken,
als er sich mit dem Gesicht nach unten auf das Bett fallen ließ.
Wie gut
wieder zu Hause zu sein, war sein letzter Gedanke, ehe er in einen traumlosen
Schlaf fiel.
»Mom?«
Im Büro der
Bootswerkstatt saß Phillip weit zurückgelehnt in seinem Sessel. »Er hat von
Mom geträumt?«
»Vielleicht
war es ein Traum, vielleicht auch nicht.«
Ethan rieb
sich das Kinn. »Er hat gesagt, sie hätte diesen alten Hut aufgehabt?«
»Genau.«
»Den hat
sie ja oft genug getragen«, gab Phillip zu bedenken. »Er hat ihn
wahrscheinlich auf einem Foto gesehen.«
»Sie trägt
ihn auf keinem der Fotos, die wir bei uns im Haus aufgestellt oder an der Wand
hängen haben.« Cam hatte bereits nachgesehen. »Ich sage ja nicht, dass er niemals
ein solches Foto gesehen hat, und ich sage auch nicht, dass es kein Traum war.
Aber es ist schon seltsam. Sie ist immer so gern ans Wasser heruntergekommen
und hat sich zu uns auf den Steg gesetzt. Dabei hat sie sich gar nicht viel aus
Angeln gemacht, aber wenn einer von uns da draußen saß und über irgendetwas
nachgrübelte, kam sie dazu und wartete, bis er darüber zu reden begann, was ihm
im Magen
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