Noras großer Traum (German Edition)
war, versuchte er sich das nicht anmerken zu lassen.
»Nora, ich möchte einfach, dass wir zusammenbleiben.« Er strich ihr über das Haar, seine Stimme klang rau. »Ich hätte das selbst nicht für möglich gehalten, aber ich liebe dich so, wie ich noch nie in meinem Leben jemanden geliebt habe.« Er lachte auf. »Und dass ich das nach dieser kurzen Zeit auf diese Weise zugebe, ist für mich mehr als ungewöhnlich.«
Sie gab ihm einen Kuss und zeichnete dann sanft mit dem Zeigefinger die Konturen seines Mundes nach.
»Mir geht es doch genauso, Tom.«
Er nahm ihre Hand, hielt sie fest und blickte sie fordernd an.
»Dann bleib bei mir. Hier in Australien. Gib uns doch wenigstens eine Chance.«
Sie spürte, dass ihm das, was er zu ihr gesagt hatte, nicht leicht gefallen war. Sie sah alles in seinen Augen, auch den Schmerz darüber, dass er längst erkannt hatte, dass sie ihre Familie nie im Stich lassen würde. Enttäuscht wandte er sich ab.
Nora nahm sein Gesicht in ihre Hände und zwang ihn so, ihr in die Augen zu schauen.
»Ich bin genauso verzweifelt wie du, Tom. – Ich ... ich liebe dich. Nie hätte ich geglaubt, für einen anderen Mann so empfinden zu können. Aber es geht hier nicht nur um mich oder dich oder Max. Wie könnte ich denn meinen Kindern unter die Augen treten? Etwa mit dem Satz: Mama hat sich in einen anderen Mann verliebt und trennt sich jetzt von Papa. Ich würde ihre ganze heile Welt aus den Angeln heben und ihren Vater zutiefst verletzen. Wenn meine Gefühle für dich auch noch so stark sind, das hätte er nicht verdient.«
Sie schwieg kurz und blickte zum Nachthimmel, an dem immer noch die Sterne funkelten. »Ich könnte niemals ohne meine Kinder glücklich werden. Und nebenbei bemerkt hast du bestimmt noch nicht darüber nachgedacht, ob du die Kinder eines anderen würdest aufziehen wollen.« Als er den Mund öffnete, fuhr sie schnell fort: »Wie könnte ich sie denn hierher nach Australien holen? Abgesehen davon, dass Max das nie zuließe. Was sollte ich ihnen sagen? Fein, sagt allem, was ihr bisher kennen gelernt habt, sowie euren Freunden, Sportkameraden, der Schule und ganz Deutschland Lebewohl und freut euch auf Australien, denn da hat die Mama schon einen neuen Papa für euch. Sie würden mich hassen. Uns beide verachten und ablehnen. So sieht es aus.« Tom wusste nicht, was er sagen sollte, denn sie hatte mit jedem Wort Recht. Aber verdammt noch mal, es war nicht fair. Er blickte zu Boden.
»Okay, ich hab dich verstanden.«
»Ich glaube, du hast keine Ahnung, Tom, wie weh mir diese Entscheidung tut. Du bist doch kein Abenteuer für mich. So etwas wie das hier mit dir, das ist mir noch nie passiert. Hörst du?« Verzweifelt beugte sie sich vor und strich ihm über die Wange. Endlich hob er den Kopf und sah sie an. Ihr Herz klopfte schneller. Wie liebte sie ihn! Wie er so dasaß mit seinen zerzausten Haaren, den Bartstoppeln und diesem intensiven, offenen Blick. Vorsichtig fanden ihre Lippen seinen Mund. Er erwiderte ihren Kuss voller Leidenschaft. Er wollte sie einfach nicht verlieren. Sie sollte zu ihm gehören. Er zog sie wieder in seine Arme, und Nora versank in seiner Zärtlichkeit. Ein warmes Glücksgefühl durchströmte sie. Immer, auch wenn sie nicht mehr bei ihm wäre, würde sie sich daran erinnern können, wie zärtlich er war, wie vertraut er ihr war.
Den Tag auf der Farm empfand Nora fast wie ein Geschenk. Sie interessierte sich für alles, was ihr gezeigt wurde, machte Fotos und notierte sich die verschiedensten Dinge. Sie sprühte nur so vor Lebensfreude, wie Tom insgeheim feststellte. Auch er genoss den Tag hier draußen und fühlte sich so unbeschwert und frei wie schon lange nicht mehr. Waren sie einmal allein, genossen sie es, sich einfach nur in die Augen zu sehen oder an den Händen zu halten, sich nah zu sein. Den Gedanken an später hatten beide verdrängt. Gegen Mittag wollten sie mit Matt ein paar Weidezäune abreiten, Wasserstellen und Pumpen kontrollieren und am Fluss angeln. Nora sollte die Umgebung der Farm kennen lernen. Sie hatte sich gerade auf ein Pferd geschwungen, von dem Matt behauptet hatte, es sei das friedlichste, das sie besäßen. Sie war sehr froh darüber, dass es ihr ohne Hilfe gelungen war, in den Sattel zu kommen, und hoffte inständig, nicht hinunterzufallen. Tom hatte sie amüsiert beobachtet und sein Pferd gezügelt, das mehrere Male lebhaft den Kopf zurückwarf und unruhig hin und her tänzelte. Er blieb völlig ungerührt und
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