Nord gegen Süd
die floridische Halbinsel heimgesucht hatte.
Gegen vier Uhr Morgens, als das erste Tagesgrauen den vom Sturm in der Nacht wieder rein gefegten Horizont mit bleichem Schimmer beleuchtete, folgte jener Empörung der Elemente eine vergleichsweise Ruhe. Da strömte der Pöbel wieder auf die Gassen, aus denen er nach den Schänken hatte entfliehen müssen. Die Miliz bezog wieder die verlassenen Posten und Alle gingen daran, die durch den Sturm verursachten Schäden nach Kräften auszubessern. Vor Allem zeigten sich solche längs des Quais der Stadt, wo da und dort das Pfahlwerk zertrümmert, eine Anzahl Dogres vernichtet und eine noch größere Anzahl Boote weggeführt waren, welche die Ebbe von den höheren Theilen des Flusses wieder herabtragen mußte.
Diese Stromtriften sah man jedoch nur in der Entfernung einiger Schritte vom Ufer vorübergleiten. Ein dichter Nebel lagerte über dem ganzen Bette des Saint-John und erhob sich auch nach den höheren, durch den Sturm abgekühlten Luftschichten. Noch um fünf Uhr war die Wasserstraße bis zur Mitte hin nicht erkennbar, und konnte das erst werden, wenn der Nebel durch die erwärmenden Strahlen der Sonne wieder verschwand.
Plötzlich, ein wenig nach fünf Uhr, drang ein furchtbares Krachen durch die dichte Dunsthülle. Niemand konnte sich über die Natur desselben täuschen, denn dasselbe rührte gewiß nicht von dem rollenden Donner nach einem Blitze her, sondern kennzeichnete sich als der Donner schwerer Geschütze. Ein Schreckensschrei erhob sich aus der Volksmenge, die sich, Milizen und Pöbel untermischt, nach dem Hafen begeben hatte.
Unter den wiederholten Detonationen lichtete sich der Nebel. Seine letzten Wolken trieben, durchleuchtet von dem Aufblitzen der Kanonen, auf der oberen Fläche des Flusses hin.
Die Kanonenboote Stevens’ waren da, hatten vor Jacksonville Stellung genommen und wandten der Stadt die Breitseiten zu.
»Die Kanonenboote!… Die Kanonenboote!«…
Diese von Mund zu Mund gehenden Ausrufe waren bald bis zum Ende der Vorstadt gedrungen. Binnen wenigen Minuten erfuhr die ehrbare Bewohnerschaft zur größten Befriedigung und der Pöbel zum tödtlichen Schreck, daß die Flottille jetzt den Saint-John beherrschte. Wenn sich die Stadt nicht ergab, war es um sie geschehen.
Doch wie war das gekommen? Hatten die Nordstaatler in dem Sturme einen unerwarteten Bundesgenossen gefunden? – Ja! – Die Kanonenboote hatten auch keinen Schutz in den Buchten nahe den Mündungen gesucht. Trotz der Gewalt des Seeganges und des Windes waren sie an ihrem Ankerplatz verblieben. Während sich ihre Gegner mit den Schaluppen entfernten, hatten der Commandant Stevens und seine Mannschaften dem Sturme ruhig Trotz geboten – selbst auf die Gefahr hin, dabei zu Grunde zu gehen – um womöglich die Einfahrt zu versuchen, welche die augenblicklichen Umstände wahrscheinlich erleichtern mußten.
In der That schwellte dieser Orkan, der das Wasser vom Meere her in die Flußmündungen jagte, das Niveau im Strombett zu außergewöhnlicher Höhe an, welche die Kanonenboote zur Ueberfahrt über die schlimmste Stelle sofort benutzten, und dabei gelang es ihnen, unter vollem Dampfdruck, wenn die Kiele sich auch zuweilen in den Sand des Grundes einwühlten, die Barre zu überschreiten.
Gegen vier Uhr Morgens manövrirte der Commandant Stevens zwar im dichten Nebel, seiner Schätzung nach mußte er sich aber ungefähr auf der Höhe von Jacksonville befinden. Da ließ er die Anker herabrollen und ordnete seine Stellung. Nachdem das geschehen, hatte er den Nebel durch die Detonation seiner gröbsten Geschütze zerrissen und die ersten Sprenggeschosse nach dem linken Ufer des Saint-John geworfen.
Die Wirkung davon zeigte sich augenblicklich. Binnen wenigen Minuten hatten die Milizen, ganz ebenso wie die südstaatlichen Truppen in Fernandina und Saint-Augustine, die Stadt geräumt. Stevens, der die Quais menschenleer sah, mäßigte sofort das Feuer, da es nicht in seiner Absicht lag, Jacksonville zu zerstören, sondern dasselbe zu besetzen und in seiner Gewalt zu behalten.
Fast gleichzeitig stieg auch schon die weiße Flagge an der Fahnenstange des Court-Justice in die Höhe.
Man begreift wohl leicht, mit welcher Angst jene ersten Kanonenschüsse im Hause des Mr. Harvey vernommen wurden; der Stadt drohte damit ein unmittelbarer Angriff. Doch dieser Angriff konnte ja nur von den Föderirten ausgehen, welche entweder den Saint-John hinausgekommen oder aus dem Norden Floridas
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