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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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tränken denselben sehr reichlich, wenn Stürme im Ocean oder im Golfe von Mexiko sie darüber tragen, und hier mischen sie sich auch noch mit dem Wasser aus den Wolken, das zur Winterszeit in furchtbaren Katarakten darauf niederstürzt. Das ganze Land erscheint demnach halb flüssig und halb fest, so daß an eine Bewohnbarkeit desselben nicht zu denken ist.
    Als Umfassung haben jene Wasserflächen Rahmen von weißem Sande, welche die düstere Färbung jener zahlreichen glänzenden Oasen nur um so deutlicher hervortreten lassen, in denen sich allein die massenhaft vorkommenden Sumpfvögel widerspiegeln, welche nahe darüber hinflattern. Fischreich sind jene übrigens nicht, wohl aber wimmelt es darin von verschiedenen Schlangen.
    Man darf deshalb aber nicht glauben, daß der allgemeine Charakter dieser Gebiete der der Unfruchtbarkeit sei. Gerade auf Inseln, welche die ungesunden Gewässer der See baden, kommt die Natur wieder zu ihrem Rechte. Die verderbliche Malaria wird hier sozusagen von dem entzückenden Dufte besiegt, welchen die prächtigen Blumen dieser Zone ausathmen. Alle diese Inseln sind erfüllt von dem Wohlgeruche von tausend, zu herrlichstem Glanz und überraschendster Ueppigkeit entwickelter Pflanzen, welche den Namen der floridischen Halbinsel rechtfertigen. Nach diesen heilsamen Oasen der Evergladen ziehen sich auch die nomadisirenden Indianer zurück, wenn sie einmal einen – übrigens nie lange andauernden – Halt machen.
    Dringt man einige Meilen in dieses Gebiet ein, so trifft man auf eine ziemlich ausgedehnte Wasserfläche, den Okee-cho-bee-See, ein wenig unterhalb des 27. Breitengrades. In einer Ecke dieses Sees nun lag die Insel Carneral, auf der Texar sich eine unbekannte Zuflucht gesichert hatte, in der er jeder Verfolgung entgehen konnte.
    Diese Gegend erscheint eines Texar und seiner Genossen vollkommen würdig. Als Florida noch den Spaniern gehörte, flüchteten sich gerade hierher alle Uebelthäter weißer Race, um sich der Justiz ihres Landes zu entziehen. Vermischt mit der eingebornen Bevölkerung, in deren Adern noch caraïbisches Blut vorkommt, waren sie dann wahrscheinlich die Stammväter jener Creeks, wie der Seminolen und jener nomadisirenden Indianer, die nur ein langwieriger blutiger Kampf einzuschüchtern vermochte und deren mehr oder weniger vollständige Unterwerfung erst aus dem Jahre 1845 datirt.
    Die Insel Carneral schien gegen jeden Angriff geschützt zu sein. In ihrem östlichen Theile ist sie freilich nur durch einen schmalen Wasserarm vom Festlande getrennt – wenn man mit diesem Namen den sie umgebenden Sumpf bezeichnen darf. Jener Canal mißt in der Breite etwa hundert Fuß, und ein grob gearbeitetes Boot diente zu seiner Ueberschreitung; ein anderes Verkehrsmittel gab es hier nicht.
    Auf dieser Seite mittelst Schwimmens zu entweichen, ging unbedingt nicht an, denn Niemand konnte sich in dieses halbschlammige Wasser, mit seinem Gewirr von Sumpfpflanzen und den zahlreichen Reptilien darin, wagen.
    Weiter hinaus erhebt sich der große Eypressenwald mit seinem halbdurchtränkten Erdboden, der nur schmale und kaum erkennbare Fußpfade bietet, von den anderen Hindernissen desselben ganz zu schweigen. Ein thoniger Boden, der an den Füßen wie Vogelleim haftet, ungeheure kreuz-und querliegende Stämme und ein Modergeruch, der den Wanderer zu ersticken droht. Hier wuchern dazu noch sehr gefährliche Pflanzenarten, Phytaelen, welche ebenso giftig wirken können, wie manche Disteln, vorzüglich auch Unmassen von jenen »Pezizen«, das sind riesenhafte Champignons, welche gelegentlich explodiren, als ob sie Schießbaumwolle oder Dynamit enthielten. Schon der geringste Stoß vermag eine heftige Detonation derselben auszulösen, und im Augenblicke erfüllt sich dann die Luft mit röthlichen Staubmassen. Letztere bestehen aus den Sporen der Gewächse, dringen in die Athmungswege ein und erzeugen einen Ausbruch von stark brennenden Eiterblüthen. Es erscheint also als ein Gebot der Klugheit, diese schadenbringenden Gewächse ebenso zu meiden, wie man den gefährlichen Raubthieren aus dem Wege geht. Die Wohnung Texar’s war nichts anderes, als ein alter indianischer Wigwam, der aus Pfählen und Bohlen unter dem Schutze großer Bäume im östlichen Theile der Insel bestand. Völlig versteckt unter dichtem Grün, konnte man dieselbe auch vom nächstgelegenen Ufer nicht wahrnehmen. Die beiden Spürhunde bewachten sie übrigens mit demselben Eifer, wie das Blockhaus in der

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