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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sehen. Er hatte nicht geglaubt, daß Mr. Burbank der schroffen Vorladung, sich den Richtern des Court-Justice zu stellen, Folge leisten würde. In der Stadt herrschte im allgemeinen dieselbe Ansicht. Worauf jener lakonische Befehl, vor den Richtern zu erscheinen, eigentlich fußte, konnte Mr. Harvey auch nicht sagen. Wahrscheinlich wollte man, um dem drängenden Volkswillen ein Zugeständniß zu machen, von James Burbank bündige Erklärungen verlangen über sein Verhalten seit Ausbruch des Bürgerkrieges, wie über seine – übrigens hinlänglich bekannten – Anschauungen betreffs der Sclavenfrage. Vielleicht hatte man auch den Hintergedanken, sich, wenn dazu irgend eine brauchbare Handhabe gefunden wurde, seiner Person zu bemächtigen, um den reichsten nordstaatlichen Pflanzer von Florida als eine Art Geißel für das Verhalten seiner Gesinnungsgenossen in der Hand zu haben. Mr. Harvey meinte, es wäre für ihn doch wohl rathsamer gewesen, auf Camdleß-Bay zu bleiben, ja, er könne sogar, da bis jetzt Niemand von seinem Hiersein wußte, noch unbemerkt dahin zurückkehren.
    James Burbank war aber nicht gekommen, um davon zu gehen. Er wollte wissen, woran er sei. Er sollte es erfahren.
    An seinen Geschäftsfreund stellte er noch folgende wichtige Fragen, wie sie die Lage, in der er sich befand, naturgemäß eingab:
    »Waren hier die öffentlichen Behörden zu Gunsten der Pöbelhelden von Jacksonville schon gestürzt?«
    (Noch nicht, ihre Lage war aber sehr unsicher geworden. Beim ersten Aufstandsversuche sei ihre Verdrängung durch den Druck der Verhältnisse zu erwarten.)
    »Hatte nicht der Spanier Texar bei der sich vorbereitenden Volksbewegung die Hand im Spiele?«
    (Ja; man betrachtete ihn als den Parteiführer der Sclavereifreunde in Florida. Seine Genossen und er würden sich bald zu Herren der Stadt aufschwingen.)
    »Hatten die letzten Kriegsnachrichten, welche sich gerüchtweise schon in ganz Florida zu verbreiten begannen, Bestätigung gefunden?«
    (Ja, in der allerletzten Zeit. Die Organisation der Südstaaten war zur vollendeten Thatsache geworden. Die am 22. Februar endgiltig eingesetzte Regierung wählte Jefferson Davis zum Präsidenten und Stephens zu dessen Stellvertreter. Beide waren für den Zeitraum von sechs Jahren erwählt. In dem aus zwei Kammern bestehenden, in Richmond zusammengetretenen Congresse hatte Jefferson Davis vor drei Tagen den Antrag auf obligatorische Dienstpflicht eingebracht. Seitdem hatten die Conföderirten auch einige theilweise, im Ganzen aber bedeutungslose Erfolge davongetragen. Uebrigens drang, wie man sagte, seit dem 24. ein beträchtlicher Theil der Armee des Generals Mac Clellan über den oberen Potomac vor, wodurch die Räumung von Columbus seitens der Südstaatler bedingt wurde. Jetzt stand auch eine große Schlacht am Mississippi bevor, in der die Armee der Separatisten sich mit der des General Grant messen sollte.)
    »Und das Geschwader des Commodore Dupont – würde es vor den Mündungen des Saint-John erscheinen?«
    (Es ging das Gerücht, daß dasselbe binnen etwa zehn Tagen die Einfahrt zu erzwingen versuchen werde. Wenn Texar und dessen Spießgesellen also einen Handstreich planten, der die Stadt in ihre Gewalt bringen und ihnen zur Befriedigung persönlicher Rachegelüste Gelegenheit geben sollte, so dürften sie damit nicht lange zaudern.)
    Das war der höchst gespannte Stand der Dinge in Jacksonville, bei dem Niemand wissen konnte, ob der »Fall Burbank« die Weiterentwickelung nicht überraschend beschleunigen würde.
    Als die für sein Erscheinen bestimmte Stunde schlug, verließ James Burbank das Haus seines Geschäftsfreundes und begab sich nach dem Platze, wo das Gebäude des Court-Justice sich erhob. In den Straßen herrschte jetzt eine lebhafte Bewegung und dichte Volksmengen drängten sich nach derselben Richtung, wie er ging, dahin. Man fühlte voraus, daß sich aus dieser an sich unbedeutenden Sache ein Aufstand mit den beklagenswerthesten Folgen entwickeln könne.
    Der Platz war voll von Leuten aller Art – von ärmeren Weißen, Negern und Mestizen, welche einen Höllenlärm verführten. Hatten auch nur verhältnißmäßig Wenige in den räumlich etwas beschränkten Verhandlungssaal des Gerichtsgebäudes Einlaß finden können, so befanden sich darin doch eine Anzahl Anhänger Texar’s, bunt durcheinander gewürfelt mit einer gewissen Menge ehrbarer und jedem ungerechten Verfahren abholder Leute. Auf jeden Fall mußte es Letzteren aber schwer

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