Nord gegen Süd
Entschlossenheit wieder die Oberhand und, das Ohr fest an die Thür gedrückt, lauschte sie dem Gespräch.
»Nichts Neues? fragte Texar.
– Nichts, Herr, erwiderte Squambo.
– Und Zermah?
– Ich habe auf ihre Fragen keine Antwort gegeben.
– Sind seit dem Vorfalle auf Camdleß-Bay schon Versuche gemacht worden, bis zu ihr vorzudringen?
– Ja, aber stets ohne Erfolg.«
Aus dieser Antwort entnahm Zermah, daß doch Jemand nach ihnen gesucht haben müsse. Aber wer?
»Wie hast Du das erfahren? fragte Texar weiter.
– Ich habe mich wiederholt bis zum Ufer des Saint-John selbst begeben, erklärte der Indianer, und habe dort vor wenig Tagen ein Boot bemerkt, das vor der Oeffnung der Schwarzen Bucht kreuzte. Es ist sogar soweit gekommen, daß zwei Männer auf einem der Holme am Ufer an’s Land gingen.
– Wer waren diese Beiden?
– James Burbank und Walter Stannard.«
Zermah konnte kaum ihre innere Erregung zurückdrängen. James Burbank und Walter Stannard waren es gewesen! Die Vertheidiger des Castle-House hatten also bei jenem Angriffe auf die Ansiedlung nicht alle den Tod gefunden. Und wenn sie Nachforschungen anstellten, so mußten sie auch von der Entführung der Mestizin und des Kindes wissen. Wußten sie endlich davon, so mußten es Frau Burbank und Alice ihnen haben mittheilen können; diese Beiden lebten also ebenfalls; Beide hatten nach dem Castle-House zurückkehren können, nachdem sie den letzten von Zermah ausgestoßenen Schrei vernommen, mit dem sie gegen Texar um Hilfe rief. – James Burbank war also von dem unterrichtet, was vorgefallen war; er kannte den Namen des frechen Räubers; vielleicht muthmaßte er sogar, nach welchem geheimen Verstecke jener seine Opfer gebracht hatte, und dann konnte es gar nicht fehlen, daß er endlich einmal bis zu ihnen gelangte.
Diese Kette von Thatsachen knüpfte sich augenblicklich in Zermah’s Geiste und erfüllte sie mit der frohesten Hoffnung – eine Hoffnung, die ihr freilich in derselben Minute geraubt werden sollte, als sie den Spanier antworten hörte:
»O sie mögen nur suchen, finden werden sie doch nichts! Im übrigen wird James Burbank binnen wenigen Tagen nicht weiter zu fürchten sein!«
Was diese Worte bedeuten sollten, konnte die Mestizin nicht verstehen; jedenfalls enthielten sie, ausgesprochen von dem Manne, dem jetzt der sogenannte Bürgerausschuß von Jacksonville gehorchte, eine ernste Bedrohung.
»Und nun, Squambo, brauch’ ich Dich für eine Stunde, fuhr der Spanier fort.
– Ich stehe zu Eurem Befehl, Herr.
– Folge mir!«
Gleich darauf hatten sich Beide nach dem Zimmer zurückgezogen, das der Indianer gewöhnlich einnahm.
Was wollten sie da beginnen? Handelte es sich vielleicht um ein Geheimniß, aus dem Zermah Nutzen ziehen konnte?
In ihrer Lage durfte sie nichts vernachlässigen, was ihr irgendwie von Vortheil sein konnte.
Wir wissen schon, daß ihre Zimmerthür nicht verschlossen war, nicht einmal während der Nacht. Diese Vorsicht wäre überflüssig gewesen, weil der Mittelraum von innen sicher verwahrt war und Squambo den Schlüssel stets bei sich trug. Es war also unter solchen Verhältnissen unthunlich, das Blockhaus zu verlassen und eine Flucht zu versuchen.
Zermah konnte also die Thür ihres Zimmers öffnen und mit verhaltenem Athem hinaustreten.
Rings dichte Finsterniß; nur aus dem Zimmer des Indianers drang ein leise zitternder Lichtschein heraus.
Zermah näherte sich der Thür und lugte durch die nicht ganz dicht aneinanderschließenden Bretter derselben.
Was sie da erblickte, war seltsam genug und erschien ihr das noch mehr, da sie den Grand dazu nicht zu begreifen vermochte.
Obgleich der Raum nur durch einen qualmenden Kerzenstumpf erhellt war, genügte das wenige Licht doch dem, mit einer ziemlich seinen Arbeit beschäftigten Indianer.
Texar saß nämlich vor ihm; das Lederjaquet hatte er ausgezogen und sein linker Arm lag entblößt auf einem kleinen Tische, so daß diesen der Lichtschein möglichst voll traf. Auf der inneren Seite seines Vorderarmes lag ein von seinen Löchern durchbohrtes Papier von merkwürdiger Form. Squambo stach dann mit seiner Nadel in die Haut an den durch die Löcher bezeichneten Stellen – kurz, der Indianer nahm eine Tättowirung vor – eine Operation, zu der ihm als Seminolen die nöthige Uebung gewiß nicht fehlte. Und in der That führte er dieselbe mit ebensolcher Geschicklichkeit als leichter Hand so aus, daß nur die Oberhaut von der Nadel getroffen wurde,
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