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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Acker, und das Blockhaus nahm den größten Theil desselben ein.
    Die denselben abschließende Palissade verhinderte Zermah, die Lage des Eilandes inmitten der Lagune zu erkennen. Alles, was sie durch das alte Ausfallthor wahrnehmen konnte, beschränkte sich darauf, daß ein breiter Arm mit trübem Wasser es von den benachbarten Inseln trennte. Eine Frau und ein Kind konnten hier also nur sehr schwer entfliehen.
    Selbst wenn Zermah sich hätte eines Bootes bemächtigen können, wie hätte sie sich durch diese zahllosen Krümmungen hindurch winden wollen? Sie wußte dazu auch nicht, daß nur Texar und Squambo allein den richtigen Weg durch diesen Irrgang kannten.
    Die im Dienste des Spaniers stehenden Schwarzen verließen die kleine Befestigung fast gar nicht und waren wohl nie wieder aus derselben herausgekommen, ja, sie wußten nicht einmal, wo ihr Herr sie eingeschlossen hielt. Um das Ufer des Saint-John zu finden, ebenso wie um nach den Sümpfen zu gelangen, welche die Bucht im Westen begrenzen, hätten sie sich auf den reinen Zufall verlassen müssen; auf diesen zu bauen, wäre aber gleichbedeutend mit dem gewissen Untergang gewesen.
    Im Laufe der nächsten Tage überzeugte sich Zermah auch, daß sie der Sachlage nach von den Sclaven Texar’s jedenfalls keinerlei Unterstützung zu erwarten habe.
    Das waren nämlich zum größten Theile halbwilde Neger von abstoßendem Aussehen. Wenn sie der Spanier nicht an der Kette hielt, so konnten sie sich deshalb doch kaum frei bewegen. Da die Erzeugnisse des Landes aber ihnen hinreichende Nahrung gewährten und sie bei ihrer Vorliebe für starke Getränke von Squambo nach dieser Seite auch ziemlich reichlich versorgt wurden, während ihnen eigentlich nur die Bewachung des Blockhauses und im Nothfalle dessen Vertheidigung oblag, hatten sie kein eigentliches Interesse, ihre jetzige Existenz gegen eine andere zu vertauschen.
    Die Sklavenfrage, welche nur wenige Meilen von der Schwarzen Bucht so überaus lebhaft erörtert wurde, war nicht dazu angethan, diese Leute zu erregen, die, wenn sie ihre Freiheit wieder erlangten, nicht einmal gewußt hätten, was sie damit anfangen sollten. Texar sicherte ihnen dagegen jetzt ihren Lebensunterhalt und Squambo mißhandelte sie auch nicht, obgleich er der Mann dazu gewesen wäre, jeden den Kopf zu zerschmettern, der ihn zu erheben gewagt hätte. Ein solcher Gedanke lag ihnen indeß ganz fern. Sie glichen fast Thieren und standen noch unter den Spürhunden, welche rings um die kleine Befestigung streiften; wenigstens ist es buchstäblich keine Uebertreibung, zu sagen, daß sie an Intelligenz diese Vierfüßler nicht erreichten. Letztere kannten wirklich die Bucht nach allen Richtungen und durchschwammen leicht die vielfachen Wasseradern derselben. Sie durchspürten, geleitet von einem wahrhaft wunderbaren Instinct, der sie niemals sich verirren ließ, ein Eiland nach dem anderen, und ihr Gebell tönte manchmal bis zum linken Ufer des Flusses hin. Immer aber kehrten sie mit Einbruch der Nacht nach dem Blockhause zurück. Kein Fahrzeug hätte in die Schwarze Bucht eindringen können, ohne durch diese furchtbaren Wächter angemeldet zu werden, und außer Texar und Squambo hätte Niemand die Befestigung verlassen können, der nicht Gefahr laufen wollte, von diesen verwilderten Abkömmlingen der caraibischen Racehunde zerrissen zu werden.
    Als Zermah erkannt hatte, einer wie scharfen Ueberwachung die ganze Umfriedigung unterlag, als sie sah, daß von denen, die sie selbst bewachten, eine Hilfe nicht zu erwarten war, hätte wohl jede Andere, welche minder muthig, minder thatkräftig war, sich der Verzweiflung überlassen – sie that das nicht. Entweder kam ihr Hilfe von außen, und in diesem Falle war eine solche nur von Burbank zu erwarten, der ja frei war, zu handeln, wie er wollte, oder von Mars, wenn der Mestize erfuhr, in welch’ trostloser Lage seine Frau sich hier befand.
    Ging das nicht in Erfüllung, so mußte sie sich freilich bezüglich ihrer eigenen Rettung und der des Kindes nur auf sich selbst verlassen; und auch dann hoffte sie noch zum Ziele zu kommen.
    Tief in dieser unwirthlichen Lagune gefangen gehalten, sah sich Zermah nur von wild aussehenden Gestalten umgeben; dennoch glaubte sie zu bemerken, daß einer der Schwarzen, ein noch junger Mann, sie mit einem gewissen Mitleid zu betrachten schien, was ihr zuerst einen Schimmer von Hoffnung einflößte.
    Dennoch schien es sehr zweifelhaft, ob sie sich ihm vertrauen, ihm die

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