Nordfeuer - Kriminalroman
in die Befragung ein. Diesmal strafte Thamsen ihn nicht mit Blicken,
dafür aber Erk.
»Dieser Typ«, klärte er auf, »ist
mein Lebensgefährte. Und er heißt Ludger!« Seine Stimme war merklich lauter geworden
und seine Wangen glühten förmlich.
Also doch, dachte Thamsen. Hatte
sein Gefühl ihn also nicht getäuscht. Die beiden waren ein Paar, wenngleich man
Erk Martensen eine gleichgeschlechtliche Beziehung nicht so sehr ansah wie diesem
Ludger. Und so offen schien der Mann ja auch nicht über seine Neigungen zu sprechen.
»Ihre Eltern wissen das aber nicht,
oder?«
Erk Martensen schüttelte seinen
Kopf. »Die Einzige, die es aus meiner Familie wusste, war Katrin.«
»Und die hat dichtgehalten?«
»Na ja«, gab Erk nun zu, hin und
wieder habe sie ihm schon gedroht, die beiden auffliegen zu lassen. »Eigentlich
immer dann, wenn ich mir wieder Geld von Papa geliehen habe.«
Letztendlich schmälerte jede Finanzspritze
seines Vaters schließlich auch ihr Erbe. Sie wusste, Fritz Martensen würde seinem
Sohn den Geldhahn zudrehen, wenn er von dessen Homosexualität erfuhr.
»Aber dann hast du doch ein hervorragendes
Motiv«, warf Haie ein. »Ohne das Geld deines Vaters wärst du doch schon pleite.
Mit solch einem Laden kann man doch kein Geld verdienen, oder?« Er jedenfalls hätte
noch keinen Kunden in dem Geschäft gesehen.
»Ganz so ist es nicht«, verteidigte
Erk nun seinen Laden. Ein paar Kunden kauften schon bei ihm. Auch im Internet. Aber
viel warf der Laden nicht ab. Daher hatte er Ludger auch zum Geschäftspartner gemacht.
Sein Freund habe den Laden vor dem Ruin bewahrt.
Doch nun seien sie in Schwierigkeiten.
Ein paar Kunden hatten nicht gezahlt. Die Bank gab ihnen keinen Kredit. Daher hatte
er sich noch einmal an seinen Vater gewandt.
»Und als Ihre Schwester das mitbekam,
ist sie wahrscheinlich noch wütender geworden«, konstruierte Thamsen.
»Ja, aber ich habe sie nicht ernst
genommen. Sie hat uns zwar gedroht, aber bei Katrin steckte da meist nur heiße Luft
dahinter.«
Bei Thamsen machte sich immer stärker
der Verdacht breit, der Mann sage die Wahrheit. Obwohl natürlich einiges auf dem
Spiel gestanden hatte. Das Geschäft – quasi seine Existenzgrundlage, ausgerechnet
jetzt, wo sein Lebensgefährte da auch mit drin hing.
»Sagen Sie, kannte Ludger Ihre Schwester?«
»Sie haben sich ein- oder zweimal
gesehen.«
»Und er wusste auch, dass die Drohungen
von Katrin leere Versprechungen waren?«
30.
»Er ist ohne Zweifel im Planetarium.«
Erk Martensen saß neben Thamsen
in dessen Kombi und wies ihm den Weg. Tom, Haie und Marlene hatten sich zusammen
auf die Rückbank gequetscht.
Sie hatten einen konkreten Verdacht.
Ludger Böhme musste Katrins Drohungen ernst genommen haben. Die massiven finanziellen
Nöte hatten ihn vermutlich überreagieren lassen. Erk Martensen hatte zwar immer
wieder bestritten, sein Freund könne etwas mit dem Mord zu tun haben, doch Thamsen
hatte gleich mehrere Punkte, die den Verdacht erhärteten.
Wer hatte Erk Martensen sofort ein
Alibi gegeben? Zumal eines, das definitiv nicht der Wahrheit entsprach? Hatte Ludger
vielleicht selbst eines gebraucht?
Wessen Existenz war ebenso wie die
von Erk Martensen durch die Drohungen der Schwester bedroht? Laut Erk Martensen
hatte Ludger einen sehr hohen Kredit aufgenommen und war bereits mit zwei Raten
im Rückstand. Wenn Erk kein Geld von seinem Vater bekam, konnten sie den Laden dicht
machen und waren trotzdem hoch verschuldet.
Außerdem hatte Erk Martensen seinem
Lebensgefährten auch von Katrins zahlreichen Männerbekanntschaften erzählt. Also
konnte auch er Heiko Stein niedergeschlagen und das Haus angezündet haben, um von
dem Mord abzulenken. Waren sie nicht selbst davon ausgegangen, der Mörder habe den
zweiten Brand nur gelegt, um das Muster des ersten zu wiederholen und den Eindruck
zu erwecken, es gebe definitiv nur einen Brandstifter, der seine Vorgehensweise
zumindest ab und zu veränderte?
Katrin hatte erst vor kurzem den
Bruder und seinen Lebensgefährten besucht.
Vielleicht hatte die junge Frau
Ludger unter Druck gesetzt und ihn erpresst. Wer konnte das schon sagen?
»Da vorne können wir parken«, Erk
Martensen zeigte auf eine Parkbucht. Und noch ehe Thamsen den Wagen richtig eingeparkt
hatte, riss er die Tür auf.
»Warten Sie«, rief Dirk, doch der
Mann eilte schon in den Stadtpark. Er kannte sich bestens aus. Anscheinend war er
öfter hier. Allein hätten Thamsen und die drei Freunde den Weg
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