Nordfeuer - Kriminalroman
Verhalten.
»Da geht einer aus dem Haus«, bemerkte
Marlene plötzlich. Sie hatte im Gegensatz zu den anderen den Hauseingang im Auge
behalten und sah sofort, als sich die Tür öffnete und ein schlaksiger junger Mann
das Haus verließ.
»Das ist Erks Freund«, stellte Haie
fest und duckte sich ein wenig, da der Mann in ihre Richtung sah. Doch zum Glück
nahm er sie nicht wahr. Anscheinend hatte er nach einem Streifenwagen und den Beamten,
die am frühen Morgen nach Erk gesucht hatten, Ausschau gehalten. Er zündete sich
eine Zigarette an und eilte über die Straße.
»Schnell«, trieb Dirk Thamsen die
Freunde an und stieg aus dem Auto. Da der Mann zu Fuß unterwegs war, war es besser,
sie folgten ihm ohne Wagen. So konnten sie an ihm dran bleiben, auch wenn er ein
öffentliches Verkehrsmittel nahm.
Hoffentlich stieg der Mann nur nicht
doch noch in einen Wagen, aber irgendwie konnte er sich diesen seltsamen Typen nicht
beim Autofahren vorstellen.
Doch weit war der Weg des jungen
Mannes nicht.
»Der geht jetzt nicht wirklich den
Laden aufschließen, oder?«, wunderte sich Haie, als sie den Mann vor dem Geschäft
von Erk Martensen sahen. Er sperrte das Gitter auf, schob es hinauf und schloss
die Ladentür auf.
Thamsen hingegen fand das Verhalten
nicht verwunderlich. Für ihn wollte der Typ kein Aufsehen erregen. Alles sollte
möglichst normal wirken. Daher öffnete er wie gewöhnlich das Geschäft. Dieses Vorgaukeln
der Normalität war für Dirk Thamsen wie ein Eingeständnis. Der Mann wusste etwas
und versuchte, es zu verbergen. Kurz überlegte er, ob er ihn einfach damit konfrontieren
sollte, beschloss dann aber, den Mann sich in Sicherheit wiegen zu lassen.
»Ich schau mal nach, ob es einen
Hintereingang gibt.«
Die Freunde nickten. »Wir setzen
uns da drüben ins Café. Von dort aus hat man einen guten Blick auf den Laden.«
»Ich kann wirklich kaum glauben,
dass Erk seine Schwester umgebracht haben soll. Wer macht so etwas?«, fragte Haie
mehr sich selbst als seine Freunde, nachdem sie in dem kleinen Bistro an einem Tisch
am Fenster Platz genommen hatten.
»Und vor allem, warum?«
»Steht es denn nun eigentlich 100%ig
fest?«
Haie kratzte sich am Kopf. Fest
stand bisher eigentlich nur, dass Heiko Stein ihn in jener Nacht in sein Haus gelassen
hatte und später bewusstlos aus dem brennenden Haus geborgen werden musste. Sie
waren stets davon ausgegangen, die Brände bei Heiko Stein und in der Grundschule
seien von ein und demselben Täter gelegt worden, da sich das Muster ähnelte und
vor allem der gleiche Brandbeschleuniger verwendet worden war. Es wäre gut, wenn
sie Erk bald finden würden, denn er konnte definitiv mehr Licht in die Sache bringen.
Sie bestellten Kaffee und einen Tee für Marlene und blickten hinüber zum Laden.
Dort tat sich nichts, selbst Thamsen war nicht zu sehen.
»Es wird ihm doch nichts passiert
sein?«
Wenige Augenblicke später schlenderte
Dirk Thamsen betont lässig über die Straße und steuerte auf das Café zu.
»Also, wenn der Typ verschwinden
will; es gibt definitiv einen Hinterausgang.« Aber der Hof war zu klein und einsehbar,
um sich dort postieren zu können und den Ausgang im Auge zu behalten.
»Hast du eigentlich Hinweise, warum
Erk das getan haben könnte?« Haie war neugierig.
Darüber hatte Thamsen sich auch
den Kopf zerbrochen. Doch eine wirkliche Antwort hatte er nicht.
»Vielleicht war es tatsächlich nur
ein Unfall.«
Plötzlich bewegte sich auf der anderen
Straßenseite etwas. Eine Frau im Trenchcoat und extremen High Heels trippelte in
den Laden. Selbstverständlich war anzunehmen, es handle sich um eine Kundin, aber
bereits wenige Minuten später trat Ludger Böhme vor die Tür. Er blickte in alle
Richtungen, ehe er nach links die Straße hinunter bog.
Haie sprang sofort auf, doch Thamsen
stoppte ihn. »Ihr bleibt hier. Falls sich da drüben noch was tut. Ich folge ihm
allein. Das ist auch nicht so auffällig und die Gefahr, entdeckt zu werden, kleiner,
als wenn wir zu zweit oder zu dritt folgen.« Er drückte Haie sanft auf den Stuhl
zurück, ehe er das Café verließ.
»Der will doch bestimmt Erk treffen«,
maulte Haie ob der Enttäuschung, nun bei der spannenden Verfolgung nicht dabei sein
zu dürfen.
»Oder er soll uns ablenken und Erk
kommt in den Laden«, warf Marlene unvermittelt ein. Die beiden Freunde schauten
sie überrascht an.
29.
Nur wenige hundert Meter weiter stoppte der Verfolgte vor einer Filiale
der Sparkasse. Thamsen
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