Nordfeuer - Kriminalroman
Erk
Martensen auch seine Schwester umgebracht hatte, war relativ hoch, obwohl ihm das
Motiv und die Zusammenhänge noch nicht klar waren. Doch nun galt es erst einmal,
den Verdächtigen festzunehmen, denn zumindest der Körperverletzung und vermutlich
auch der Brandstiftung hatte er sich schuldig gemacht.
Er wählte die Nummer seines Vorgesetzten.
»Wir haben ihn«, überrumpelte er
Rudolf Lange, als der sich mit reichlich verschlafener Stimme meldete.
»Ich mach mich sofort auf den Weg
nach Hamburg, aber die Kollegen vor Ort sollen schon mal zu ihm fahren und ihn festnehmen.«
Er zog sich an und schrieb einen
Zettel für Timo und Anne, den er auf den Küchentisch legte. Er wusste, die beiden
würden zurechtkommen, daher machte er sich keine Gedanken.
Draußen war es immer noch dunkel,
als er in den Wagen stieg.
Im Gegensatz zu den letzten Fahrten
war die Autobahn um diese Zeit leer. Das Bild im Rückspiegel war beinahe schwarz
und auch vor ihm zeichneten sich kaum rote Rücklichter ab. Er fuhr mit Vollgas Richtung
Hamburg, während er fieberhaft überlegte, welchen Grund Erk Martensen gehabt hatte,
Heiko Stein niederzuschlagen und sein Haus anzuzünden. Sagte Heiko Stein überhaupt
die Wahrheit? Oder litt er immer noch an den Folgen der Amnesie und reimte sich
selbst nur etwas zusammen? Hatte Erk Martensen seine Schwester umgebracht? Er verstand
nicht, wie das alles zusammenpassen sollte.
Erk Martensen wohnte nicht weit
von seinem Laden in Eppendorf entfernt. Als Thamsen in die Straße einbog, sah er
vor einem der Häuser einen Streifenwagen stehen.
»Moin«, grüßte er die Kollegen,
»seid ihr wegen Erk Martensen hier?«
Der rundliche Polizist nickte. »Der
ist aber nicht da.«
»Um diese Zeit?«
»Nur sein Mitbewohner. Ludger Böhme.«
Der Mann deutete auf den seltsamen Mann aus Erk Martensens Laden, der an der Haustür
stand und mit einem weiteren Polizisten sprach.
Also doch, schoss es Thamsen durch
den Kopf. Die beiden sind ein Paar. Aber wo war dann Erk Martensen? Sicherlich schlug
der sich nicht die Nächte um die Ohren, während sein Liebhaber zuhause in seinem
Bettchen lag.
»Hat man euch
gesagt, dass Fluchtgefahr besteht?«
»Ja, aber da war niemand.«
»Dann veranlass’ mal gleich eine
Fahndung.«
Der Partner war ganz bestimmt nicht
alleine zuhause gewesen. Nicht um diese Zeit, aber was half es, mit den Kollegen
zu diskutieren. Besser, er ließ gleich offiziell nach dem Verdächtigen suchen.
Während er die Kollegen zurück aufs
Präsidium schickte, wartete er selbst vor dem Haus, in dem Erk Martensen mit seinem
Lebensgefährten wohnte. Er war sich nicht sicher, ob der Verdächtige hier auftauchen
würde, wollte aber zumindest dessen Freund im Auge behalten.
Zum Glück befand sich nur zwei Häuser
weiter ein kleiner Kiosk, der bereits um diese Zeit geöffnet hatte. Thamsen besorgte
sich gleich zwei Becher Kaffee, setzte sich in seinen Wagen und wartete.
»Psst«, Marlene legte ihren Fingern an die Lippen, als Tom polternd
die Küche betrat. Sie war dabei, Frühstück zu machen und hörte nebenbei Radio Hamburg.
Dem Sender war sie auch in Nordfriesland treu geblieben, obwohl sie RSH auch gut
fand.
»Hinweise auf den Aufenthalt von
Erk Martensen nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.«
Tom zog seine rechte Augenbraue
hoch.
»Die suchen nach Erk Martensen?«
»Scheinbar. Fragt sich nur, warum?«
»Ich ruf mal bei Haie an und frage,
ob der was gehört hat.«
Er ging ins Wohnzimmer und wählte
Haies Nummer. Doch auch nach dem zehnten Klingeln wurde nicht abgehoben.
»Wo steckt der denn bloß?«
»Sucht ihr mich?«
Tom und Marlene fuhren erschrocken
herum. Der Freund war durch den Hintereingang in den Flur getreten und hatte Toms
Frage mitbekommen, da die Tür nur angelehnt war.
»Das muss mal wieder Gedankenübertragung
gewesen sein«, bemerkte Marlene. Sie kannten sich gut, ihre Freundschaft war eng.
Solche Zufälle kamen öfter vor.
»Weißt du, warum die Erk Martensen
suchen?«
Haie hatte ebenfalls die Suchmeldung
im Radio gehört, wusste aber auch nicht mehr. »Sollen wir vielleicht Dirk anrufen?«
»Der ist doch bestimmt im Einsatz.«
Der Kommissar war Toms Auffassung
nach damit beschäftigt, den Gesuchten ausfindig zu machen. Da würden sie ihn wahrscheinlich
ohnehin nicht erreichen.
»Aber willst du etwa hier abwarten
und Däumchen drehen?«
Haie war viel zu aufgeregt. Er konnte
unmöglich tatenlos auf den Ausgang der Ermittlungen warten. »Es muss doch
Weitere Kostenlose Bücher