Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nordmord

Titel: Nordmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hatte sie es sich gemütlich gemacht.
    Sie setzte sich an den massiven Holzschreibtisch und schlug
das Buch auf, welches zuoberst auf dem Stapel lag: ›Der Schimmelreiter.
Dichtung und Wahrheit‹. Doch die Buchstaben tanzten nur so vor ihren Augen. Sie
konnte sich einfach nicht konzentrieren. Was war mit Heike? Die Sorge um ihre
Freundin ließ ihr keine Ruhe.
    Aus dem Telefonbuch suchte sie die Nummer des Krankenhauses
heraus. Nach dem vierten Klingeln wurde abgehoben.
    »Ich möchte bitte gerne Frau Dr. Andresen sprechen.«
    »Einen Augenblick bitte.« Sie hörte ein Knacken in der
Leitung.
    »Hansen?«
    »Heike?«
    »Tut mir leid, aber Frau Doktor ist noch nicht im Hause.«
    Marlene blickte kurz auf ihre Uhr. Es war zwar früh, aber für
gewöhnlich arbeitete Heike um diese Zeit bereits.
    »Ab wann ist sie denn zu sprechen?«
    Die Schwester teilte ihr mit, dass sie nicht wisse, ob Frau
Doktor heute überhaupt noch komme. Sie sei seit zwei Tagen nicht zum Dienst
erschienen. Krankgemeldet habe sie sich nicht, deswegen könne sie momentan
leider auch nichts Genaueres sagen.
    Marlene legte auf. Sie war beunruhigt. Da war doch etwas
passiert. Es passte überhaupt nicht zu Heike, unentschuldigt der Arbeit
fernzubleiben.
    Kurz entschlossen stand sie auf, suchte im Regal nach dem
Zweitschlüssel zu Heikes Wohnung, welchen ihr die Freundin für Notfälle gegeben
hatte. Dann griff sie nach ihrer Handtasche und den Autoschlüsseln.
    Im Flur stieß sie mit Tom zusammen, der gerade aufgewacht
war. Noch verschlafen blickte er sie an.
    »Da stimmt was nicht. Ich muss zu Heike«, antwortete sie auf
seinen fragenden Blick hin.
    »Warte, ich komme mit!«

     
    Sie fuhren über die Bundesstraße nach Niebüll.
Heike wohnte nicht weit entfernt vom Krankenhaus. In einer Seitenstraße der
Gather Landstraße hatte sie eine kleine Einliegerwohnung eines
Einfamilienhauses gemietet.
    Marlene klingelte. Nichts.
    Mit zittrigen Händen schloss sie die Tür auf und öffnete.
    »Heike?«
    Sie blieb einen kurzen Moment in der Tür stehen, zögerte
einzutreten.
    Tom stieß sie leicht an.
    In der Wohnung sah zunächst alles aus wie immer. Das Bett war nicht gemacht, überall lagen
Klamotten auf dem Fußboden zerstreut, in der Küche stapelte sich das Geschirr.
Heike war nun mal ein chaotischer Mensch. Ordnung und Sauberkeit waren ihr
nicht wichtig. Für sie zählte ausgehen, Spaß haben, Freunde treffen. Sie setzte
ihre Prioritäten halt anders.
    Sie inspizierten die ganze Wohnung, doch nichts deutete auf
den Verbleib von Heike hin. Nach einer Weile ließ Tom sich auf das kleine
Cordsofa fallen.
    »Also, wann genau hast du denn das letzte Mal mit ihr
gesprochen?«
    »Am Montag.«
    »Gut, heute ist Donnerstag. Vielleicht ist was mit ihrer
Mutter? Hast du nicht erzählt, dass sie sehr krank sei? Vielleicht ist Heike zu
ihr gefahren.«
    »Aber doch nicht, ohne mir Bescheid zu geben!«
    Marlene tigerte nervös im Zimmer auf und ab. Sie konnte sich
einfach nicht erklären, wo ihre Freundin sein konnte. Wenn es einen Notfall
gegeben hätte, hätte Heike sie doch angerufen. Kein Zweifel.
    »Vielleicht hat sie einen Mann kennengelernt und sie
verbringen Tag und Nacht zusammen. Sicherlich gibt es eine ganz einfache
Erklärung.«
    Er stand auf und wollte Marlene umarmen, doch sie schüttelte
energisch ihren Kopf.
    »Nein, Tom, so ist Heike nicht. So etwas würde sie nie tun.
Dafür ist ihr die Arbeit auch viel zu wichtig. Weißt du, wie viele Bewerbungen
sie geschrieben hat? Sie setzt doch ihren schwer ergatterten Job nicht einfach
aufs Spiel. Nicht für so etwas.«
    »Was heißt denn ›nicht für so etwas‹?«
    Tom kratzte sich am Kopf. Er wusste ja, dass Marlene recht
hatte. Zwar hatte er Heike bisher nur flüchtig kennengelernt, aber sie hatte
auf ihn nicht den Eindruck einer verantwortungslosen Person gemacht. Eher hatte
er sie als sehr ehrgeizig, zumindest was ihren Job betraf, eingestuft. Dass sie
nun einfach ohne Entschuldigung nicht in der Klinik erschien, passte auch nicht
zu dem Bild, das er von ihr hatte.
    Er ging hinüber zum Schreibtisch und nahm einige der Zettel
in die Hand, die überall herumlagen. Eine Einkaufsliste, ein Rezept, eine
Rechnung vom Zahnarzt.
    »Schau mal hier.« Er hielt einen kleinen Notizzettel hoch.
»Am Dienstag wollte Heike sich mit einem Herrn Thamsen treffen.«
    »Zeig mal!« Marlene riss ihm den Zettel förmlich aus der
Hand.
    ›Dienstag, 13 Uhr, Herr Thamsen,

Weitere Kostenlose Bücher