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Nordmord

Titel: Nordmord Kostenlos Bücher Online Lesen
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um sich von dem
Übergriff zu erholen, saß Heike wegen des Spielverbots und da waren sie ins
Gespräch gekommen und hatten sich auf Anhieb hervorragend verstanden. In den
Semesterferien hatten sie dann zusammen einen Trip durch Italien unternommen.
Damals waren sie noch so richtig eng befreundet gewesen. Fast jeden Tag hatten
sie zusammen verbracht, nicht nur in den Ferien. Sie musste lächeln, als sie
daran zurückdachte. In letzter Zeit hatten sie sich nicht mehr so häufig
gesehen. Auch nicht, nachdem Heike hierher nach Niebüll gezogen war. Jede hatte
ihren Job und dann gab es da ja auch noch Tom. Marlene hatte sich Hals über
Kopf in ihn verliebt und natürlich jede freie Minute mit ihm verbracht. Wie
sehr sie ihre Freundin eigentlich vernachlässigt hatte, fiel ihr erst jetzt
auf. Sie nahm sich vor, wenn Heike wieder auftauchte, mehr Zeit mit ihr zu
verbringen. Sie griff nach der Telefonliste, die neben dem Foto hing.
    Freunde aus Hamburg, eine Tante, Arbeitskollegen und ein
gewisser Malte Nielsen. Wer das wohl war? Heike hatte nie etwas von einem Malte
erzählt. Sie zögerte kurz, ehe sie zum Telefonhörer griff.

6
    Malte Nielsen
wälzte sich unruhig in seinem Bett hin und her. Es war bereits hell im Zimmer,
die Sonne schien durch die Lamellen der aluminiumfarbenen Jalousie.
    Er hatte schlecht
geschlafen. Genauer gesagt: Er hatte fast gar nicht geschlafen. Bis tief in die
Nacht hatte er vor dem Fernseher gesessen, dazu das eine oder andere Bier
getrunken. Als er sich schließlich auf sein Bett gelegt hatte, war er immer
noch hellwach gewesen.
    Er schlug die Bettdecke zur Seite, setzte sich auf und griff
nach der Zigarettenschachtel, die auf dem Beistelltisch neben dem Sofa lag. Das
Feuerzeug flammte kurz auf, er zog kräftig an der Zigarette, bis feine
Rauchschwaden Richtung Zimmerdecke schwebten. Sein Telefon klingelte. Sicher
die Klinik, dachte er. Die können mich mal!
    Er arbeitete als Krankenpflegerhelfer in der Husumer Klinik.
Heute hatte er erst am Nachmittag Dienst. Er hasste die Arbeit im Krankenhaus.
Die Patienten gingen ihm auf die Nerven. Ihr Gejammer machte ihn aggressiv. Und
dann dieser Gestank. Diese Mischung aus Urin, Kot, Erbrochenem und Tod. Sein
Magen rebellierte, wenn er nur daran dachte. Und all das für einen Hungerlohn,
den man ihm dafür zahlte. Lange würde er diesen Job nicht mehr machen, da war
er sich ganz sicher.
    Er stand auf, ließ die Zigarettenkippe in eine der
herumstehenden Bierflaschen fallen und suchte im Kühlschrank nach etwas
Essbarem, doch außer einem schimmligen Stück Käse und abgelaufener Milch gab es
nichts. Er schlüpfte in ein paar dreckige Jeans, griff nach der Cordjacke, die
auf dem Sofa lag, und verließ die Wohnung. Vor der Haustür zündete er sich die
nächste Zigarette an.
    Er hörte erneut das Telefon klingeln und machte kehrt.
    »Was gibts?«
    Malte wich plötzlich sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Der
Boden drehte sich unter seinen Füßen. Er tastete rückwärts nach dem Sofa und
ließ sich verstört auf die Polster fallen.

     
    Sie fuhren durch Bredstedt, als Toms Handy
klingelte. Er hielt kurz am Straßenrand und nahm das Gespräch entgegen.
    »Vielen Dank, Herr Günzel. Ich melde mich am Montag bei
Ihnen. Wiederhören!«
    Tom lächelte selbstzufrieden.
    »Ich hab den Job«, beantwortete er Haies fragenden Blick.
    »Glückwunsch! Wobei ich immer noch nicht verstehen kann, wie
du diesen Managertypen solcher großen Unternehmen auch noch helfen kannst, ihre
Taschen noch voller zu machen. Und der kleine Mann steht auf der Straße. Also,
gerecht finde ich das nicht!«
    Tom war Teilhaber einer Münchner Unternehmensberatung. Seit
er nach Risum-Lindholm gezogen war, arbeitete er von Zuhause aus und baute sich
vor Ort einen neuen Kundenstamm auf. Das Unternehmen ›Motorola‹, welches seit
wenigen Jahren auch einen Standort in Flensburg hatte, war für Tom ein enormer
Fortschritt hier im Norden.
    »Ach was«, setzte er der Kritik des Freundes entgegen,
»gerade das will ich doch alles optimieren. Und wenn das Unternehmen schwarze
Zahlen schreibt, muss auch keiner auf der Straße stehen!«
    »Aber die Manager füllen sich trotzdem die eigenen Taschen.
Das ist wie bei ›Sesam, öffne dich!‹. Nur dass hier keiner diese habsüchtigen
Geier umbringt!«
    »›Sesam, öffne dich!‹? Was haben denn Ali Baba und seine
Räuber mit ›Motorola‹ zu tun?«
    »Nee, nicht Ali Baba! Hier in der Gegend von Husum

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