Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
streitet alle Taten ab, aber ich bin mir ganz sicher. Sie wird verurteilt werden.«
»Das ist so unfassbar.«
Henrik rieb sich mit gesenktem Kopf den Nacken.
»Warum haben Sie uns nie von Katja Nyberg erzählt?«
»Ich konnte mir nicht vorstellen, dass … Ich habe gar nicht an sie gedacht.«
»Trotz allem, worüber wir geredet haben, ist sie Ihnen nie in den Sinn gekommen?« Fredriks Tonfall war etwas schärfer geworden. Er konnte nichts dagegen machen.
»Doch, klar. So habe ich es nicht gemeint. Natürlich habe ich an sie gedacht. Aber ich hätte nie geahnt …«
Henrik verstummte, wandte sich von Fredrik ab und klammerte sich mit beiden Händen an die Rückenlehne.
»… dass sie es sein könnte?«, vervollständigte Fredrik den Satz.
»Ich weiß«, lenkte Henrik ein, »ich hätte Ihnen alles sagen sollen, aber das habe ich nicht getan. Ich habe Ihnen nicht von Maria und nicht von Katja Nyberg erzählt.«
Vielleicht hatte er ihnen noch mehr verschwiegen, dachte Fredrik.
»Ist das so schwer zu verstehen?« Henrik drehte sich wieder zu Fredrik um. »Ist das denn vollkommen unbegreiflich?«
»Nein«, entgegnete Fredrik.
Er ließ das Thema auf sich beruhen. Schließlich hatte er die Frage nicht gestellt, um Henrik zu quälen, er hatte nur das Bild vervollständigen wollen.
»Erzählen Sie mir von Katja«, forderte er ihn auf.
Henrik räusperte sich einige Male, setzte sich aufrecht hin und fing zögerlich an.
Am 4. Oktober hatte er Katja Nyberg im Hotel St. Petri kennengelernt. Das war bereits bekannt. Sie hatte den Tag in Kopenhagen verbracht, um einen dänischen Politiker zu interviewen. Nach dem Termin war sie in die Hotelbar vom St. Petri gegangen, um noch etwas zu trinken. Wenig später war Henrik mit Marte Astrup und Agnes Lind dort erschienen. Eine von beiden hatte ein paar Worte mit Katja gewechselt, aber Henrik konnte sich nicht mehr erinnern, wer es gewesen war. Sie kamen ins Gespräch, und als sie sich später an einen Tisch setzten, kam Katja mit. Sie blieben mehrere Stunden, und irgendwann verabschiedeten sich die Redakteurin und Henriks Assistentin. Katja ging mit Henrik auf sein Zimmer und blieb über Nacht. Am nächsten Morgen machte Henrik sich früh auf den Weg. Katja schlief noch, fand aber eine Nachricht von ihm vor. Die Karte mit dem Aufdruck des Hotels, die in ihrem Zimmer in Malmö an der Wand hing.
Als Henrik am Abend des 5. Oktober zurück ins Hotel kam, wartete Katja bereits an der Hotelbar auf ihn. Sie verbrachten auch diese Nacht zusammen und Henriks dritte und letzte Nacht im Hotel ebenso.
Als Henrik ein paar Wochen später wieder nach Kopenhagen fliegen musste, rief er Katja an und fragte sie, ob sie Zeit hätte, mit dem Zug auch hinzukommen.
»Das war aus einem Impuls heraus. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, sie jemals wiederzusehen, aber dann … ergab es sich doch.«
»Auf Ihre Initiative hin?«, hakte Fredrik nach.
»Ja. Sie kam ins Hotel, wir … Tja, sie blieb über Nacht, aber … Mir war schon klar, dass es keine besonders gute Idee war. Also sagte ich ihr, dass ich verheiratet sei und zwei Kinder hätte. Das hatte ich ihr zwar von Anfang an gesagt, aber nun wollte ich die Affäre beenden.«
»Wie hat sie es aufgenommen?«
»Gut, schien es. Vielleicht war sie auch ein bisschen sauer, weil ich sie gebeten hatte zu kommen und dann … Sie sagte aber, sie würde es verstehen.«
»Und das haben Sie ihr am Morgen des 27. Oktober gesagt?«
»Ja.«
»Bei der Gelegenheit haben Sie also nur eine Nacht miteinander verbracht.«
»Ja.«
»Und Sie haben sich nicht noch einmal in Kopenhagen gesehen?«
»Nein.«
Fredrik bemühte sich, seine Verwunderung zu verbergen. Wer außer Katja konnte die Kommentare in Malins Blog verfasst haben?
»War sie am 16. November nicht im Hotel?«
»Doch. Sie war dort. Aber wir hatten uns nicht verabredet. Sie ist einfach aufgetaucht.«
»Aber sie scheint gewusst zu haben, dass Sie kommen würden?«
»Ja, natürlich. Wahrscheinlich hatte ich es bei unserem letzten Treffen erwähnt.«
»Was ist dann passiert?«
»Ich musste sie bitten zu gehen. Es wurde etwas anstrengend.«
»In welcher Hinsicht?«
»Sie hat es akzeptiert, aber es war ein wenig peinlich, sie wieder wegzuschicken. Sie war enttäuscht, das hat man gemerkt, aber es gab kein Drama.«
»Hat sie danach noch mal versucht, Kontakt zu Ihnen aufzunehmen?«
»Sie schrieb ein paar Mails und fragte, ob ich mal nach Kopenhagen oder Stockholm käme. Sie hat auch
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