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Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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sich nicht mehr wegretuschieren! Unsere finanziellen Reserven sind bald aufgebraucht!« Forster redete, und sein Gesicht verfärbte sich. »Die Lage ist ungeheuer dramatisch, Kameraden!«
    Bei diesem Wort zuckten alle zusammen.
    Kameraden! Das klang schicksalshaft. Man befand sich in einem Kampf, und es ging um Leben oder Sterben.
    »Kameraden!«, wiederholte er eindringlich, »wir müssen Visionen entwickeln, es ist allerhöchste Zeit. Visionen umsetzen, wie damals die Männer der ersten Stunde.«
    Max Lebeau starrte Forster an. Visionen entwickeln? Der Kerl hatte keine Ahnung, der hatte überhaupt gar nichts begriffen. Visionen ließen sich nicht wie Projektpläne entwickeln. Visionen ließen sich auch nicht herbeipfeifen wie dressierte Hunde.
    Oskar Schmied, Direktor und Besitzer der Firma, saß neben Lebeau. Auf der anderen Seite hatte Remi Weissen Platz genommen. Das kam nicht oft vor. Remi Weissen war zwar Schmieds Schwiegersohn, er hatte die ältere Tochter geheiratet, aber diese familiäre Beziehung wurde nie demonstriert. Man wusste, dass das Verhältnis zwischen Schwiegersohn und Schwiegervater eher kühl war. Es war eher Zufall, dass Weissen in jener Sitzung an der Seite seines Schwiegervaters saß. Es war der letzte freie Stuhl gewesen.
    Schmied hatte kurz nach Beginn der Sitzung etwas vor sich hin geknurrt, dann umständlich seine Hörgeräte aus den Ohren geklaubt, in die Hosentasche gesteckt, seinen Taschencomputer aufgeschlagen und Minesweeper gespielt.
    Lebeau traute seinen Augen nicht. Die Lage war bitterernst, und der Besitzer der Firma spielte Minesweeper ? War Schmied dabei, den Verstand zu verlieren?
    Forster fuhr sich mit dem weißen Taschentuch über das Gesicht und redete unerbittlich weiter. Lebeau schwitzte, weil er sich vor Beginn der Sitzung den Lauf der Sonne nicht überlegt hatte. Die Anspannung im Raum hinderte ihn daran, seine Krawatte zu lockern.
    Er fing an zu zeichnen. Er kritzelte immer etwas. Geistesabwesend fing er an, das Uhrwerk seiner Miniatur zu zeichnen. Er sah und hörte nichts mehr; er saß versunken über seiner Arbeit, so wie zu Hause in seiner Werkstatt.
    Plötzlich erwachte er. Er merkte, dass es still geworden war.
    Man hörte nur das Knistern von Forsters Manuskript, als er es in seine Jackentasche schob. Er trank einen Schluck Wasser und fuhr sich mit dem weißen Taschentuch über die nasse Stirn und putzte sich geräuschvoll die Nase. Alle schauten wie hypnotisiert zu ihm. Forster steckte das Taschentuch weg und schaute in die Runde.
    Sein Blick blieb an Schmied hängen. »Schmied, was raten Sie, Sie als Nachkomme des Mannes der ersten Stunde?«
    Oskar Schmied fingerte auf seiner kleinen Tastatur; er hatte offenbar nichts gehört.
    Forster räusperte sich laut. »Schmied!«, wiederholte er lauter, »was raten Sie uns in dieser heiklen Lage? Sie waren jahrelang erfolgreicher Kapitän unseres Schiffes!«
    Max Lebeau tippte Schmied leicht an. Schmied zuckte zusammen und schaute ihn an.
    »Ah!«, stieß Schmied aus. Er legte die Hand muschelförmig hinter sein rechtes Ohr und bat Forster, seine Frage zu wiederholen.
    Forster wiederholte folgsam, und Schmied knurrte böse, als der Präsident den Vergleich mit dem erfolgreichen Schiffskapitän brachte, doch dann reckte er sich auf seinem Sessel.
    »Ich habe eben von Entlassungen gehört. Entlassungen!«

    Schmied hatte also doch sehr genau zugehört, während alle geglaubt hatten, dass sein Computerspiel ihn absorbierte. Er schaute zornig in die Runde und senkte seine Stimme bedrohlich. »Ich weiß, wen man hier entlassen muss, ihr Kreativitätsmanager! Ich habe nicht Buben angestellt, die dauernd die Schulbank drücken wollen, damit die Arbeit läuft. Wer jedes Jahr drei Wochen Managementkurse besucht, taugt nicht und wird entlassen. Sofort.« Er machte eine kleine Pause. »Entlassen werden auch alle diejenigen, die mit ihren Stadt-Traktoren unseren Parkplatz weit über die Markierungen hinaus füllen.« Er wurde lauter. »Bei uns sieht es jeden Tag aus, als ob wir Abenteurertreffen feiern würden! Dabei stehen wir vor dem Untergang!«
    Mit dem letzten Wort ließ er seine Faust auf den Tisch niedersausen.
    Max Lebeau sah aus den Augenwinkeln, wie alle Minen gleichzeitig explodierten.
    Forster räusperte sich, bevor er sprach. »Oskar, ich danke für das klare Votum. Wer möchte dem etwas beifügen?«
    Max Lebeau schämte sich für Forsters Hilflosigkeit.
    »Wer möchte dem etwas beifügen?«, wiederholte dieser,

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