Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Führer ein Pfeifen erschallen, das die Tunnelwände zu einem betäubenden Kreischen verstärkten, das noch Minuten später in ihren Ohren widerhallte. Dann waren sie wieder draußen. Mit einem Stöhnen setzte sich Alisa auf und verstummte. Sie spürte seine Gegenwart, drehte sich aber nicht zu ihm um. Natürlich half es nicht, ihn zu ignorieren. Er löste sich nicht in Nebel auf, sondern trat neben sie und ließ sich dann in die Hocke sinken, vermutlich peinlich darauf bedacht, sich seine seidenen Beinkleider nicht mit Ruß zu beschmutzen.
    »Ich denke, es wird Zeit, dass du wieder in deine Kiste zurückkehrst«, sagte er mit ruhiger Stimme, die keinen Rückschluss auf seine Gemütslage zuließ. War er verärgert? Richtig wütend? Oder gar nur belustigt? Vielleicht traf Letzteres zu, denn als sie ihm das Gesicht zuwandte, lachte Hindrik auf.
    »Was ist?«, fuhr ihn Alisa an.
    »Du wirst einen feinen Eindruck machen, wenn wir in Rom ankommen!«
    »Warum?« Alisa sah an sich hinab. Ihr Unterkleid war voller Ruß und auch ihr Gesicht musste dem eines Kohlenträgers gleichen. Hindrik fuhr mit dem Zeigefinger über ihre Wange und sie starrte verblüfft auf die schwarze Fingerspitze, dann lachte sie hell auf. »Oh nein, das wird Ärger geben.«
    Hindrik nickte. »Ja, mal sehen, was wir noch retten können.«
    »Hat Tammo dich auf meine Fährte gehetzt?«
    Hindrik schüttelte den Kopf. »Nein, das war nicht nötig. Wir sind auch nicht taub, weißt du. Dame Elina hat mir aufgetragen, dich zurückzuholen.« Alisa barg das Gesicht in den noch schmutzigeren Händen und stöhnte leise.
    »Ich glaube, sie ist nicht sehr böse auf dich. Aber jetzt komm wieder mit runter.«
    Alisa warf schmollend die Lippen auf. »Ach nein! Sieh dich nur um. Ist das nicht herrlich hier? Was soll ich dort unten in meiner Kiste liegen? Die Nacht ist noch lang - und schmutzig bin ich schon. Schlimmer kann es nicht mehr werden.«
    Hindrik seufzte. »Ja, das kann man wohl sagen. Und ich gebe dir recht. Es ist eine faszinierende Landschaft. Auch ich habe noch nie so hohe, mit Schnee bedeckte Gipfel gesehen.«
    Für eine Weile schwieg Hindrik und schien vergessen zu haben, dass er sie zur Rückkehr in den Wagen aufgefordert hatte. Sie standen nebeneinander auf dem Zugdach und sahen zu der Passhöhe hinauf, der sie sich in gemächlichem Tempo näherten.
    »Ist das der Brennerpass?«, fragte Alisa.
    Er nickte. »Ja, es ist der einzige Alpenübergang, den ein Zug befahren kann. Auf der neuen Strecke von Wien über den Semmering gibt es ein Dutzend Tunnels und der Gipfel wird auf eineinhalb Kilometern unterfahren. Eine technische Meisterleistung!« Alisa sah ihn erstaunt an. Er schmunzelte. »Nicht nur du interessierst dich für die neuen Errungenschaften der Menschen. Ich muss zugeben, deine Zeitungslektüre ist zuweilen recht spannend.«
    Alisa nickte. »Ja, das stimmt. Ich werde die täglichen Artikel in Rom vermissen. Ich kann inzwischen zwar leidlich Englisch und Französisch, das Italienische aber ist mir völlig fremd.«
    »Du wirst es schnell erlernen, so wie ich dich kenne. Und außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass du mit den nächtlichen Lektionen Zeit für Langeweile finden wirst.«
    »Wollen wir es hoffen«, sagte sie mit solcher Tragik in der Stimme, dass der ältere Vampir auflachte.
    »So, aber nun komm. Wir müssen zusehen, dass wir dich wieder in einen halbwegs anständigen Zustand versetzen, damit sie uns in Rom nicht für Barbaren halten.«
    Alisa zog eine Grimasse, folgte ihm aber zurück in den Wagen. Ihr Unterkleid würde sie erst in Rom waschen lassen können, doch zumindest Gesicht und Hände befreite Hindrik, so gut es ging, vom Ruß. Dann half er ihr, das Haar zu bürsten und frisch aufzustecken.
    »Wie sehe ich aus?«, fragte sie und bedauerte es wieder einmal, dass sie ihre Erscheinung nicht wie die Menschen in einem Spiegel überprüfen konnte. Es hätte vor allem den allabendlichen Kampf mit ihrem Haar erleichtert.
    »Ganz passabel«, sagte Hindrik und kniff ihr in die Wange. »Und nun ab in deine Kiste. Ich werde sie wieder zunageln, und du wirst bitte darauf verzichten, dein Werkzeug noch einmal zu benutzen.«
    »Mal sehen«, murmelte Alisa und sank auf ihr Lager zurück.
    Hindrik streckte fordernd die Hand vor. »Dann muss ich es dir abnehmen.«
    »Nein!« Der Schreck stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Das kannst du nicht machen!«
    »Doch, das kann ich. Dame Elina hat mir weitreichende Vollmachten erteilt!«
    »Nun

Weitere Kostenlose Bücher