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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Ob das der Mühe lohnt?« Er sah sich um und wandte sich dann wieder Luciano zu, der sich inzwischen nicht bewegt hatte. Die schwarzen Augen schienen sich wie eine Klinge in Lucianos Kopf zu bohren. Wenn überhaupt möglich, wurde Franz Leopolds Ausdruck noch verächtlicher.
    »Herr der Hölle, bist du erbärmlich. Dann kau doch an deinen Fingernägeln, wenn es dich beruhigt!« Er drehte sich um und kehrte zu den Mitgliedern seiner Familie zurück, die die gleiche hochnäsige Arroganz zur Schau trugen.
    Luciano stand noch immer wie versteinert da, bis Chiara ihm eine Hand auf die Schulter legte. »Wie konnte er das wissen?«, fragte er sie. Er hatte ein Gefühl in der Brust, als müsse er weinen - wenn er es gekonnt hätte.
    »Das mit den Nägeln?« Sie zuckte mit den Schultern. »Wissen konnte er es nicht. Er kann nur geraten haben.«
    »Ach ja?« Luciano fuhr herum. »Er hat ja noch nicht einmal meine Hände gesehen. Wie konnte er dann auf so eine Idee kommen?«
    »Ja, wie, wenn er nicht in die Gedanken anderer eindringen kann«, sagte Chiara nachdenklich.
    »Die Vorstellung ist entsetzlich!«, stöhnte Luciano und presste die Hände vors Gesicht. »Ich werde nirgends mehr vor seiner Verachtung sicher sein.«
    »Hast du denn in diesem Moment an deine Nägel gedacht?« Luciano nickte, ohne seine Hände vom Gesicht zu nehmen.
    Chiara fluchte unfein. »Das kann ja heiter werden. Und ich dachte schon, die bösen Geschichten, die über die anderen Clans erzählt werden, sind übertrieben. Mein Bedarf jedenfalls ist gedeckt! Ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben! Komm Leonarda.« Sie winkte ihrer Dienerin und rauschte hinaus. Aus dem Gang wehten noch ihre Worte zu Luciano. »Wie kann man nur so schön sein und gleichzeitig so widerlich!«
    Luciano wollte ihr folgen, aber die Stimme von Conte Claudio hielt ihn auf.
    »Luciano, wo willst du hin? Bleib hier, die anderen Familien können jeden Moment eintreffen.«
    Widerstrebend stellte sich Luciano an seine Seite neben Maurizio, der ein Jahr älter war als er und den Unterricht ebenfalls besuchen würde.
    »Das kann ja heiter werden«, wiederholte sein Cousin Chiaras Worte und zog eine Grimasse.
    »Allerdings! Mit denen halte ich es keine Nacht in einem Raum aus!« Die freudige Erwartung, die Luciano vor einer Stunde aus seinem Sarkophag getrieben hatte, war erloschen.
     
    Alisa wusste nicht, wie sie es auch nur eine Minute länger in ihrer Kiste aushalten sollte. Endlich war der Zug in Rom eingetroffen, und endlich fühlte sie, wie die Kisten ausgeladen und auf Kutschen gehievt wurden. Sie hörte die Pferde schnauben und roch ihr warmes Blut, was sie daran erinnerte, dass sie ungewöhnlich lange nichts mehr getrunken hatte. Doch es war eher die rastlose  Spannung als der Durst schuld daran, dass sie nicht mehr still liegen konnte. Ungeduldig tippte Alisa mit dem Schuh gegen die Holzwand, während der Karren über das unebene Kopfsteinpflaster holperte. Ein Gewirr von Stimmen flog an ihr vorbei und wundervolle, neue Gerüche. Dann hielt der Wagen an. Noch einmal wurden die Kisten an einen anderen Ort getragen. Endlich hörte sie das so herbeigesehnte Geräusch von Nägeln, die aus dem Holz gezogen wurden. Alisa zappelte in ihrer Kiste herum, bis sie schließlich an die Reihe kam. Der Deckel klappte auf, und das Erste, was sie sah, war Hindriks Gesicht. Er lächelte sie an und streckte ihr die Hand entgegen, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
    »Endlich angekommen.«
    »Und ich darf wieder als Letzte raus«, murrte Alisa, als sie einen Blick durch das steinerne Gelass schweifen ließ, wo die anderen Mitglieder der Familie bereits auf sie warteten.
    Hindrik schmunzelte. »Man kann nicht behaupten, dass du die längste Zeit in deiner Kiste verbracht hast.«
    Alisa lächelte ihm verschwörerisch zu. »Hat Dame Elina etwas gesagt?«
    Hindrik schüttelte den Kopf. »Wie es scheint, bleibt dein kleiner Ausflug ohne Folgen.«
    Alisa wollte noch etwas hinzufügen, aber sie spürte den Blick des Familienoberhaupts auf sich ruhen. So schwieg sie, legte züchtig die Hände übereinander und trat mit gesenktem Haupt zu den anderen. Dame Elina nahm ein weißes Spitzentuch aus ihrem Ridikül* und wischte Alisa über den Hals. Nachdenklich betrachtete die hochgewachsene Vampirin das Tuch. Um ihre Mundwinkel zuckte es. »Es ist schon erstaunlich, wie rußig man bei solch einer Zugfahrt werden kann.« Alisa murmelte etwas Unverständliches und war froh, dass nun ein Bediensteter ihres

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