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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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der einen oder anderen sinnlosen politischen Protestkundgebung unterwegs war, obwohl dem seine dramatischen Züge widersprachen. Er verbarg sein Haar unter dem Kragen der unförmigen Jacke und beugte sich vor, um seine Größe zu verheimlichen und so wenig wie möglich von seinem Gesicht sehen zu lassen. Dann schlurfte er weiter, geduckt und mit gesenktem Kopf, bis er auf dem nackten Beton des fast verlassenen, abfallübersäten Bahnsteigs stand.
     
    Serrin stritt mit Kristen, während Michael packte und Tom in sein Zimmer zurückkehrte. Er flehte sie an, nicht mitzukommen. Sie hatte keine Übung mit einer Waffe, sie würde ein Risiko darstellten, es war verrückt. Sie war wütend.
    »Beim letztenmal bin ich ganz gut damit zurechtgekommen«, protestierte sie, was stimmte. Wenn sie nicht den Kopfschuß gelandet hätte, wäre er in New Hlobane von dem Zulu mit der MP in ein Sieb verwandelt worden.
    »Aber diese Sache wird ganz anders. Sehr, sehr gefährlich«, sagte er.
    »So? Ich will dabeisein«, beharrte sie. Sie hatte so eine Angewohnheit, mit dem rechten Fuß auf den Boden zu klopfen, wenn sie sich ärgerte, die ihm noch gar nicht aufgefallen war. Wäre die Situation nicht so angespannt gewesen, hätte er sie ungeheuer liebenswert gefunden.
    »Wir werden reichlich Muskeln mitnehmen«, sagte er.
     
    »Bis jetzt habt ihr noch keine«, stellte sie fest. »Ich lasse dich nicht ohne mich gehen. Vielleicht muß ich noch einmal für dich abdrücken.« Sie lächelte glücklich. Es war ihre Trumpfkarte, und sie hatte die Absicht, die größtmögliche Wirkung damit zu erzielen.
    »Und vergiß nicht«, fuhr sie breit grinsend fort, »in meinem Leben gibt es zwei Männer, um die ich mich kümmern muß: dich und meinen Ehemann.« Serrin mußte unwillkürlich lachen. Sie hatte den Streit gewonnen.
    »Also schön. Aber versprich mir, daß du dich zurückhältst. Du gibst jedem Deckung, der reingeht, aber du bleibst draußen.«
    »Versprochen«, sagte sie mit einem spöttischen Grinsen, das besagte, gewiß, sie würde sich alle Mühe geben, aber… Der Troll lag auf seinem Bett, wobei seine gewaltigen Füße über das Fußende hingen, und betrachtete durch das Fenster die vormittägliche New Yorker Sonne. Mit über dem Bauch verschränkten Händen grub er die Finger seiner linken Hand in die Smartgunverbindung, die er unter der Haut der anderen Hand spüren konnte.
    Drek, wenn ich meinen Körper nicht mit Metall ruiniert hätte, dachte er, wäre ich ein viel besserer Schamane. Aber jetzt ist es zu spät, alles rückgängig zu machen.
    Seltsame Gedanken kamen ihm in den Sinn. Was geschieht mit mir? Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und von Bär auserwählt worden. Jeder weiß, daß das Leuten von der Straße normalerweise nicht passiert. Die Straßenschamanen, die ich kenne, folgen größtenteils Ratte, ein paar auch Hund - die von der angenehmeren Sorte -, und ich bin auch schon dem einen oder anderen Anhänger von Katze begegnet. Aber Bärenschamanen gibt es in der Stadt nicht viele. Trotzdem fühle ich mich dort... hier nicht fehl am Platz. Komisch...
     
    Seine Gedanken wanderten nach New Hlobane zurück. Ohne die geringste Chance, Serrin zu finden, hatte er es geschafft. Und zwar dadurch, daß er versucht hatte, absolut gar nichts zu tun, nur leer und still zu sein. Daraus wurde er einfach nicht schlau. Sein Leben lang hatte Tom versucht, Dinge zu tun: Als Shadowrunner hatte er getötet, gestohlen und in den schlechten alten Zeiten auch getrunken und in den besseren in der Seattler Innenstadt gearbeitet. Alles, was er vom Leben bekommen hatte, alles, was irgendeine Bedeutung für ihn hatte, war ihm nicht einfach zugeflogen. Er hatte hinausgehen und es sich aktiv holen oder es zumindest versuchen müssen.
    Aber er spürte, daß am Ende von alledem etwas echt Schlimmes wartete. Klar, er hörte die Argumente und Schlußfolgerungen des Engländers und verstand sie auch. Aber Tom konnte keine Argumente und Schlußfolgerungen spüren. Er konnte nur spüren, was er auch fühlen, was er packen konnte.
    Ich kann dieses Nosferatu-Ding nicht packen, aber ich kann seine Bosheit aus Tausenden von Kilometern Entfernung spüren, dachte er. Er konnte sich nicht vorstellen, was er tun würde, wenn sie erst mal dort waren. Einfach abwarten und sehen, was passiert, nahm er an.
    Seine Grübelei wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. »Troll-Massagedienst. Brauchen Sie eine Behandlung?«
     
    Der rothaarige Elf zitterte, während er

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