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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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Western Boulevard, wo sie sich für die Nacht ein Zimmer in einem Apartmenthotel nehmen konnte. Selbst mit ihrem neu erworbenen Reichtum ging es ihr gegen den Strich, daß sie eine Handvoll Rand ausgeben mußte, aber das waren nur ihre alten Überlebensinstinkte.
    Erst als sie sich auf das quietschende Bett setzte, wurde ihr klar, wie entsetzlich müde sie war. Sie hob die Bettdecke hoch, um das Darunter zu inspizieren, und fand saubere Laken und nicht mehr als die übliche Menge von Flecken auf der Matratze. Am besten war, daß es kein Ungeziefer zu geben schien, wenngleich das nicht bedeutete, daß sie im Lauf der Nacht nicht von der einen oder anderen Schabe Besuch erhalten würde. Irgendwie hätte ohne die Biester etwas gefehlt, obwohl Kristen hoffte, daß sie zu der kleineren Sorte gehören würden. Sie zog sich Leggings und Bluse aus und wollte gerade versuchen, trotz des flackernden Neonlichts, das durch die dünnen Vorhänge fiel, etwas Schlaf zu bekommen, als ihr das Glitzern des Lichts auf dem Metallkästchen zwischen ihren Sachen auf dem Boden auffiel. Sie hob es auf und begutachtete es.
    Es sah aus wie ein Taschencomputer, ein miniaturisierter Laptop, obwohl er nicht größer war als ihre Hand. Auf den winzigen Tasten waren keine Zahlen oder offensichtlichen Symbole, aber sie hatte ohnehin keine Ahnung, wie man so ein Ding benutzte. Aus reiner Neugier drückte sie wahllos ein paar Tasten und zischte erschrocken, als sie mit einer Berührung zwei Tasten erwischte.
    Plötzlich erhellte sich der kleine Bildschirm im Deckel des Kastens, und eine Botschaft erschien darauf. Sie konnte die Worte nicht lesen, die ihr verrieten, daß ein Löschvorgang gestartet worden war, aber nach einem Blick auf das Icon in der linken unteren Schirmecke - ein Totenschädel mit gekreuzten Knochen - war sie ziemlich sicher, daß nichts Gutes geschah. Dann drückte sie auf alle Tasten gleichzeitig in der verzweifelten Hoffnung, daß sie das Ding nicht ruinierte. Eine Kette identischer Symbolpaare zog sich von links nach rechts über den Bildschirm, und das Licht hinter dem Schirm erlosch.
    Drek, ich hab's kaputt gemacht, dachte sie unglücklich. Es könnte Hunderte wert gewesen sein. Aber was soll's. Ich kann mich nicht beschweren. Alles in allem war das gar kein so übler Tag.
    Sie warf den mittlerweile inaktiven Kasten in ihre Tasche, holte ein kleines Päckchen mit extralangem Zigarettenpapier und ihr letztes Dagga heraus und rauchte sich dann etwas Unempfindlichkeit gegen die Weckeffekte der grellen Neonschilder an, die draußen vor ihrem Fenster blinkten.
     
    »Ich bin ein paarmal zurückgekommen«, sagte Serrin mit einem rechtfertigenden Unterton. »Du weißt schon... hinterher.« Er wußte nicht, was er von Tom halten sollte, aber die Stille der riesigen Gestalt, die ihm gegenüber saß, war ebenso verblüffend wie das Mineralwasser, das der Troll trank. Damals in den alten Zeiten hätte Tom mittlerweile seinen zweiten Krug Bier geleert.
     
    »Ich weiß. Du warst im Juni und September 'fünfzig da, aber da hatte ich mich noch nicht verändert«, sagte der Troll freundlich. »Ich schätze, du dachtest, es sei ein Fehler, die Scherben aufzusammeln. Schockbehandlung klappt nicht, wenn man nicht bereit ist, sie auch durchzuziehen.«
    »Irgendwas in der Art«, sagte der Elf. Irgendwie war er aber nicht bereit, sich selbst so einfach davonkommen zu lassen. Er konnte sich an die Szene erinnern, als habe sie erst gestern stattgefunden: Tom, der sinnlos betrunken in einem mit Erbrochenem vollgespritzten Zimmer lag, Serrin, der sich über ihn gebeugt hatte und seinen Freund ohnmächtig anschrie. Dann war der Elf gegangen, hatte die Tür hinter sich zugeknallt und sich nie wieder blicken lassen, wenn man davon absah, daß er ein- oder zweimal in der Gegend zu tun gehabt hatte und sich bei der Gelegenheit nach Tom erkundigt hatte. Zuerst hatte er es einfach nicht mehr ertragen mitanzusehen, wie sich sein Freund selbst zerstörte, aber später war es die Scham darüber gewesen, daß er ihn im Stich gelassen hatte.
    »Mach dir keine Gedanken, Chummer. So heftig ist das nicht. Du hättest mich nicht retten können. Niemand hätte das gekonnt. Aber ich glaube, du hast mich lange genug am Leben erhalten, daß es dann passieren konnte.« Der Troll grinste plötzlich. »Drek, niemand anders hätte mich abgeschleppt und dann einen Monat lang in irgendein Loch gesteckt, um trocken zu werden. Das Verrückteste, was ich je gehört

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