Notaufnahme
jemals ein Kodewort vereinbart hatten, aber mir fiel keines ein.
»Canyon Ranch. So, und jetzt sagst du mir, ob sie am Leben ist.«
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Wir hatten uns oft gemeinsam vorgestellt, wie herrlich es sein musste, mal eine Woche auf der eleganten Beauty-Farm zu verbringen und uns von Kopf bis Fuß mit Schlammbädern, Massagen und Kosmetikbehandlungen verwöhnen zu lassen. »Richte ihr aus, dass wir’s machen, sobald Battaglia mir einen Kurzurlaub genehmigt.«
Wir verabschiedeten uns, und ich ließ erleichtert meinen Kopf ans Polster des Sessels sinken. »Mein Gott, ich hätte es mir nie verziehen, wenn Maureen etwas zugestoßen wäre. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass der Mord an Gemma Dogen nicht das Werk eines Umnachteten aus den Katakomben des Mid-Manhattan war. Ich habe keine Ahnung, warum sie umgebracht wurde, aber vergiftete Pralinen und ein Angriff mit einer Spritze können nur auf das Konto von jemandem gehen, der sich mit der Materie auskennt.«
»Morgen treffen wir Dogens Ex-Mann. Creavey wird bei der Vernehmung dabei sein und auch einen Blick auf die Bilder werfen, und am Samstagvormittag fliegen wir dann auch schon wieder nach Hause. Deshalb sollten wir den Rest des Abends genießen und zusehen, dass wir etwas in den Magen bekommen«, schlug Mike vor.
Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es schon fast acht war. Seit mehr als zwölf Stunden waren wir bereits in England, und die Mischung aus Jetlag und beunruhigenden Neuigkeiten hatte mir den Rest gegeben. »Ich komm’ mit, aber mir ist so schlecht, dass ich bestimmt keinen Bissen runterbekomme.«
Ich erfrischte mein Gesicht mit etwas kaltem Wasser, zog meinen Lippenstift nach, trug ein paar Spritzer Parfum auf und strich mein Kostüm glatt. Wir machten einen Bogen um den ruckeligen Aufzug und gingen die Treppe hinunter.
In die Halle fing uns Graham ab. »Entschuldigen Sie, Madam, Sir. Die Herrschaften sitzen bereits beim Dinner. Hier entlang, bitte«, bemerkte er und wies uns mir seiner behandschuhten Hand den Weg. »Ach, Miss Cooper, für Sie wurden zwei Anrufe entgegengenommen, während Ihre Leitung belegt war.« Er reichte mir zwei Zettel. Mister Renaud hat angerufen und meldet sich morgen wieder, stand auf dem Ersten. Auf dem Zweiten war notiert, dass Miss Stafford auf dem Weg zum Flughafen dringend versucht habe, mich zu erreichen, und sich wieder melden werde.
»Geh schon mal vor, Mike. Ich möchte nur schnell die Anrufe beantworten.«
»Aber Graham sagte doch …«
Ärger stieg in mir hoch, und obwohl Mike ihn nicht verursacht hatte, bekam er ihn zu spüren. » Ich will nur ein paar Minuten meine Ruhe haben, ist das denn so schwer zu verstehen?« Wütend stürmte ich die Treppe hoch.
Erleichtert schloss ich die Zimmertür hinter mir. Ich hatte nicht vor, jetzt schon Drews Anruf zu beantworten; ich hatte lediglich keine Lust, mit irgend jemandem sprechen zu müssen.
Ich trat an die Kommode, öffnete die oberste Schublade und nahm eines von Mikes Hemden heraus. Nicht ahnend, dass wir uns ein Zimmer teilen würden, hatte ich keine Nachtwäsche eingepackt. Dann rief ich den Zimmerdienst an und bat darum, dass die schmutzige Wäsche abgeholt und bis zum nächsten Morgen gewaschen werden möge. Auch das Hemd, das Mike auf dem Flug getragen hatte, legte ich auf den Stapel vor die Tür, da ich mir nun eines von ihm ausgeliehen hatte und ihn nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Dann ging ich ins Bad und stellte mich so lange unter die heiße Dusche, bis ich das Gefühl hatte, dass die Spannung des ganzen Tages und des Abends von mir abfiel.
In Mikes rot-weiß gestreiftem Hemd setzte ich mich an den Schreibtisch und schrieb einige Worte, mit denen ich mich dafür entschuldigte, dass ich ihn zuerst so angefahren und dann allein der Meute überlassen hatte. Ich legte den Zettel auf sein Kopfkissen, schlug die Ecke des Deckbetts zurück und knipste seine Leselampe an, damit er sich zurechtfand, wenn er hochkam.
Dann schlüpfte ich unter die straff gespannten Laken meines eigenen schmalen Bettes, das einige Handbreit von Mikes entfernt stand, löschte das Licht und stellte fest, dass ich mir meinen Schlaf verdient hatte.
23
Da ich es nicht gewohnt war, früh zu Bett zu gehen, wachte ich am nächsten Morgen schon kurz nach fünf auf und drehte mich unruhig von einer Seite auf die andere, bis ich durch den Spalt in der Gardine die erste Morgendämmerung erblickte. Auf Zehenspitzen schlich ich ins Bad und
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