Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
Vom Netzwerk:
schlüpfte in meine Joggingklamotten. Wenig später nickte ich dem jungen Mann hinter der Rezeption zu, verließ die prächtige Halle durch den Haupteingang und lief um das Gebäude herum, von wo aus sich mir ein herrlicher Blick über die Gärten und die Wälder bot. An den mächtigen Säulen, auf denen schon seit Jahrhunderten die Fassade des altehrwürdigen Landsitzes ruhte, machte ich meine Streckübungen; dann folgte ich im Laufschritt den gewundenen Pfaden, die von gestutzten Hecken gesäumt wurden, bis hinunter zur Themse. Auf den fünf Meilen, die ich zurücklegte, traf ich hin und wieder einen Gärtner; ansonsten genoss ich die Ruhe, die an diesem friedlichen Ort herrschte.
    Wieder auf unserem Zimmer angekommen, fand ich Mike, nach Bier riechend, noch immer schlafend vor. Ich duschte und zog mich an. Als ich gerade das Zimmer verlassen wellte, um mir den Vortrag eines Kollegen vom Yard über die neuesten Entwicklungen in Sachen genetischer Fingerabdruck anzuhören, murmelte er einen Morgengruß.
    »Geoffrey Dogen wird gegen elf hier sein. Creavey nimmt ihn in Empfang; er hat einen kleinen Konferenzraum organisiert.« Dann drehte Mike sein Gesicht in meine Richtung. »Und danke, dass du mich gestern Abend versetzt hast. Nachdem ich drei, vier Stunden auf dich gewartet hatte, ist mir langsam gedämmert, dass du nicht mehr auftauchst.«
    »Tut mir leid, ich …«
    » Kein Problem. Creavey und ich hatten Glück – wir haben ‘ne Herzogin aufgerissen.«
    Bei dieser Vorstellung musste ich lachen.
    »Im Ernst. Eine echte Herzogin. Das Luder hat uns durch ‘n paar Pubs geschleppt und uns glatt unter den Tisch gesoffen.«
    »Wann warst du wieder hier?«
    »Frag lieber nicht«, stöhnte Mike und rieb sich seinen brummenden Schädel. »Wir sehen uns um elf, okay.«
    Ich frühstückte und fand mich rechtzeitig im Konferenzraum ein. Nachdem ich mich bei Lord Windlethorne für mein Fehlen beim Dinner am Vorabend entschuldigt hatte, wechselte ich einige Worte mit meinen Tischnachbarn. Dann begann der erste Vortrag.
    Die Briten waren uns in Sachen DNS-Analyse und Erstellung genetischer Datenbanken um Längen voraus; und obwohl sie wesentlich weniger Sexualverbrechen zu verbuchen hatten als wir in den Staaten, waren sie schon dabei, bei jeder Vergewaltigung, die im Großraum London angezeigt wurde, auf der Grundlage des am Tatort gefundenen Beweismaterials genetische Fingerabdrücke zu entwickeln und zu archivieren. Der Vortrag bot einen faszinierenden Ausblick auf den zukünftigen Einsatz dieser neuen Technik, und ich machte eifrig Notizen, die ich später mit Bill Schaeffer durchgehen wollte.
    Um kurz vor elf kündigte Lord Windlethorne eine Kaffeepause an; ich erklärte ihm, dass ich mich nun ausklinken musste, um gemeinsam mit Chapman einen Zeugen zu vernehmen.
    Nachdem ich rasch meine Unterlagen zum Fall Dogen aus dem Zimmer geholt hatte, traf ich an der Rezeption auf Creavey, Geoffrey Dogen und Mike. Dogen streckte mir die Hand entgegen. »Sie müssen Alexandra sein. Wie schön, Sie kennen zu lernen. Danke, dass Sie den weiten Weg nicht gescheut haben und rübergekommen sind. Commander Creavey hat mir berichtet, dass sie Benjamin Coopers Tochter sind. Ich hatte das große Vergnügen, Ihren Vater sprechen zu hören – muss vor einem Jahr bei einem Medizinerkongress in Barcelona gewesen sein. Er ist ein außergewöhnlicher Mann.«
    »Das finde ich auch. Danke.«
    Creavey führte uns zu einem der Nebengebäude, wo ein Raum für uns vorbereitet war. An seiner Seite ging Dr. Dogen der etwas kleiner war, als ich ihn mir vorgestellt hatte; er war um die sechzig, sehr schmal, drahtig, hatte lichtes Haar und etwas zu große Ohren.
    »Ach übrigens«, bemerkte Mike, »als du heute Morgen beim dem Vortrag warst, hat dein Verehrer angerufen. Wollte nur mal kurz hallo sagen; meinte, er könne nicht schlafen und habe dich wegen der Zeitverschiebung noch nicht erreicht. Er hat mich mitten aus dem Tiefschlaf gerissen.«
    »Na prima. Du hast ihm hoffentlich erklärt, wer du bist. Ich meine, dass du nur mein Kol… ich meine, dass wir nur das Zimmer … du weißt, was ich meine.«
    »Was hätte ich ihm denn sagen sollen? Tut mir leid, aber mir hat keiner auf ‘ner Privatschule gute Manieren beigebracht. Wahrscheinlich gibt’s für jede dämliche Situation ‘ne passende Benimmregel. Hätte ich ihm sagen sollen: ›Keine Angst, ich bin ‘n schwuler Cop‹ oder ›Alex Cooper würd ich nicht mal besoffen vögeln ‹ ? Der Typ hat

Weitere Kostenlose Bücher