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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Magermilch, Karotten, ein Kopf Salat. Du kannst einen Blick auf seine Notizen werfen, aber es wird dich nicht viel weiter bringen.«
    Ich ging zurück ins Schlafzimmer und setzte mich in den Armsessel neben dem Nachttisch. Das Bett war ordentlich gemacht; die straffgezogene Tagesdecke zeigte nicht die geringste Falte. Entweder war sie zu ihrer gewohnten Zeit aufgestanden und hatte das Bett nach dem Joggen gemacht, oder sie hatte in jener Nacht gar nicht in ihrem Bett geschlafen.
    Ich nahm das Buch von ihrem Nachttisch – es war ein dünner Band, der Rückenmarksverletzungen behandelte und erst kürzlich von der John Hopkins University Press veröffentlicht worden war. Ich betrachtete die Seiten, die Gemma mit Eselsohren und Unterstreichungen versehen hatte, konnte damit aber nichts anfangen und legte das Buch neben die Nachttischlampe zurück.
    Dann öffnete ich die Schiebetüren ihres Kleiderschranks und war gespannt, was mich dort erwarten würde. Auf der einen Seite hingen einige dunkle Kostüme – alle ohne besondere Verzierungen oder Details. Funktional, nicht besonders modisch. Auf der anderen Seite befand sich die Freizeitkleidung – ein paar khakifarbene Hosen, einfache Baumwollblusen und -jacken. Unten im Schrank standen Lauf- und Sportschuhe jeder Art und für jede Gelegenheit; die verschiedenen Paare solider englischer Pumps hatten sie wahrscheinlich durch ihr Berufsleben getragen. Zweckmäßig, aber nicht gerade aufregend. Außerdem entdeckte ich ein paar gestärkte weiße Laborkittel; sie hingen zwischen den Kostümen und der Freizeitkleidung. Ich griff nach dem Ärmel eines dunkelblauen Kostüms und fragte mich, ob sich jemand Gedanken darüber machte, in welcher Kleidung sie beerdigt werden sollte.
    Ich ging zurück ins Wohnzimmer. Mercer erhob sich von Gemma Dogens Schreibtischstuhl und bot mir den Platz an; er hatte die Zeit damit verbracht, einige Akten durchzuschauen die auf dem Tisch lagen.
    »Hier ist die Post, die sie heute bekommen hat. Der Portier hat sie mir vorhin in die Hand gedrückt. Rechnungen von Con Ed und dem Kabelfernsehen, Kontoauszüge von der Chase Bank und eine Postkarte von ihrem Ex aus dem Himalaja. Lies mal – hört sich an, als hätten sie sich in ein paar Wochen in England treffen wollen. Ein Medizinersymposion an der Londoner Universität. Das bringen wir Peterson mit, okay?«
    »Ja, gut.« Ich überflog die Karte und war angenehm überrascht, dass sie eine so gute Beziehung zu ihrem Ex-Mann Geoffrey pflegte, der sich auf das baldige Treffen mit ihr freute. Beim Gedanken an meine geschiedenen Freundinnen, von denen die meisten eher gespannte Beziehungen zu ihren Ex-Männern unterhielten, musste ich leise lächeln; erst als mir einfiel, dass Geoffrey noch gar nichts von Gemmas schrecklichem Schicksal ahnte, wurde ich wieder ernst.
    Mercer betrachtete unterdessen die mit Büchern gefüllte Schrankwand. Er verfügte über ein auf Details geschultes Auge und notierte sich einzelne Titel. Ich öffnete die Schreibtischschubladen und blätterte verschiedene Terminkalender durch.
    »Die Dame hat ihren Beruf wirklich ernst genommen – fast nichts, was nicht mit Medizin oder sonstwie mit ihrem Job zu tun hat. Nur ein paar Klassiker – das Zeug, was du auch magst: George Eliot, Thomas Hardy. Außerdem ‘ne Menge CDs, ein Haufen deutscher Opern, viel von Bach. Kannst du dir ‘ne CD-Sammlung ohne Jazz oder zumindest ‘ne Motown-Scheibe vorstellen? Ist für meinen Geschmack ‘ne Nummer zu intellektuell.«
    »Hör mal, Mercer. Steht in ihrem Büro eigentlich ein Computer?« Erstaunt hatte ich festgestellt, dass sich in ihrer Wohnung keiner befand.
    »Ja, sie haben ‘ne Kopie von der Festplatte gemacht. Hier hatte sie keinen, und deshalb war sie wahrscheinlich auch so oft noch spätabends in der Klinik. Als wir uns gestern dort umgehört haben, hat uns fast jeder erzählt, Dogen habe ihren Schriftkram am liebsten spätabends erledigt, wenn es ruhig war und sie nicht alle naselang unterbrochen wurde. Das wusste praktisch jeder, der sie kannte.«
    Ich rutschte mit meinem Stuhl an die Wand gegenüber der, die Mercer gerade in Augenschein nahm. In der unteren Hälfte der Regale befanden sich Aktenregistraturen, die mit Hängeordnern angefüllt waren. Manche waren mit farbigen Markierungen unterteilt, alle waren nach Jahreszahlen geordnet. Darüber hinaus konnte ich kein Ordnungsmerkmal erkennen. Ebenso wie Mercer hatte ich meinen Block aufgeklappt und versuchte, Notizen über die

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