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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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ein Mann einen hoch, nachdem er den Körper einer Frau massakriert hat? Ich plädiere dafür, dass es für diese Art von Verbrechen eine eigene Art von Todesstrafe geben soll. Ich würde sie eigenhändig vollstrecken, verdammt noch mal.«
    Kirschner schaltete sich mit ruhiger Stimme ein. »Mit dem, was ich jetzt sage, will ich das Verbrechen nicht beschönigen, Mike, aber vielleicht war euer Mörder ja gar nicht so erregt, wie er gehofft hatte zu sein. Wie Mike die Position der Leiche, die entfernte Unterwäsche und den hochgeschobenen Rock beschrieben hat, liegt es nahe, dass ein Sexualverbrechen beachsichtigt oder versucht worden ist. Aber es wurde nicht zu Ende geführt. Keinerlei Spuren von Sperma, weder in ihrer Vagina noch außerhalb. Kein Sperma. Ich habe die Vaginal- und die Analöffnung ausschaben lassen. Sie bekommen den Laborbericht, aber ich gehe davon aus, dass er negativ ist.«
    Mercer zog eine Grimasse. »Denkst du das gleiche wie ich?« fragte er mich.
    Auch ich war bestürzt. In den letzten Jahren hatten Mercer und ich uns daran gewöhnt, auf die DNS-Indizien und die verblüffenden Techniken in Sachen genetischer Fingerabdruck zu bauen, und mit dieser Methode immer mehr Fälle aufgeklärt. Selbst wenn das Opfer – was meistens der Fall war – das Verbrechen überlebte und den Täter bei einer Gegenüberstellung identifizierte, konnte die Aussage des Opfers mit der DNS-Methode bestätigt werden, und dank der Zuverlässigkeit dieser Technolgie war die Erfolgsrate der Ankläger im ganzen Land in die Höhe geschnellt.
    »Ich fürchte, ich habe mit Beweisstücken gerechnet, die wir nie bekommen werden«, bemerkte ich enttäuscht. »Ich bin ganz automatisch davon ausgegangen, dass wir irgendwo Sperma finden und einen genetischen Fingerabdruck erstellen lassen, den wir mit denen der Verdächtigen vergleichen können.«
    »Das können wir uns jetzt wohl abschminken, Alex.«
    »Besteht die Möglichkeit, dass er ein Kondom benutzt hat, Doc? Finden Sie vielleicht deshalb kein Sperma?«
    »Ziemlich unwahrscheinlich, Mike. Ich meine, prinzipiell ist es natürlich möglich. Aber meistens hinterlassen Kondome im Körper der Opfer Substanzen, die wir während der Autopsie oder später im Labor aufspüren. Entweder Gleitmittel oder Spermizide.«
    »Können Sie sagen, ob sie penetriert wurde?«
    »Es liegt kein Trauma vor, weder ein vaginales noch ein anales. Aber das sagt nicht viel über eine mögliche vaginale Penetration aus.«
    Mike hatte weniger Erfahrung mit Sexualverbrechen als Mercer und ich, also erläuterte ich ihm die Fakten, auf die sich Kirschner bezog. »Mehr als zwei Drittel aller vergewaltigten erwachsenen Frauen tragen kein Anzeichen eines physischen Traumas bzw. einer Verletzung davon. Jemand, der im normalen Leben Geschlechtsverkehr hat, weist nach einer Vergewaltigung meist keine inneren Verletzungen auf. Die Vagina ist ziemlich elastisch, und wenn Gemma Dogen nicht mehr bei Bewusstsein war, als der Täter sie penetrierte, ist es noch unwahrscheinlicher, dass er auf Widerstand gestoßen ist.«
    Kirschner fuhr fort: »Was ich vor dem Hintergrund eines versuchten Sexualverbrechens jedoch noch ungewöhnlicher finde, ist die Tatsache, dass keinerlei andere Hinweise gefunden wurden. Wenn er versucht hätte, sie zu penetrieren, würde ich erwarten, zwischen ihren Schamhaaren auch einige von ihm zu finden.«
    Das sorgfältige Durchkämmen der Schambehaarung des Opfers gehörte automatisch bei Vergewaltigungsfällen ebenso zur Beweisaufnahmen wie zur Autopsie.
    »Bei einer Vergewaltigung ist der Körper des Opfers sozusagen der Tatort. Und in diesem Fall glaube ich sagen zu können, dass zu wenige Beweise vorliegen, die darauf hindeuten, dass der Angreifer tatsächlich ein Sexualverbrechen begangen hat.«
    »Dann müssen wir jetzt herausfinden, was ihn gestoppt hat«, sagte Mercer. »Angefangen bei Geräuschen auf dem Flur, die ihn nervös gemacht haben, bis hin zum Verlust seiner Erektion. Vielleicht hat Mike ja recht. Wenn der Täter vorhatte, Gemma Dogen zu vergewaltigen, und mehr Kraft als geplant aufwenden musste, um sie ruhigzustellen, war er letztlich vielleicht so abgestoßen davon, dass seine Erektion nachließ.«
    »Vergessen wir nicht«, fügte ich hinzu, »dass sich im und unter dem Krankenhaus jede Menge psychisch gestörter Typen rumtreiben. Einige von denen haben sicher Sexualstörungen; vielleicht hatte einer ja tatsächlich vor, Gemma Dogen zu vergewaltigen, konnte seinen Plan aber

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