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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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religiöser Vereinigungen, Studenten an High Schools, Colleges und Universitäten, Mitglieder von Berufsverbänden und Bürgergruppen – konnten eines Tages in einem entsprechenden Fall zu Geschworenen berufen werden. Und dann sollten sie wissen, um welche Kategorien von Verbrechen es sich bei Sexualstraftaten handelte.
    Ich freute mich über jede Gelegenheit, öffentlich über dieses Thema und die Fakten zu sprechen. Sarah Brenner und ich schlugen keine Einladung aus, wenn es darum ging, vor interessiertem Publikum aufzutreten. Je mehr wir an die Öffentlichkeit gingen, desto mehr halfen wir den Frauen, Kindern und Männern, die Sexualverbrechen zum Opfer fielen und auf das Urteil der zwölf Geschworenen angewiesen waren, um Gerechtigkeit zu erfahren.
    In der Halle der Universität hingen gelbe Poster, die meinen Vortrag ankündigten; schwarze Pfeile wiesen den Weg zum Hörsaal. Kurz vor der geöffneten Tür blieb ich stehen.
    Eine wuchtige Frau mit zu einem wirren Knoten aufgestecktem blonden Haar kam mit ausgestreckter Hand auf mich zugesegelt. » Hallo, Sie müssen Alexandra Cooper sein. Mein Name ist Liddy McSwain; ich bin in diesem Jahr verantwortlich für das Vortragsprogramm. Wir freuen uns wirklich sehr, dass Sie gekommen sind – trotz dieser schrecklichen Mordsache. Als ich heute Früh Ihren Namen in der Zeitung las, war ich sicher, dass Sie den Vortrag absagen würden.«
    Sie führte mich in den Hörsaal, wo mich rund ein Dutzend ihrer Komiteemitglieder, die meisten sandwichkauend, erwarteten. Ich stellte mich einigen persönlich vor und beschloss, auch ein Sandwich zu verspeisen, bevor mein Blutzuckerspiegel zu sehr absank. Auf drei unterschiedlichen Tabletts befanden sich winzige entrindete Sandwiches, belegt mit Brunnenkresse, Eiersalat oder Tomate. Ich ärgerte mich, dass ich ein paar Stunden zuvor Chapmans üppig belegtes, köstliches Truthahn-Sandwich abgelehnt hatte, und lud einige der armseligen Mini-Dinger auf einen Pappteller.
    Ich schlenderte durch den Raum, beantwortete höflich einige Fragen nach dem Oberstaatsanwalt und versicherte meinen Gesprächspartnerinnen, Paul Battaglia die aufgetragenen Grüße auszurichten. Mit der Zeit strömten immer mehr Frauen in den Saal. Die über fünfzig Jahre alten Damen trugen Vuitton-Handtaschen und flache Ferragamo-Schuhe; ihre Frisuren, eher künstlich aufgetürmt als natürlich herabhängend, waren blondiert. Die jüngeren Teilnehmerinnen bevorzugten ganz klar Dooney und Burke, und die Ferragamo-Schuhe hatten nicht ganz so flache Absätze. Ihre blonden Mähnen schienen in der Regel natürlich zu sein, nur hier und da erspähte ich einige aufgehellte Strähnchen. Die Menge wirkte äußerlich erstaunlich homogen.
    Zehn Minuten vor Beginn meines Vortrags machte ich mich auf der Damentoilette frisch; dann betrat ich den großen Hörsaal. Mehr als zweihundert Zuhörerinnen hatten bereits Platz genommen; rasch überflog ich ein letztes Mal meine Notizkärtchen, um sicherzugehen, dass ich auch alle Punkte, über die ich in der bevorstehenden Stunde sprechen wollte, festgehalten hatte.
    Mrs. McSwain kündigte mich an, indem sie einige schmeichelhafte Punkte meines Lebenslaufs hervorhob. Dann bestieg ich das Podium, trat hinter das Rednerpult und begann meinen Vortrag.
    Ich informierte über die Geschichte der von Paul Battaglia ins Leben gerufenen Sex Crimes Prosecution Unit, die erste Einrichtung dieser Art in den Vereinigten Staaten. Mit Hilfe einiger schockierender Statistiken machte ich meinen Zuhörerinnen die traurige Bedeutung von Sexualverbrechen in unserem Land klar. Vor noch nicht einmal fünfundzwanzig Jahren – wir waren also schon alle geboren – herrschten in dieser unseren Stadt noch derart archaische Gesetze, dass von den jährlich über tausend unter dem Vorwurf der Vergewaltigung festgenommenen und angeklagten Männern lediglich achtzehn verurteilt wurden. Ein ungläubiges Raunen ging durch die Reihen.
    Dann erläuterte ich, wie sich die Gesetze verändert hatten: Ich berichtete davon, dass nun neben der Aussage des Opfers nicht mehr die eines Zeugen benötigt wurde; davon, dass Opfer nun nicht mehr vom Anwalt der Gegenseite zu ihrer sexuellen Vergangenheit befragt werden durften; davon, dass die Opfer nun nicht mehr gezwungen waren, Widerstand gegen ihre oftmals schwerbewaffneten Angreifer zu leisten, um als Opfer anerkannt zu werden. All diese Fortschritte waren allein in den vergangenen zwanzig Jahren erreicht worden.
    Ich illustrierte

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