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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Schlingen und Fallstricken jeder Art warnte, wenn ich selbst zu beschäftigt war, um darauf zu achten.
    Laura war noch nicht da, also ging ich selbst ans Telefon. Der dritte Anruf kam von Drew.
    » Guten Morgen, und ich meine wirklich Morgen . Hier ist’s nämlich erst sechs. Störe ich dich bei der Arbeit?«
    »Nein, perfektes Timing. Mein Kollege hat sich gerade verabschiedet, und die Kunden stehen noch nicht Schlange.«
    »Ich ziehe soeben die Vorhänge zurück und genieße den atemberaubenden Blick über die Bay, einfach traumhaft. Ich wollte dir noch ‘ne Chance geben und dich fragen, ob du nicht doch übers Wochenende …«
    » Ich kann nicht, Drew. Ich habe keine Ahnung, wie weit wir am Wochenende sind, aber auf alle Fälle stecken wir mitten drin.«
    »Dann komme ich mit dem Donnerstagabendflug zurück – vorausgesetzt, du hast am Wochenende Zeit für mich. Wie wär’s mit Freitagabend?«
    »Sehr gern.«
    »Okay, reservier einen Tisch. Ich melde mich später noch mal, Alex.«
    Ich blätterte in meinem Zeitplaner, um mir einen Überblick über meine Termine zu verschaffen. Kein Wunder, dass sich meine Laune so dramatisch verbessert hatte – nicht nur ein neuer Mann, nein, auch ein neuer Monat.
    Laura brachte mir einen Kaffee und ein Stück selbstgebackenen Kuchen. »Essen Sie den«, sagte sie und stellte den Teller vor mir ab. »Kommt nicht allzu oft vor, dass Sie den Tag mit ‘nem richtig guten Frühstück beginnen. Patti hat angerufen. Sie war im ECAB« – im Early Case Assessment Bureau, der Stelle, bei der täglich alle Festnahmen zusammenliefen, die zwischen acht Uhr morgens und Mitternacht stattgefunden hatten. »Sie hat ‘nen Fall, der Sie interessieren könnte; sie ist schon unterwegs zu Ihnen, zusammen mit dem Cop. Außerdem hat Ihr Zahnarzt angerufen. Soll ich den Termin zur Zahnreinigung am nächsten Montag bestätigen?«
    »Ja, bitte. Ich kümmere mich um Patti.«
    Ein paar Minuten später erschien Chapman in Begleitung von Mickey Diamond, der auf seinem täglichen Gang zur Presseabteilung mal hier, mal dort reinschaute. Der schlanke, große Reporter mit dem weißen Haar und der abgeschabten Lederjacke war schon so etwas wie eine Legende. Ich versuchte, ihn zügig abzufertigen, so dass er nicht gleich mitbekam, dass es einen neuen Fall gab, und ich war sicher, er merkte, dass ich ihn schnell loswerden wollte.
    Kaum hatte Mickey mein Büro verlassen, erschien bereits Patti Rinaldi, eine langjährige Mitarbeiterin meiner Abteilung. Sie war intelligent, nett, schlank, etwa so groß wie ich und hatte dunkles, gelocktes Haar. Im Schlepptau hatte sie Police Officer Kerrigan, den ich noch nicht kannte; während sie eintraten, verzog sich Chapman in die hintere Ecke meines Büros und blätterte sich durch die Sensationspresse.
    »Bis jetzt kamen heute zwei neue Fälle. Beim ersten handelt es sich um eine gewöhnliche Vergewaltigung – kein Problem. Ich trage ihn morgen der Grand Jury vor; die Zeugin ist sehr glaubhaft, Studentin an der New York University. Aber der andere Fall ist irgendwie verrückt, und ich dachte, du und der Boss, ihr solltet darüber Bescheid wissen. Der Name des Beschuldigten lautet Fred Werblin. Schon mal gehört?«
    »Nein«, erwiderte ich kopfschüttelnd, »sollte ich?«
    Kerrigan kicherte. Mit breitem irischen Akzent und ebenso breitem Grinsen teilte er mir seine Neuigkeit mit. »Er ist Rabbi, Miss Cooper. Können Sie sich das vorstellen? Ein Rabbi, der Frauen vergewaltigt?«
    »Langsam, Brian«, warnte Chapman ihn. »Miss Cooper ist Jüdin.«
    »Oh«, war sein überraschter Kommentar. »Das hab’ ich nicht gewusst, wirklich nicht. Der Name hört sich gar nicht so an, oder?«
    »Ellis Island macht’s möglich«, erwiderte Chapman. »Irgendein Einwanderungsbeamter hat den Namen deines Opas drastisch verkürzt, stimmt’s, Coop?«
    »War auch nicht so gemeint«, wiegelte Kerrigan ab. »Es ist nur, weil … ach, die Zeitungen haben in der letzten Woche so ein Trara um die Verurteilung dieses Priesters in Rhode Island gemacht. Der, der die kleinen Jungs belästigt hat. Schlimme Sache für die Kirche. Irgendwie fand ich’s beruhigend zu hören, dass das nicht nur bei uns passiert. Ich wollte Sie wirklich nicht beleidigen, Miss Cooper.«
    »So hab’ ich’s auch nicht verstanden, Officer. Aber eines kann ich Ihnen versichern: Sexualstraftaten kommen überall vor. Unsere Angeklagten stammen aus allen nur möglichen ethnischen, rassischen und religiösen Gruppen, aus allen

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