Notaufnahme
Donnerstagabend. Sagen Sie ihr, dass Kathleen Moore und Gil Boggs Manon tanzen, und sie wird sie Ihnen aus der Hand reißen. Falls ein Mann namens Drew Renaud anruft, stellen Sie ihn bitte durch, ganz egal, was ich gerade tue. Es ist sehr wichtig.«
Das Letzte, womit ich gerechnet hatte, war eine Dienstreise über den großen Teich. Etwas Spannenderes als Ausflüge in die Bronx, nach Brooklyn und manchmal auch nach Albany war mir in Sachen Dienstreisen noch nicht passiert. Mike und ich flogen am Mittwochabend los und würden Samstagnachmittag wieder in New York landen. Schon jetzt ahnte ich, dass sich meine Beziehung zu Drew angesichts unserer beider Terminkalender ziemlich problematisch gestalten würde.
Laura stellte ein Gespräch für Mike durch. Es war David Mitchell, der aus Maureens Krankenzimmer anrief, um sich zurückzumelden und zu hören, ob es schon etwas Neues gab.
»Versuchen Sie doch mal, etwas aus Ihren Krankenhauskumpels herauszubekommen, Doc. Eine von Dogens Kollegen hat angedeutet, dass Gemma auf dem Kriegspfad wandelte. Irgendwelche Probleme mit der Zulassung eines Studenten zu ihrem Programm. Seltsamerweise hat niemand vom Mid-Manhattan die Sache erwähnt. Vielleicht sind sie Ihnen gegenüber ja auskunftsfreudiger.«
David versprach uns, sich zu bemühen.
Mike legte den Hörer erst gar nicht auf, sondern begann, die Termine für die nächsten Vernehmungen am Minuit Medical College zu vereinbaren. Bill Dietrich erklärte sich bereit, uns sein Büro zur Verfügung zu stellen und die Ärzte, Schwestern, Praktikanten und Studenten, mit denen wir sprechen wollten, dorthin zu bestellen.
»Was für mich dabei?« erkundigte sich Mickey Diamond und verrenkte sich dabei den Hals, um einen Blick über Lauras Schulter hinweg in meinen Terminkalender zu werfen. »Dem Herausgeber hat die heutige Geschichte gefallen. Gibt’s irgendwelche Neuigkeiten?«
»Kaum zu glauben, dass Sie davon schon wissen – die Tinte auf der Strafanzeige ist noch feucht. Haben Sie’s von uns oder von der Polizei?«
»›Der geile Rabbi‹ – Seite vier der Spätausgabe. Sie wissen doch, dass ich meine Quellen niemals preisgebe.«
»Nein, ich habe nichts Neues für Sie«, knurrte Laura. »Und versuchen Sie ja nicht, mir irgendwelche Aussagen unterzujubeln. Zu einem schwebenden Verfahren sage ich gar nichts. Haben Sie mich verstanden?«
Chapman und ich schlüpften in unsere Mäntel.
»Na, wohin des Weges?« Diamond war wirklich hartnackig. »Wieder mal die Penner besuchen, Alex? Oder haben Sie inzwischen eine vielversprechendere Spur? Ich meine, ernstzunehmende Verdächtige?«
»Bitte Mike, erschieß ihn. Auf der Stelle. Wann verkrümeln Sie sich endlich, Mickey? Ist nicht bald Redaktionsschluss?«
»Nee. Ich werde Laura noch etwas Gesellschaft leisten und sehen, was ich aus ihr herausbekomme.«
Es war so gut wie unmöglich, Mickey durch Beschimpfungen oder Beleidigungen loszuwerden; er schien immun gegen alle Arten von verbalen Angriffen zu sein.
Mike und ich waren in Bill Dietrichs Büro mit Mercer verabredet. Dietrich hatte dafür gesorgt, dass im Verwaltungsratszimmer ein Lunch serviert wurde, so dass wir ohne große Unterbrechung durcharbeiten konnten.
Chapman steuerte den Wagen durch die City; der warme, sonnige Tag ließ die Stürme der vergangenen Tage vergessen. »Dietrich hat angefragt, ob jemand von der Rechtsabteilung des Krankenhauses bei den Vernehmungen dabei sein darf. Ich hab’ ihm gesagt, dass du das entscheidest.«
»Abgelehnt.«
»Ahne ich den Grund, Coop?«
»Ja. Sie wollen die Klagen gegen das Krankenhaus in Grenzen halten. Denen geht die Muffe. Seit dem Mord müssen sie bei jedem Patienten, der irgendeine Beschwerde über das Krankenhaus hat, mit einer Klage rechnen. Und das Letzte, was wir brauchen können, ist ein Anwalt des Krankenhauses, der alles, was uns jemand erzählen will, brühwarm der Verwaltung berichtet. Was meinst du dazu?«
»Ganz deiner Meinung. Ich sag’s Dietrich.«
Wir parkten vor dem Krankenhauskomplex, und Mike legte seine polizeiliche Parkplakette gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe. Der zivile Sicherheitsdienst am Eingang schien diesmal ausgeschlafen genug, um uns zu erkennen, und winkte uns ohne die übliche Ausweisprozedur durch.
Mercer erwartete uns bereits vor Dietrichs Büro. Dietrichs Sekretärin führte uns in den Sitzungsraum des Verwaltungsrats und erklärte sich bereit, Dietrich mitzuteilen, dass wir die Vernehmungen in Abwesenheit seines Juristen
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