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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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die auf halber Hanghöhe liegenden Gleise heranfahren zu können. Auch für die drei Kleinbusse der Bereitschaftspolizei war es nun tatsächlich die einzige Möglichkeit, so nah wie möglich an den Einsatzort zu gelangen. Oben angekommen, erwies sich ein mitgefahrener Kollege der Bundespolizei schließlich doch noch als hilfreich. Anhand der im 200-Meter-Abstand stehenden Kilometrierung der Bahnstrecke errechnete er, dass das Denkmal etwa 600 Meter entfernt in Richtung Ulm stehen musste. Die Beamten, die ihre dunkelgrünen Einsatzoveralls trugen, eilten entlang des Schotterbetts vorwärts, während über ihnen der Rotor des Hubschraubers knatterte, der die Strecke abflog und sich bei jeder Wende wieder ein Stück weiter hangaufwärts orientierte.
    Unterdessen durchkämmten Einsatzhundertschaften das Gelände auf der Anhöhe. Ihr Auftrag war vergleichsweise einfacher, denn sie hatten es dort nur mit einer sanften Hügellandschaft zu tun. Die Getreideflächen reichten dicht an den steilen Hangwald heran. Und aus den Feldern, die im Sonnenlicht ockergelb leuchteten, ragten nur die paar Gehöfte von Hofstett am Steig hervor, knapp 50 Einwohner gab es dort.
    Als die grünen Mannschaftstransportfahrzeuge durch die Ansiedlung gerollt waren, hatte eine alte Bauersfrau vorsichtig ihr Scheunentor einen Spalt weit geöffnet, um aus respektvoller Distanz den Aufmarsch der Uniformierten zu beobachten. Am Ende der Besiedelung, wo die Straße nur noch in Feldwege mündete, bogen die Busse rechts ab, um noch knapp 100 Meter zum Waldrand hinüberzurollen. Vor einem Stahlmast, der eine Vielzahl von Antennen trug, wurden die Fahrzeuge abgestellt. Die Uniformierten, deren Overalls an eine Kampfuniform erinnerten, stiegen aus und bildeten einen Halbkreis, um sich vom Einsatzleiter die örtlichen Gegebenheiten und die Aufgabe erläutern zu lassen.
    Zwei junge Beamte erhielten den Auftrag, sich bei den Bewohnern des kleinen Weilers nach Auffälligkeiten zu erkundigen. Immerhin, so hatte Häberle dies begründet, hätte sich der Gesuchte von hier oben am einfachsten abholen lassen können – sofern er überhaupt Ortskenntnis besaß und wusste, wo er gestrandet war.
    Während sich die Suchtrupps dem Wald zuwandten, über dem sich das Geräusch des Hubschraubers ausbreitete, machten sich die beiden jungen Beamten auf den Weg zurück zur Ansiedlung. Da diese nur aus rund einem Dutzend Wohnhäusern bestand, erschien ihnen ihre Aufgabe nicht sonderlich umfangreich. Sie entschieden sich, im Uhrzeigersinn vorzugehen: links die Straße runter, auf der anderen Seite zurück. Doch bereits am ersten Haus, das Bestandteil eines großen landwirtschaftlichen Anwesens war, öffnete niemand. Stattdessen zerrte vor dem Scheunenanbau ein wild bellender Schäferhund an seiner Kette.
    An drei weiteren Gebäuden zeigten sich zwar die Bewohner, doch gaben sie den jungen Beamten wortkarg zu verstehen, dass ihnen in der letzten Stunde nichts aufgefallen sei und sie außerdem gar keine Zeit hätten, ständig auf die Straße zu schauen.
    An einem der letzten Häuser auf der linken Seite öffnete eine misstrauisch dreinblickende ältere Frau.
    »Entschuldigen Sie«, versuchte einer der beiden Männer ihr die Angst vor den Uniformen zu nehmen. »Wir kommen von der Polizei und führen eine kurze Befragung durch.« Die kleine Frau sah zu den Besuchern auf und vermochte offenbar den Erklärungen nicht zu folgen.
    »Polizei? Wieso denn Polizei?«, fragte sie ungläubig, worauf der Beamte wiederholte, dass es sich um eine Befragung handle, weil man einen unbekannten Mann suche.
    »En Mann, so? En Mann?«, wiederholte die Frau auf Schwäbisch. Sie schien bereits weit in den Achtzigern zu sein. Ihr faltiges Gesicht hatte der Albwind in all den Jahrzehnten gnadenlos gegerbt.
    »Einen Fremden, ja«, erklärte der andere Beamte, »einer, der nicht hierher gehört. So einer müsste doch auffallen.«
    »Fremde kommat hier selten vorbei. Hier hört nämlich d’Welt auf.« Die Alte lächelte.
    »Eben. Deshalb könnte es doch sein, dass Ihnen jemand aufgefallen ist.«
    »Sie meinat den mit dem hella Mantel?«, zeigte sich die Älblerin jetzt interessiert.
    »Ob er einen hellen Mantel getragen hat, wissen wir nicht. Aber wenn er Ihnen aufgefallen ist …«
    »Er hat richtig fein ausg’sehn, der Mann«, gab sich die Frau jetzt gesprächiger. Sie hatte offenbar bemerkt, dass ihre Beobachtung wichtig sein würde. »Er isch über d’Wies komma, vom Wald rüber.« Sie machte mit dem

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