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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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greifen und melden würde, dass der Deutsche jetzt das Lokal verließ?
    Hocke beschleunigte seine Schritte, zögerte an der Toilette, zog es aber dann vor, schnellstens zu verschwinden. Vorbei an exotischen Grünpflanzen und einem Bachlauf erreichte er den Vorplatz. Dort, so erinnerte er sich, hatten Taxis gestanden.
    Schlagartig fiel ihm ein, dass er keine Ahnung hatte, wie sein Hotel hieß. Er fingerte im Jackett nach der Visitenkarte, auf der die Adresse in chinesischen Schriftzeichen vermerkt war. Wo hatte er das Ding denn bloß hingetan? Hocke sog die kühlere Luft in sich ein, sah zu seiner Erleichterung auf dem hell erleuchteten Vorplatz ein Taxi und steuerte darauf zu. Links davon standen zwei Männer, die sich in den Schatten eines Strauches verdrückt hatten. Hocke versuchte, sie zu ignorieren, ging auf eines der Taxis zu und öffnete die Beifahrertür. Bevor er einstieg, griff er hastig in sämtliche Taschen, bis er endlich auf die Visitenkarte des Hotels stieß, sie dem Fahrer vorhielt und dann einstieg. Der Mann hinterm Steuer, ein älterer Herr mit dunkler Hautfarbe, studierte die Aufschrift des Kärtchens, als habe er so etwas nie zuvor in seinem Leben gesehen. Unterdessen näherte sich dem Taxi von hinten links ein Mann. Hocke sah es im Augenwinkel. Doch es war zu spät, um den Chauffeur endlich zum Losfahren zu bewegen …
     

23
    Häberle hatte voll aufs Gaspedal getreten, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Er war am Inntaldreieck abgebogen und sah nun die Berge auf sich zukommen. Für einen Moment verdrängte er die Gedanken an den Fall und gab sich der Schönheit dieser Landschaft hin. Wie oft hatte er sich bei der Fahrt über den Brenner schon überlegt, wann wohl die Menschheit erstmals diesen Übergang über die Alpen entdeckt haben mochte. Damals musste dies alles ziemlich beschwerlich gewesen sein, doch nachdem mit Brachialgewalt ein Autobahnband durch diese einsame Stein- und Tallandschaft gezogen worden war, machten sich die Menschen auf dem Weg in den Süden kaum noch Gedanken, dass sie jetzt durchs Gebirge fuhren.
    Als er an der Ausfahrt Kiefersfelden vorbeifuhr, wurde Häberle schlagartig bewusst, dass er soeben einen Ort passierte, der schon mehrfach in den Akten aufgetaucht war. Auf dem Rückweg würde er dort vorbeischauen. Vermutlich morgen, wenn alles so lief, wie er es sich vorstellte.
    Den wiederholten Hinweis auf das rot-weiße Pickerl, wie in Österreich die Autobahnmautplakette genannt wurde, empfand er jedes Mal als üble Drohung der alpenländischen Wegelagerer, wie er sich auszudrücken pflegte. Den Aufkleber hatte er sich noch schnell am Rasthaus Irschenberg besorgt und an die Frontscheibe des Dienstwagens geklebt. Vermutlich würde er später wieder vergessen, die Kosten dafür abzurechnen. Irgendwie, so schien es ihm, blendete sein Gehirn alles aus, was mit unsäglichem Bürokratismus zu tun hatte. Ihm schauderte es bei dem Gedanken, wieder mehrere Formulare ausfüllen zu müssen, auf denen es ohnehin nie Spalten für das gab, was er eigentlich angeben wollte. Allein schon an der Gestaltung solcher Formblätter war für ihn ersichtlich, dass die Erfinder dieser Vordrucke nie praktische Arbeit geleistet hatten. Häberle spürte, wie sich in ihm wieder sein üblicher Zorn auf die allgegenwärtige Bürokratenwelt zusammenbraute. Die elektronischen Töne des Handys, das in der Freisprecheinrichtung steckte, holten ihn in die Gegenwart zurück. Es war Linkohr, der ihn von seinem Gespräch mit Rieder unterrichtete, vor allem aber darüber, dass er dabei auf den Namen Ringeltaube gestoßen sei. Häberle konnte für einen Moment nichts damit anfangen, zumal er sich auch gerade auf das Überholen eines italienischen Sattelzugs konzentrieren musste.
    »Ringeltaube?«, wiederholte er deshalb.
    »Ja, das ist die mit dem angemieteten Golf, erinnern Sie sich? Sie hat das Auto unseres unbekannten Toten gemietet – in Bozen. Und sie hat eine Adresse in Lana angegeben.«
    Häberle nickte und brummte zustimmend. Soeben erreichte er Österreich.
    »Wir haben auch ihre hiesige Adresse – in Halzhausen bei Lonsee«, erklärte Linkohr weiter. »Aber es scheint niemand daheim zu sein. Ein Kollege war dort.«
    »Wir müssen in die Wohnung rein«, entschied Häberle spontan. Immerhin bestand nach allem, was ihm sein junger Kollege berichtet hatte, die Möglichkeit, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte. Sie war offenbar mit dem Mercedes unterwegs gewesen und nun spurlos verschwunden.

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