Notbremse
ging.
»He says, that you will come to Forbidden Town, tomorrow morning, eleven o’clock. On south entrance, you know?«, sagte der Taxifahrer in einem Englisch, das Hocke sofort verstand, weil es genau so abgehakt und langsam klang, wie wenn er selber sprach. Morgen früh, 11 Uhr zum Südeingang der Verbotenen Stadt. Der Taxifahrer deutete auf den Gebührenzähler und verlangte den vollen Betrag, obwohl ihm der andere Fahrgast bereits Geld zugesteckt hatte. Hocke wollte deswegen keine Diskussion anzetteln. Er war froh, dass er sein Ziel heil erreicht hatte.
Ausgestanden war die Angelegenheit aber noch lange nicht. 11 Uhr morgen Vormittag, prägte er sich ein. Südeingang zur Verbotenen Stadt. Immerhin war es dann helllichter Tag und dieser historische Teil Pekings reichlich mit Touristen bevölkert. Während er zur Eingangstür des Hotels ging, malte er sich aus, was dort morgen Vormittag geschehen konnte. Er betrat das hell erleuchtete, jedoch eher an DDR-Zeiten erinnernde Foyer, um links in Richtung Frühstücksraum zu gehen, hinter dem sich die Aufzüge befanden.
Die beiden Bediensteten hinter der Rezeption warfen ihm einen kurzen Blick zu und nickten. Schräg gegenüber, auf den gepolsterten Sitzgarnituren, erspähte Hocke nur einen einzigen Mann, augenscheinlich chinesischer Abstammung. Vermutlich ein allein reisender Geschäftsmann, dachte Hocke, während sich ihre Blicke trafen. Allerdings fiel ihm auf, dass er kein Getränk vor sich stehen und nicht mal etwas zum Lesen dabei hatte. Offenbar schien er auf jemanden zu warten.
Kaum hatte Hocke den Frühstücksraum erreicht, dessen dunkles Mobiliar ihn finster erscheinen ließ, erhob sich der Mann aus seinem Sessel. Aber das konnte der Deutsche, der inzwischen den Gang mit den Aufzügen erreicht hatte, nicht mehr sehen.
Er brauchte nicht lange zu warten, bis sich mit einem akustischen Signal ein Lift bemerkbar machte und eine Tür aufschwenkte. Hocke betrat die Kabine. Noch bevor er realisieren konnte, was um ihn herum geschah, hatte sich der Chinese, den er gerade eben noch für einen Geschäftsmann gehalten hatte, an der sich schließenden Tür vorbei zu ihm hereingequetscht. »Hello, Mr. Hocke«, sagte der Mann und grinste ihn mit seinen schmalen Augen an. Hocke bekam weiche Knie.
25
Fludium hatte noch einmal die Wahlwiederholung gedrückt. Doch auch diesmal meldete sich nur die automatische Ansage, wonach die angewählte Person vorübergehend nicht erreichbar sei. Wenn er es richtig verstanden hatte, dann hatte sich der Angerufene mit »Hocke« oder so ähnlich gemeldet. Der Vorname war Dieter gewesen. Er schrieb beides auf ein Blatt Papier. Nach allem, was die italienische Telefongesellschaft mitgeteilt hatte, befand sich das angerufene Handy in China und wurde dort offenbar von einem Deutschen genutzt. Der Name Hocke allerdings war bislang in den Akten nicht aufgetaucht. Zumindest konnte er sich nicht daran erinnern. Er startete deshalb auf der Festplatte jenes Rechners, in dem sämtliche Protokolle gespeichert waren, einen Suchlauf. Doch nach kurzer Zeit stellte der Computer fest, dass es kein Dokument mit diesem Inhalt gab.
Fludium lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und versuchte, aus den bisher bekannten Zusammenhängen ein klares Bild zu konstruieren. Da gab es also zwei Handys, die auf einen derzeit verschwundenen Chinesen angemeldet waren, der im Südtiroler Naturns wohnte und dort auch eine ordnungsgemäße Arbeitserlaubnis hatte. Eines der Handys war vorgestern bei dem Toten im ICE gefunden worden, das andere wurde irgendwo im weiten China genutzt. Es musste also einen gemeinsamen Punkt geben, an dem des Rätsels Lösung lag. Wenn er wüsste, wer Hocke war, dann wäre ein entscheidender Schritt getan, stellte Fludium erneut fest. Er war gerade dabei, sich auszumalen, was dies alles mit dem ICE und möglicherweise mit dem Ermordeten in der alten Mühle zu tun haben könnte, mit den dort angeblich gelagerten Kisten und Kartons und mit diesem Baggersee bei Kiefersfelden, als Linkohr unvermittelt in das Büro stürmte.
Die beiden Kriminalisten tauschten ihre Erkenntnisse der letzten Stunden aus. Linkohr hielt die allerneueste Nachricht aber bis zum Schluss zurück. »Die Stuttgarter haben den Papierfetzen – du erinnerst dich, aus dem Lagerraum der Mühle – mit großer Wahrscheinlichkeit als Teil eines Anschriftenaufklebers identifiziert. Und dreimal darfst du raten, was ich vermute, zu welchem Wort die drei Buchstaben z-e-n gehören
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