Notizen einer Verlorenen
ertönte ein böses Knurren.
»Um Gottes Willen, halten Sie still!«, rief Franziska.
Jetzt geriet ich erst recht in Panik. Ich hasse Hunde, schon immer! Und sie hassen mich! Diese Viecher riechen meine Angst vor ihnen und gieren fast danach, mich zu zerfleischen, wenn sie mich nur sehen. Ich starrte auf das geifernde Maul an meinem Arm, das zwischen den Säumen der Jacken und Mäntel hindurch knurrte und überlegte, womit ich dieses Tier erschlagen könnte, bevor es mir den Arm zerbiss.
»Ganz ruhig!«, Franziska legte ihre Hand auf meinen Oberarm.
»Aus, Zeus! Aus! Lass los!«, befahl sie mit einer derart harten Stimme, wie ich sie ihr nicht zugetraut hätte.
Sie konnte ganz schön energisch werden, die kleine Frau, und sie zeigte zu meinem Beschämen keinerlei Angst vor dem Hund. Dabei war sie eine noch leichtere Beute für das aggressive Tier. Doch sie griff beherzt zwischen mich und dem Maul des Hundes und versuchte ihr Bestes, mich zu befreien.
»Zeus! Zurück!«
Eine männliche Stimme rief hinter der Garderobe und endlich gehorchte der Hund. Er riss seine Zähne mit unendlichen Speichelfäden auseinander und gab mich frei. Schmerzvoll rieb ich meinen vollgesabberten Arm. Buchheim kam hinter der Garderobe hervor; ich hätte es mir denken können. Grob packte er den hechelnden Hund am Halsband und bedeutete ihm streng mit dem Zeigefinger, sich zu setzen, was er sofort befolgte.
»Können Sie das Vieh nicht festbinden?!«, schrie ich ihn an. »Solche Tiere sollte man als Halter im Griff haben.«
»Er hat Sie doch nur festgehalten, Frau Look. Glauben Sie mir, wenn er gedurft hätte, hätte er Sie in Stücke gerissen. Dieser Hund gehorcht mir aufs Wort.«
»So? Was haben Sie ihm denn befohlen, bevor er mich angegriffen hat?«
Franziska ging dazwischen. »Hat er Ihnen wehgetan? Zeigen Sie mal.« Sie streifte in ihrer mütterlichen Art den Ärmel meiner Bluse hoch und betrachtete die dunkelblauen Punkte auf meiner Haut. »Dafür gebe ich Ihnen gleich eine Salbe.«
»Lassen Sie mal!« Wütend krempelte ich den Stoff zurück. »Aber die Bluse ist hin!«, ärgerte ich mich, dabei war nicht einmal ein Loch zu sehen. Allein der Sabber schien mir Grund genug, sie wegzuwerfen.
Nach einem Handzeichen von Buchheim verzog sich das Untier in das Niemandsland hinter der Garderobe. Nicht einmal jetzt sah er sich genötigt, den Hund festzubinden.
Das Ereignis hatte für etwas Aufsehen gesorgt und nun wurden wir doch von Weitem neugierig beobachtet. Marc stand müde in sicherer Entfernung zu mir und der Garderobe und wartete teilnahmslos, bis ich näherkam.
»Danke auch, dass du so feige danebengestanden hast!«, zischte ich ihm zu.
Mit offenem Mund sah er mich an. Ich schätze, mein kochender Blick hielt ihn von einer passenden Antwort ab. Warum verachtete ich ihn so? Ich hasste ihn in diesem Moment fast mehr als diesen Buchheim. Meine ganze Wut aus wochenlangem Stress entlud sich innerlich bloß auf Marc. Es befriedigte mich fast, ihn zu beleidigen und ich hätte ihm am liebsten meine ganze Erbitterung in sein verunsichertes Gesicht geschrien. Seine Tatenlosigkeit kotzte mich an!
Franziska ging mit schnellen kleinen Schritten vor und führte uns an einen der Tische, um den vier der Vereinsmitglieder saßen, drei Männer und eine Frau. Auch Alexander setzte sich dazu.
»Was war denn los?«, fragte er besorgt.
»Einer der Hunde hat nach mir geschnappt!«
»Tatsächlich?«
Alexander fand es anscheinend amüsant und er grinste frech. Das ärgerte mich. Nahm er mich nicht ernst? Er klopfte auf den freien Sitz auf dem Sofa neben sich, doch ich nahm, wie Marc, auf einem der unbesetzten Sessel Platz, die vor dem Tisch standen. Neben saß mir ein junger Mann mit blasser Haut und rötlichem Spitzbart. Marc setzte sich auf die andere Seite dieses schmächtigen Rotschopfes, der uns etwas befremdlich musterte. Munter schenkte Alexander Weißwein ein und stellte uns den anderen vor. Der Junge neben uns hieß Kevin, die junge Frau auf dem Sofa hieß Larissa. Sie sah aus, wie ein zerbrechliches Wesen, das man nicht anschreien durfte, und trug eine Mütze auf dem Kopf. Die Namen der anderen beiden Männer vergaß ich fast augenblicklich. Mir fiel nur auf, dass auch sie auffallend jung waren.
Nach ein paar Minuten verlegenen Schweigens knüpften die drei auf dem Sofa wieder an ihre vorherigen Gespräche an. Kevin aber wandte sich mir interessiert zu.
»Sie sind also neu bei uns!?«
»Ja, sozusagen.« Ich fühlte mich noch
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