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Notizen einer Verlorenen

Notizen einer Verlorenen

Titel: Notizen einer Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Vullriede
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Augenblicke später wurde mir klar, wie wenig Vorstellungskraft ich bislang dazu entwickelt hatte. Meine Fantasie reichte nicht aus, um mit ihrem makabren Einfallsreichtum mitzuhalten. Nein, darin waren sie mir um Längen voraus.
    Kevin stimmte sich kurz mit seinen Mitstreitern ab und winkte mich anschließend heran. Es war nicht selbstverständlich, dass sie mich in ihr Geheimnis einweihten.
    »Aber pst! Wir möchten nicht, dass uns jemand die Idee klaut, klar?! Wir wissen nämlich noch nicht, ob wir es wirklich heute bekannt geben.« Kevin flüsterte es und die anderen blickten mich verschwörerisch an.
    »Wer sollte eure Idee klauen?«
    »Naja, du bist noch nicht so lange dabei und ich weiß ja nicht, was du selbst mal vorhast. Es gibt eine Art internen Wettstreit unter den Mitgliedern, möglichst originelle Einfälle zu präsentieren. Eine schon einmal da gewesene Vorstellung will ja wohl niemand nachmachen.«
    Er nahm mich bei der Hand und zog mich in ihre Mitte. »Sieh dir das an!«
    Andächtig öffnete er das von mir so begehrte Faltblatt. Was ich darauf zu Gesicht bekam, fesselte mich aber keineswegs. Ich konnte nichts von ihrem Plan ablesen. Es war nichts, als ein bemaltes Blatt Papier, am Rand beschrieben mit Daten und Uhrzeiten.
    »Na? Was sagst du?«
    Erwartungsvoll sahen sie mich an. Doch ich musste passen. »Das sagt mir nichts.«
    »Aber das erklärt sich doch von selbst!«, meinte Kevin entrüstet.
    Peinlich berührt nahm ich mir das Blatt noch einmal vor und untersuchte es genauer. In drei Kreisen auf dem Papier entdeckte ich die Namen der drei jungen Leute, Kevin, Patrick und Tim. Dort wollten sie sich also positionieren. Aber zu was? Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, was sie vorhatten.
    »Aha!«, sagte ich deshalb einfach.
    »Und? Was sagst du nun?«
    »Tja … nicht schlecht.«
    »Nicht schlecht?! Ich glaube, du hast keine Ahnung, wie schwierig das sein wird.«
    Doch Kevin fasste mich sogleich beschwichtigend am Handgelenk. »Aber das macht nichts. Wer selbst kein Fallschirmspringer ist, macht sich keine Vorstellung davon. Von Weitem betrachtet sieht ja alles so leicht und einfach aus. Die springen da ab und formieren sich. Alles ganz easy! So ist es aber nicht!«
    Erneut flüsternd tauschte sich Kevin mit Tim und Patrick aus und nach deren zustimmendem Nicken hob er seine Hand, um die übrigen Freunde im Haus auf sich aufmerksam zu machen.
    »Hallo … wenn ihr alle mal zuhören würdet?!«
    Man horchte auf. Neugierde machte sich breit, anscheinend ahnten sie, was jetzt gesagt würde, und bald fanden wir uns von allen umringt. Nur Buchheim blieb mit aufmerksam erhobenem Kopf bei dem niedergeschlagenen Jochen sitzen.
    Bedeutungsvoll legte Kevin eine so lange Pause ein, bis alle ihre aufgeregten Unterhaltungen eingestellt hatten. Dann nahm er sich einen Stuhl und stellte sich darauf, um in die Runde zu blicken. »Ich gebe bekannt, dass meine Freunde und ich …«, er wies auf seine beiden lächelnden Begleiter, »… unseren Plan zu unserer Verabschiedung vollendet haben.«
    Erfreute Unruhe bewegte die kleine Menge um die drei jungen Männer.
    »Unser Plan sieht wie folgt aus …«
    Patrick und Tim hielten, auf Kevins Zeichen hin, das Faltblatt ausgebreitet in die Höhe, damit es jetzt von jedem eingesehen werden konnte. Kevin nahm ein langes Lineal als Zeigestock und wies während seiner Ausführungen auf die dort eingezeichneten Symbole.
    »… sobald wir mit dem Flugzeug gestartet sind, werden wir eine Meldung an die Wartenden geben und uns für den Absprung vorbereiten. Vorbereiten bedeutet, unsere zuvor aus Alibigründen angelegten Fallschirme abzulegen. An diesem hier als Kreis eingezeichneten Punkt werden wir abspringen, uns zu einer Dreierfigur formieren und genau auf diesem Feld auftreffen – Hand in Hand.« Er wies auf einen Kreis auf dem Blatt. »Dort …«, sein Lineal berührte einen weiteren Fleck. »… ist unser Haus am Waldrand und ihr könnt aus sicherer Entfernung an unserem Lebensende teilhaben.«
    Während mir der Mund offen stehen blieb, erklang Beifall und die Mitglieder machten große Augen wegen dieser spannungsreichen Aussichten. Nur Larissa fand ich weniger begeistert. Sie stand etwas entfernt und verfolgte Kevins Bekanntgabe ohne besondere Freude. Sie klatschte auch nicht und ich vermutete, der Grund für ihre Zurückhaltung lag bei Kevin, mit dem ich sie oft genug Arm in Arm gesehen hatte.
    »Wann soll das denn stattfinden?«, rief Buchheim von hinten, den

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