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Notizen einer Verlorenen

Notizen einer Verlorenen

Titel: Notizen einer Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Vullriede
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Fahrbahn kroch, bauten sie sich knurrend vor mir auf. Ich sah sie nur noch wie durch einen trüben schmierigen Film.
    Auf einmal hörte ich von hinten das Geräusch eines Autos. Es hielt neben mir und eine Tür öffnete sich.
    »Zeus! Odin! Aus!!«
    Mein verschleierter Blick versuchte zu bestätigen, was meine Ohren mir vormachten zu hören. Ich blinzelte. In der trüben Suppe, die meine Sicht erschwerte, sah ich die Silhouette eines Mannes und seinen Arm aus dem Auto heraus auf mich zuschießen. Er griff nach meiner Hand.
    »Steig ein, Sarah.«
    Es war Alex!
    »Komm, steig ein! Ich weiß nicht, wie lange die Hunde wirklich auf mich hören.«
    Wankend stieg ich mithilfe seines starken Armes in den Wagen. Alex beugte sich über mich hinweg zur Beifahrertür und schloss sie, gerade, bevor die Hunde mich anspringen konnten. Er legte den Gang ein und wendete den Wagen.
    Ich sah ihn von der Seite an, während er wortlos den Wagen lenkte. Da saß er neben mir. Alex, der tot war, der wieder auferstanden war, mit Buchheim und Franziska irgendetwas gegen mich ausgeheckt hatte und mich nun vor den bissigen Ungetümen im Wald gerettet hatte – ein Mensch mit vielen Gesichtern, den ich niemals durchschauen würde.
    »Danke«, flüsterte ich. Mein Hals schmerzte.
    Alex sah nur kurz zu mir herüber und sagte nichts. Dann, nach einiger Zeit, legte er mir eine Hand auf mein Knie. Er lächelte. Ich lächelte müde zurück und ließ mich in das Gefühl von Sicherheit fallen.
    Wir fuhren am Waldrand entlang und die kahlen Bäume bewegten sich wie im Film an mir vorbei. Ich fragte mich, ob die Hunde jetzt alleine zurückfinden oder ob sie ewig durch den Wald irren würden.
    »Buchheim fiel durch diese Öffnung von der Zwischendecke in der Scheune«, sagte ich und blickte Alex unsicher an.
    »Franziska fährt ihn gerade ins Krankenhaus«, sagte er, ohne mich anzusehen.
    Beruhigt wendete ich mich wieder den Bäumen zu, aber der Wagen entfernte sich jetzt vom Wald und fuhr über eine unebene Schotterstraße. Unsere Körper schaukelten von Schlagloch zu Schlagloch. Dann stoppte Alex, stieg aus, lehnte sich an die Haube des Autos und nahm ein paar Schlücke aus einer kleinen Flasche, die er aus seiner Jackentasche hervorholte.
    Zuerst blieb ich sitzen, erschöpft von den Erlebnissen und der Hetzjagd durch den Wald. Ich machte mir noch keine Gedanken, wie alles weitergehen sollte. Dafür war ich einfach noch nicht klar genug. Nach einer Weile stieg ich ebenfalls aus und stellte mich vor Alex. Er sprach immer noch nicht und sah an mir vorbei, während er an der Flasche nippte. Was er wohl dachte? Wer sollte je wissen, was dieser Mann dachte? Ich folgte seinem gedankenverlorenen Blick zu einem Holzhaus, ein paar Meter von uns entfernt.
    Der Anblick durchfuhr mich wie ein Blitz! Wir parkten direkt vor der alten Scheune, aus der ich eben noch geflohen war! Entsetzt fuhr ich Alex an: »Warum bringst du mich wieder hierhin zurück?«
    Er leerte die Flasche. Dann warf er sie auf den Boden und trat die Scherben weg.
    »Alex, ich will nicht hier sein! Kannst du uns bitte woanders hinfahren? Was auch immer dazu führte, dass du deinen Tod vorgetäuscht hast und plötzlich wieder auftauchtest – lass uns morgen darüber sprechen.«
    Langsam hob er den Kopf und sah mir endlich wieder in die Augen. Ich dachte noch, wie schön seine Augenfarbe doch sei und wie sehr ich ihn vermisst hatte. Da packte er mich unter eine Achsel und zog mich mit großen Schritten in Richtung Scheune.
    Er lief so schnell, dass ich stolperte, doch er wartete nicht, bis ich aufstehen konnte, sondern zog weiter. Ich sah das Scheunentor, erblickte diese Maschine, die er gebaut hatte und ein Gefühl unbeschreiblicher Angst ergriff mich.
    Mit aller Kraft stemmte ich mich mit meinem ganzen Körper gegen seine Laufrichtung, ließ mich hängen, um es ihm schwerer zu machen, doch Alex zog mich weiter. Als sich mein Arm aus seiner Hand löste, zerrte er mich an den Haaren so lange voran, bis wir in der verfluchten Scheune standen. Dort stellte er mich ab, wie eine Puppe. Ich weiß nicht, warum ich da stehen blieb. Es war die wahrscheinlich beste Möglichkeit für mich, zu fliehen. Doch wohin sollte ich? In den Wald zu den Hunden? Den Weg entlang? Aufs offene Feld? Alex hätte mich in weniger als einer Minute wieder eingefangen.
    Er ging in aller Ruhe zu seinem Kunstwerk, füllte die Cola in die Tasse, legte das Bonbon auf die kleine Halterung und zündete die Kerze an.
    »Alex?« Ich

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