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Notizen einer Verlorenen

Notizen einer Verlorenen

Titel: Notizen einer Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Vullriede
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alle Schubladen meiner Erinnerungen und fanden so viele unbeantwortete Fragen, dass sie mir den Schlaf nicht gönnten. Irgendwann beschloss ich, die restlichen Stunden oberhalb der Leiter auf dem Dachboden zu verbringen. Die morschen Bretter, mit denen Alex eine Dachöffnung provisorisch vernagelt hatte, sprengte ich mit einem Schraubendreher ab, den ich dort oben fand. Ihre Splitter verteilten sich um meine Füße und ich schob das pilzbefleckte Holz mit den Schuhen zur Seite. Ich wollte die Sterne sehen. Der Abend war klar und kalt. Aus meinem Rucksack holte ich den Schlafsack, kroch hinein und spürte die eisige Luft, die durch meine Strickmütze drang. Sie tat meinem Kopf gut.
    Es war bereits hell, als ich die Augen wieder öffnete und ich blickte direkt auf einen blauen Himmel. Die Luft wehte leicht frostig durch die Dachöffnung. Draußen war alles still. Ich stieg nicht sonderlich warm aus meinem Schlafsack, aß ein mitgebrachtes fast gefrorenes Brot und trank ebenso kalten Tee aus einer Thermoskanne. Dann schluckte ich die letzten Tabletten. Noch immer war ich mir nicht sicher, wohin mich dieser Ausflug bringen würde.
    Auf einmal hörte ich von draußen Autotüren zuschlagen und Stimmen näher kommen. Hunde kläfften und entfernten sich. Eilig packte ich oben auf dem Boden der Zwischendecke meine Sachen wieder in den Rucksack. Hatten die anderen Vereinsmitglieder die gleiche Idee wie ich und wollten Alex' letzte Stätte noch einmal sehen?
    Jemand drückte die Tür auf und das Licht der noch tief stehenden Sonne erhellte die Scheune. Ich spähte heimlich von oben auf den Eingang, sah aber nur einen langen Schatten, der sich hin und her bewegte. Er schob die Tür immer weiter auf und ging weg. Ich hörte wieder die Autotür, er kam zurück und trug irgendetwas auf Händen. Dann wurde er sichtbar. Vor seinem Gesicht bepackt mit langen Holzbrettern wankte er unter der Last herein und lud sie schwer fallend auf dem Scheunenboden ab. Von hinten erkannte ich diese Hose mit den Bundfalten und die glänzenden Schuhe sofort. Es war Buchheim!
    Ich wollte auf keinen Fall diesem Schwein begegnen. Auf Knien zog ich mich leise von meinem Standort zurück und hielt inne, verließ mich nur auf meine Ohren und folgte den Geräuschen des Mannes. Seine Schritte hallten rein und raus und jeweils ein dumpfer Aufprall unterbrach diese Schritte, als brächte er noch mehr Gegenstände herein. Jedes Mal, wenn er die Scheune verließ, hoffte ich auf das Geräusch einer zuschlagenden Tür und eines startenden Motors. Doch darauf wartete ich vergebens. Als es eine Weile ruhig blieb, wagte ich mich vorzubeugen und nach unten zu blinzeln. Er stand vor der Scheunentür und rauchte. Ich sah seinen Schatten. Dann ertönte ein freudiges Gebell und die Konturen zweier Hunde tauchten auf, die er tätschelte und die sich wieder entfernten. Verdammt, warum musste er ausgerechnet heute hier herkommen? Unentschlossen blieb ich oben in meinem Versteck und wartete ab. Dann hörte ich, dass Buchheim mit jemandem sprach. Es war die Stimme einer Frau. Ich konnte zunächst nichts verstehen, weil sie sich zu weit entfernt aufhielten. Sie lachten und währenddessen kamen sie näher. Buchheims Schritte führten direkt in die Scheune.
    »Bis jetzt kann ich deine Zuversicht nicht teilen«, sagte er.
    »Und ich sage, je länger das Miststück zögert, desto weniger die Chance, dass sie es tut. Du hast deine Wette verloren.«
    Ich horchte völlig überrascht auf. Das war doch Franziskas Stimme. Miststück? Eine sehr grobe Ausdrucksweise für die freundliche kleine Frau. Es machte mich gleich neugierig darauf, wer das Miststück sein sollte. Meinen vage aufgekeimten Plan, mich doch zu erkennen zu geben, gab ich vorerst auf und ich presste mich mit dem Rücken an die Wand, um nicht entdeckt zu werden.
    »Und ich habe sie gewonnen!«, meinte Buchheim in bissigen Tonfall. »Die Frage ist, was wir jetzt tun. Wenn die Kleine nicht alleine darauf kommt, werden wir nachhelfen müssen.«
    Verwundert dachte ich an Larissa, das einzige Mädchen unter den Mitgliedern des Vereins. Aber was hatte sie Franziska getan, das sie als Miststück herabwürdigte? Franziskas Stimme klang ganz anders, als sonst. Nichts daran erinnerte mehr an ein liebenswürdiges Mütterchen. Sie klang hell und fiepsig wie immer, dabei aber gleichzeitig hart und kaltherzig. »Ja – sie weiß zu viel von uns!«
    Eine kleine Pause entstand. Mindestens einer der Hunde kam in die Scheune gerannt. Seine

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