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Notizen einer Verlorenen

Notizen einer Verlorenen

Titel: Notizen einer Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Vullriede
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sehen, die langsam nach oben kletterten. Buchheims Beine! Ich riss mich hoch und sah mich hektisch um. Wohin? Es gab keine Versteckmöglichkeit hier oben. Mein Rucksack! Planlos kroch ich zu dem in der Ecke stehenden Rucksack, der mich so eben verdecken konnte, wenn ich mich nur klein genug dahinter kauerte. Buchheims Tritte kamen oben an. Stille. Nicht einmal der Hund bellte. Dann raschelte wieder Kleidung und er polterte auf meine Holzdielen. Schritte kamen näher. Was jetzt?
    Ich wartete noch zwei Sekunden. Dann sprang ich mit dem Rucksack vor meinem Bauch und einem irrsinnigen Schrei auf, der all meine Angst und Schmerzen in die Welt sprengte. Ich raste nach vorne, spürte einen Widerstand gegen meinen Rucksack, und schob ihn rücksichtslos von mir, bis er plötzlich nachgab. Buchheim schrie. Ich sackte in ein Loch und stürzte. Im letzten Moment griff ich nach der Leiter und umschlang die Sprossen mit meinen Beinen. Entsetzt blickte ich nach unten. Buchheim lag am Ende der Leiter, daneben mein Rucksack, umringt von seinen winselnden Hunden. Er rührte sich nicht.
    Von draußen kam Franziska in die Scheune gerannt.
    »Günter?!«
    Franziska blieb stehen und starrte entsetzt auf Buchheim, der jetzt seinen Kopf bewegte, und anschließend auf mich, wie ich noch immer die Leiter umarmte. Dann schrie sie grell auf. Dieser Schrei konnte niemandem entgehen. Angestrengt wand ich mich auf den Dachboden zurück. Ich sah, wie Franziska sich auf Buchheim warf.
    Das Fenster im Dach! Ich musste hier raus! Vor dem Fenster war eine Kurbel befestigt und ein Seil. Die Autos standen auf der anderen Seite der Scheune. Meine Chance, von hier aus zu fliehen, schien mir größer, als bei dem Weg über die Leiter an Franziska vorbei.
    Ohne lange zu überlegen, löste ich die Kurbel und ergriff das Seil. Was ich nicht wusste, war, dass dieses Seil ohne Halt bis zum Boden brausen würde. Im freien Flug stürzte ich dem Erdreich entgegen, bis ein heftiger Ruck meinen Körper erschütterte. Vor Schmerz stöhnte ich auf. Ich rang nach Atem, doch schon vernahm ich das Gebell der Hunde und Franziskas gellende Stimme. Flüchtig durchdachte ich die Möglichkeiten, die mir blieben. Links von mir lag ein Waldstück. Die einzige Aussicht, ein Versteck zu finden, denn der Rest der Landschaft ergoss sich in frei gemähten Feldern oder führte als steiler Weg an einer Böschung entlang.
    Gerade, als ich mich für den Pfad an der Böschung entschieden hatte, tauchte ein paar Meter von mir entfernt Manuel auf und versperrte mir den Weg – mit seiner Sonnenbrille und dem teuflischen Grinsen, das er mir so oft entgegen gespien hatte.
    Ich kehrte ihm den Rücken zu und rannte los, hinein in das dunkle Waldstück, stolperte über Wurzeln und Totholz, knickte um, fiel hin, stand wieder auf und rannte weiter, ungeahnt ausdauernd. Mit jedem Schritt pochte es in meinem Kopf. Zuviel Anstrengung! Aber ich musste weiter. Immer nur weiter. Ich nahm gar nicht mehr wahr, was hinter mir passierte, ob die Hunde mich jagten oder nicht, ob Manuel mir folgte … bis ich schließlich vor einer Böschung hielt, völlig außer Atem. Die Lunge schmerzte mir vor Gier nach Luft und dem frostigen Wetter, und in meinen Wangentaschen sammelte sich der Speichel. Ich sackte auf dem kalten Waldboden zusammen und hörte mich selbst heiser japsen.
    Dann vernahm ich sie – die Hunde. Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Aus dem Dämmerlicht der kahlen Winterbäume bewegte sich weit entfernt etwas auf mich zu. Ihr Bellen und Keuchen erschallte durch den ganzen Wald. Mir wurde endgültig schlecht und ich würgte auf die frostigen Blätter unter mir. Mit letzter Kraft bemühte ich mich, die Böschung vor mir hochzuklettern, doch ich rutschte immer wieder ab. Ich versuchte es noch einmal und verlor auf halber Strecke meinen Schuh. Krampfhaft hielt ich mich an einer Wurzel fest und zog mich hoch. Unter mir sprang einer der beiden Rottweiler zu dem verbliebenen Schuh und biss danach. Ein stechender Schmerz ließ mich aufschreien.
    Dann jedoch, vor lauter Angst, spürte ich den Schmerz kaum noch. Verzweifelt zog und trat ich, packte eine Wurzel nach der anderen, schleppte den Hund an meinem Fuß mit mir hoch, bis er samt Schuh von mir abfiel. Verbissen kletterte ich weiter. Da oben war eine letzte Hoffnung für mich, aber für die Hunde war die Böschung nicht mehr als zwei Sätze mit ihren kräftigen Beinen.
    Im gleichen Moment, in dem ich auf die dort angrenzende

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