Notizen einer Verlorenen
Pfoten tapsten unruhig durch die Hütte und er hechelte und schnüffelte laut vor sich hin.
»Sie wird uns verraten, da bin ich mir sicher! Wenn wir nicht bald handeln, ist unsere gesamte Gemeinschaft in Gefahr. Ich werde das nicht zulassen. Niemals! Sarah muss sterben, und zwar bald!«
Mir blieb die Luft weg! Sarah? Sie meinten mich? Ich war das Miststück? Und ich musste sterben? Mein Mund blieb offen stehen und ich glaubte, sie könnten mich da oben keuchen hören, weil mein Herz so schnell schlug, dass ich kaum noch atmen konnte.
»Das ist schon klar. Alex meinte nur, sie würde sich ganz von selbst unter dieses wundersame Kunstwerk legen.«
Plötzlich vernahm ich eine Stimme da unten, die mir mit jedem einzelnen Wort die Kehle zuschnürte.
»Ja – ich dachte wirklich, ich hätte sie so weit!«
Alex! Das war Alexanders klare tiefe Stimme. Doch Alex war tot?!
Ich fasste mir vor den Mund, um nicht zu schreien. Alex? Wie konnte das sein? Mit klopfendem Herzen beugte ich mich vor zur Leiter und starrte hinunter, ungeachtet der Gefahr, entdeckt zu werden.
Da stand er. Alex, mein Geliebter, mit allem, was ich so an ihm begehrte. Mit dem weichen Haar und den flusigen Bartstoppeln, mit den vollen Lippen, die immer ein bisschen zu neckisch in den Mundwinkeln zuckten. Mit dem Körper, dessen Geruch und Wärme ich so vermisst hatte und für den ich fast bereit gewesen war, mich in den Tod zu werfen. Er trottete die Stationen des Kunstwerkes ab und senkte seine Augen enttäuscht zu Boden. Dann hob er den Kopf und blickte geradeaus in die Luft.
»Sie liebt mich, ich weiß es.«
Gedankenverloren zupfte er mit zwei Fingern an dem Seil, das über die Kerze gespannt war.
Ja, ich liebte ihn … noch immer.
Der hechelnde Rottweiler erschien unten an der Leiter und knurrte zu mir nach oben. Ruckartig zog ich meinen Kopf aus dem Sichtfeld. Ich kroch rückwärts tiefer in den Dachboden hinein. Unter mir knarrte das Holz der Zwischendecke bei jeder meiner Bewegungen. Angstvoll hielt ich inne. Hatten sie mich bemerkt?
»Ich habe die Wette noch nicht verloren«, hörte ich Alex. »Lasst mich darüber nachdenken, was ich machen kann.«
Buchheim seufzte gereizt.
»Du bist tot, Alex, schon vergessen? Was willst du noch tun? Sieh ein, dass du verloren hast. Euer Plan ist nicht aufgegangen. Warum auch immer so komplizierte Aktionen? Einen Menschen dazu zu bringen, dich zu lieben, ist das eine. Aber ihn dazu zu bringen, sich für diese Liebe umzubringen? Ihr habt euch entschieden zu weit aus dem Fenster gelehnt.«
Der Köter bellte. Flach auf dem Bauch liegend lugte ich durch den Spalt einer Holzdiele nach unten. Sie beobachteten den Hund, der fast die Leiter hochsprang, und blickten verwundert nach oben.
»Was ist Zeus?« Buchheim klopfte dem aufgeregten Tier den Rücken.
»Sicher Mäuse, die gibt es hier in Massen!«, meinte Alex.
Fast sah ich durch den Holzspalt seine Augen. Alex, warum hast du mir das angetan?
Sie wandten ihre Köpfe wieder von dem Hund und dem Dachboden ab.
»Jedenfalls müssen wir sehen, dass wir sie schleunigst los werden«, drängte Franziska ungehalten.
Alex schien das nicht zu gefallen. Nachdrücklich schüttelte er den Kopf. Nahm er mich in Schutz? Wollte er, mit dem ich Nächte voll Liebe in meinem Bett geteilt hatte, mir eine Chance geben?
»Aber unser Plan! Dann war ja alles umsonst.« Er spreizte die Hände und hielt sie Rat suchend vor die Brust. Seine Augenbrauen zogen sich verzweifelt nach unten. »Es ist eine Komposition, die beendet werden muss, begreift ihr das nicht? Es ist eine Komposition!«
Buchheim warf Franziska einen langen Blick zu. Dann fasste er Alex' Hände und drückte sie bedächtig nach unten.
»Ist ja gut, Alex. Alles ist gut. Du musst dich nicht aufregen.«
Beruhigend legte er seinen Arm um Alex' Schultern und führte ihn aus der Scheune. Der schmale Spalt in dem Holz schränkte meine Sicht ein und ich verlor sie aus den Augen … verlor Alex schon wieder. Nur der Hund ließ sich scheinbar nicht von der Leiter abbringen. Zwischen dem Rauschen in meinen Ohren und den aufflackernden Schmerzen in meinem Kopf hörte ich nur noch, wie jemand zurückkam und auf den Hund einredete und ich hoffte, dass sie einfach nur verschwänden und mich alleine ließen.
Doch der Mensch da unten betrat jetzt die Leiter. Ich spürte die Vibrationen bis nach oben. Panisch warf ich mich hin und drückte mein Auge auf den Holzspalt. Egal, wie ich mich wendete, ich konnte nur noch Beine
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