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Notruf 112

Notruf 112

Titel: Notruf 112 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Seifert , Christian
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Standesbeamten, der sich sofort mit der Klinik in Verbindung setzte.
    Nach zwei Stunden fragte ich in der Klinik noch einmal nach, ob alles gut geklappt hatte. Die Schilderung des Arztes ging mir wirklich zu Herzen. Am frühen Abend hatte der Standesbeamte an Karls Bett eine kleine, sehr liebevolle Nottrauungszeremonie abgehalten. Auch der Krankenhausseelsorger war mitgekommen und dazu ein kleiner Kreis der engsten Angehörigen und Freunde. Statt eines Brautstraußes hatte Steffi eine rote Rose in der Hand gehalten, die die Dame vom Krankenhauskiosk aus einem Blumenstrauß gezupft hatte. Sogar ein Paar schlichte Ringe hatten die Freunde noch besorgt. Als die beiden die Ringe getauscht hatten, hatten alle geweint.
    Wenige Stunden nach der bewegenden Trauung fiel Karl ins Koma. Am Sonntagnachmittag schloss er dann in den Armen seiner Frau für immer die Augen.
    Ich weiß nicht, was aus Steffi geworden ist. Aber ich wünsche ihr von Herzen, dass sie noch einmal ein neues Glück an der Seite eines anderen Mannes gefunden hat.

Drama vor laufender Kamera
    Was geht wohl in einem immerhin 48-jährigen Mann vor, der sich während des Internetchats mit seiner Ex einfach den Hals aufschlitzt? Ich weiß es nicht. Und will es eigentlich auch gar nicht so genau wissen. Was für ein Vollidiot. Allein die Vorstellung ist doch schon ein Albtraum. Die Frau kann einem nur leidtun. An einem Dezemberabend um 18.45 Uhr hatte ich sie am Notruftelefon.
    »Die Feuerwehr. Der Rettungsdienst. Guten Abend!«
    »Hilfe! Schnell! Einen Notarzt! Mein Freund verblutet! Er hat sich absichtlich mit dem Messer am Hals verletzt. Er will sterben!«
    »Wo sind Sie, wie heißen Sie?«
    »Silvia Middelhoff. Aber das ist jetzt egal. Er heißt Christian, wohnt in Würzburg und hat mir mit Suizid gedroht. Und dann hat er es wirklich getan … Ich hab’s genau gesehen … Und jetzt geht er nicht mehr an sein Telefon … Das habe ich nicht gewollt …«
    Sie bricht – nun offenbar am Rande des Nervenzusammenbruchs – verzweifelt schluchzend in Tränen aus. Mit Mühe entlocke ich ihr noch die Adresse ihres Freundes. Der Kollege neben mir verständigt nach einem Blick auf meine Eingabemaske unverzüglich die für Würzburg zuständige Leitstelle und gibt den Kollegen die Adresse des Verletzten durch. Sollte der Mann tatsächlich Ernst gemacht und die große Arterie am Hals verletzt haben, kommt der Notarzt jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit zu spät.
    »Frau Middelhoff, der Notarzt und die Feuerwehr sind schon unterwegs zu Ihrem Freund. Gleich haben wir Gewissheit. Ist er allein daheim?«
    »Ja, er lebt allein.« Sie beruhigt sich ein wenig und findet ihre Stimme wieder. Und so erfahre ich, was da gerade geschehen ist. Silvia Middelhoff lebt in München und hat sich bereits vor Wochen von dem Würzburger getrennt. Eine Fernbeziehung ohne Chance. Die Kosmetikerin hat in München einen anderen Mann kennengelernt. Doch der Ex akzeptierte die Trennung nicht, rief ständig an. Um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, ließ sich die junge Frau wieder und wieder auf endlose Diskussionen per Skype und Webcam ein.
    Auch heute Abend hat der Ex sie wieder belagert. Schließlich kam es zum Streit und der bereits angetrunkene Mann drohte mit Selbstmord. Vor der Kamera zog er plötzlich ein extrem scharfes Küchenmesser und fuhr damit mehrfach über seinen Hals. Aus mehreren tiefen Wunden blutend, hat er dann kalt lächelnd in die Kamera gegrinst und gesagt: »Du hast es nicht anders gewollt. Du bist schuld an allem, was jetzt passiert. Ich habe dich geliebt. Sieh genau hin … « Was für eine gemeine Psychonummer. Mich fröstelt. Der Typ hat eindeutig zu viele Horrorfilme gesehen.
    »Und dann habe ich einfach die 112 gewählt. Eine andere Nummer ist mir nicht eingefallen«, sagt sie.
    »Das war völlig richtig, Frau Middelhoff. Mehr konnten Sie nicht tun.«
    Genau 16 Minuten nach dem Anruf der Kosmetikerin kommt bereits der Rückruf der Würzburger Kollegen. Nach der Wohnungsöffnung ist der Selbstmordkandidat zwar stark blutend, aber nicht in Lebensgefahr aufgefunden und dann sofort versorgt worden. Bei den Verletzungen handelte es sich um mehrere tiefe Hautschnitte, aber die Arterie war unverletzt geblieben.
    Vor lauter Erleichterung bricht Silvia Middelhoff gleich wieder in Tränen aus. Ihr Ex wurde derweil in ein Krankenhaus gebracht. Ob das wirklich das endgültige Ende dieser fatalen Beziehung war, habe ich nie erfahren. Ich hoffe es aber – für alle

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