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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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ist wahrscheinlich der beste davon, was meinst du?“
    „Glaube
ich auch, doch“, antwortete Sebastian. „Die Cowboykostüme waren lustig. Aber Fuck
me tender, Samenspender fand ich auch nicht schlecht.“
    „Aber
die Kirche ist besser“, sagte Katharina. „Wir werden besser bezahlt und
behandelt, es gibt keine Hetze und keinen Stress, wir können arbeiten, mit wem
wir wollen, das AIDS-Risiko ist geringer, und so weiter, und so weiter. Bis
jetzt sind wir beide nur Honorarkräfte, aber wir denken über eine
Festanstellung nach.“
    Das
fand ich nun wieder ziemlich interessant.
    „Und
darf ich nun, Herr Bischof, schreiben, dass die Church of Porn die Sexindustrie
vernichten will? Oder wäre ‚ersetzen’ der bessere Ausdruck?“
    Miersch
lächelte.
    „Sie
können schreiben, was Sie wollen“, sagte er. „Nur wäre beides falsch. Wie schon
gesagt: Wir wollen unseren Gläubigen ein Fertighaus bieten. Anfangs dachten
wir, das geht mit Akteuren aus der Gemeinde selbst, aber es stellte sich
heraus, dass wir Profis brauchten. Und da gab es nun einmal nur eine
Bezugsquelle. Dass wir den Darstellern, die für uns arbeiten, angenehmere
Bedingungen bieten als ihre bisherigen Vertragspartner, halte ich für eine
Selbstverständlichkeit – moralisch gesehen. Zum Beispiel unterhalten wir eine
eigene Krankenkasse, da niemand bereit war, unsere fest angestellten
Sexmitarbeiter zu akzeptablen Bedingungen zu versichern. Das Geld unserer Kasse
ist natürlich auf dem Kapitalmarkt wieder willkommen.“
    Die
Drei schmunzelten.
    „Ich
habe Ihnen ein kleines fact sheet zu diesem Aspekt der Kirchenarbeit zusammengestellt.
Ich schicke es Ihnen gerne zu.“ Er schaute auf seine Uhr. „Ah ja. Ich muss mich
leider bald von Ihnen verabschieden. Es warten noch zwei oder drei
unwahrscheinlich wichtige Termine auf mich.“
    Der
Bischof und seine Angestellten bestanden darauf, mich zu ihrer Kirche zurück zu
fahren, weil dort mein Auto stand.
     
     
    Auf
der Rückfahrt – Schweigen. Katharina saß jetzt am Steuer. Als wir uns
voneinander verabschiedeten, stellte ich Bischof Miersch dann doch noch die
Frage.
    „Wie
sind Sie eigentlich auf mich gekommen?“
    „Nicht
jeder kann, was Sie können. Ihre bisherige Arbeit hat mir sehr gut gefallen. Ob
Sie es glauben oder nicht, ich bin einer Ihrer treuesten Leser.“
    „Wirklich?“
    „Auf
jeden Fall. Und deswegen freue ich mich auch so, Sie einmal persönlich kennen
gelernt zu haben.“
    Sebastian
und Katharina winkten mir zu, als ich ins Auto einstieg. Ich wollte sie nicht
enttäuschen, und hupte einmal kurz, als ich an ihnen vorbeifuhr.
     
     
    Der
Montag begann, genau wie vermutet, mit mächtigem Gefeixe und Gezwinkere in der
Redaktion. Ein paar waren blöd genug, mich nach den Bildern zu fragen, die ich
geschossen hatte (drei Männer und eine Frau), und ich fand schon beinahe
faszinierend, wie sie berufliche Ausreden dafür erfanden, diese Bilder gerade
jetzt sehen zu müssen. Ich packte die pornographische Kirchenkunst, die so sehr
nach alten Meistern aussah, in einer Datei zusammen und schickte sie einfach an
alle, mit der Erklärung, dass ja wohl ein allgemeines Interesse an der
Pornokirche bestünde.
    Werner
ließ sich ein wenig mehr Zeit. Erst nach der Mittagspause rief er mich in sein
Büro.
    „Und?“
    „Was
und?“
    Werner
seufzte. Er hatte offenbar im Moment keine Zeit für unsere altbekannten
Bürospiele, die ihm sonst immer so viel Spaß machten.
    „Komm
schon. Wie war’s bei den Spezialisten?“
    „Prima.
Hast doch die Bilder gesehen.“
    „Tja,
die Bilder. Da werden wir ja nicht viele von verwenden können. Die meisten sind
ein bisschen unscharf, und auf denen, die gut sind, sieht man jetzt auch nicht
so furchtbar viel.“
    Die
milde Ohrfeige war schon immer eine Spezialdisziplin Werners gewesen.
    „Aha“,
entgegnete ich. „Diese Kirche da, super. Alles sehr interessant, ästhetisch,
soziologisch, kirchengeschichtlich. Starke Sache. Ich bin begeistert.“
    „Wie
du dich anhörst, denkst du das genaue Gegenteil. Irgendwas schief gelaufen?“
    Jetzt
seufzte ich. Mit manchen alten Arbeitsbeziehungen ist es wie mit alten Ehen:
Man kann sich nichts mehr vormachen. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich
soziale Konstellationen hasse, in denen man sich gegenseitig nichts mehr
vormachen kann.
    „Diese
Leute machen mich nervös. Irgendwas stimmt mit denen nicht.“
    „Ach?“
    „Und
der springende Punkt ist: Ich weiß nicht was. Es muss ja gar nichts Schlimmes
oder

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