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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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sich zum jetzigen Zeitpunkt auf den
Gängen des Instituts aufhalten. Falls doch, kann jeder Schritt der Fehler sein,
der mich ins Grab bringt. Und das darf nicht passieren – Lisa ist … Lisa darf
nicht …
    „Lisa“,
schreie ich. „Lisa, wo bist du?“
    Spätestens
jetzt stehe ich auf der Gästeliste.
    Als
ich ein Schloss einrasten höre, halte ich inne. Das Geräusch kam aus dem
angrenzenden Westflügel. Mit angespannten Muskeln spähe ich um die Ecke. Der
Gang ist leer; an seinem Ende ist ein Notausgang, davor reihen sich die
Laboratorien. Ich packe den Transorbit fester, pirsche vorwärts und lausche an
der ersten Tür.
    Der
Himmel kann warten.
     
     
    „Nun
kannst du den Körper einstweilen verlassen, dein Geist soll in sich selbst
tauchen, bis er Freiheit findet und in den Wirt gleitet, der dir den Rückblick
schafft auf Erinnerungen, die erst noch kommen werden.“
    Lindamonium
5,6-21
     
    Der
Dritte Weltkrieg war eine nahezu symmetrische Abbildung des Zweiten. Nachdem
Berlin Washington den Krieg erklärt hatte, scharten sich Großbritannien und
Frankreich um die USA, während Deutschland in Japan seinen Hauptverbündeten
fand. Weil die Ursache für den Krieg – zwar inoffiziell, doch nicht zu leugnen
– in der katastrophalen Wasserknappheit lag, die global zu grauenvollen
Missständen geführt hatte, bekam der Krieg schnell den Spitznamen
„Wasserschlacht“.
    Und
wieder verlor Deutschland den Krieg.
    Das
Führersextett musste an die USA ausgeliefert werden, wo es nach kurzem Prozess
die Giftspritze bekam. In Berlin etablierten die Alliierten ein
Marionettenregime. Nach dem Willen der Amerikaner sollte die Todesstrafe
eingeführt werden, doch nach reiflicher Überlegung – unter Berücksichtigung der
gesellschaftlichen Infrastruktur in Deutschland – entschieden die Siegermächte
sich für das Edukator Ultra, ein Verwahrungs- und Besserungsinstitut mit
professionellem Personal und Sitz in jeder größeren Stadt. Amerika regierte in
zweiter Amtszeit William Plan, der als Erzkatholik die Entwicklung und globale
Streuung der Kirche und des Glaubens forcierte.
     
     
    Die
Luft im Konferenzraum war unangenehm wie Morgenatem. Leicht wirbelte Staub im
Dämmerlicht. Ich starrte auf die Papiere vor mir, die die Entwicklungen meiner
Patienten in Funktionsdiagrammen und Evaluationsskizzen dokumentierten, und
dachte an Frau Müller, eine sympathische, graumelierte Dame, die allerdings
ihre Arbeit als Reinigungskraft nicht richtig ernst zu nehmen schien. Allzu oft
plagte mich allergischer Schnupfen während der Sitzungen in dem mit dickem
Flickenteppich ausgelegten Tagungsraum.
    Um
mich herum diskutierten Pädagogen und Wissenschaftler, die zu einem Großteil in
den USA rekrutiert worden waren. Unter ihnen auch Luz Derman, der seit der
Unterzeichnung des Waffenstillstandes hier seinen Dienst versah, also ein
echter Veteran im Edukator Ultra Bremen war. Er saß mit gekrümmtem Rücken links
von mir im U-förmigen Tischkonstrukt, schlürfte dampfenden Kaffee, der sich an
seinem Vollbart in braunfeuchten Tupfern abbildete, und unterhielt sich mit
Abraham Miller, einem misanthropischen Mediziner mit furchtbar feuchter
Aussprache, der sich mir gegenüber zumeist unterkühlt und herablassend gab.
    Ich
bemerkte die Nikotinflecken an Dermans dürren Fingern, sah die fettglänzende
Glatze, auf der Leberflecken prangten wie kleine Kontinente, und fragte mich,
ob dieser Mann je Familie oder Freunde gehabt hatte. Ich kannte ihn nur als
Forscher, der derart in seiner Arbeit aufging, dass er oft der Erste war, der
am Morgen – häufig blass und mit imposanten Augenringen – bei der Arbeit
erschien und abends der Letzte war, der mit kaffeefaulem, zigarettenschwerem
Atem nach Hause spazierte. Wo dieses Zuhause war, wusste ich nicht – unsere
Gespräche erschöpften sich in Analysen von Verhaltensstudien und
prophylaktischen Planungen, wenn einer unserer Patienten auffällig wurde.
    Professor
Jung, der Leiter von Edukator Ultra, betrat mit einem Stoß Papiere unter dem
Arm den Raum. Er bildete mit mir die deutsche Forschungsachse im Institut,
hatte allerdings viele Jahre Psychologie an der Universität Princeton gelehrt.
    „Guten
Morgen – legen wir gleich los!“, sagte er, griff nach einem Kugelschreiber und
blickte in die Runde. Er lächelte mich an, doch das war bloß die Routine eines
Vorgesetzten, der Untergebene prüft hinsichtlich Spuren von alkoholbedingter
Unkonzentriertheit, Anzeichen eines Ehestreits oder

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