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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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hatte.
    „Wie
meinst du das, Lars?”
    „Es
waren die AstralPro-Studios.” Er hielt inne und sah mich prüfend an, als wolle
er sich vergewissern, ob ich ihm folgen könne. Ich nickte. Die
AstralPro-Studios: ein Institut, das sich auf wissenschaftlicher Basis mit dem
Phänomen der Astralreise beschäftigte.
    „Es
steht alles in der Zeitung.”
    Ich
streckte die Hand aus, und er reichte mir die Zeitung. Ich warf einen
flüchtigen Blick auf das Titelblatt, auf dem in blickheischendem Fettdruck US-Labor
erobert das Jenseits zu lesen stand. Dann wandte ich mich Lars zu. Er war
regelrecht erregt. „Sonst noch etwas, Lars?”
    „Ich
habe Professor Jung im Fahrstuhl getroffen. Er gab mir diesen Brief für Sie
mit.”
    Das
erstaunte mich. Lediglich die Aufnahme und Zuweisung neuer Insassen wurde
schriftlich oder unter vier Augen verkündet – doch warum hatte das nicht Zeit
bis zur Frühkonferenz?
    „Geh
frühstücken, Lars. Ich lasse dich ausrufen, wenn ich dich brauche.”
     
     
    Ich
wartete, bis die Tür ins Schloss gefallen war, hielt einen Moment unschlüssig
inne, legte dann die Zeitung vor mir auf den Schreibtisch und öffnete den Brief
von Professor Jung. Er hielt sich in seinem Schreiben, das eilig gekritzelt
schien, nicht mit langen Vorreden auf, sondern schrieb nur, ich solle um neun
Uhr in meinem Arbeitszimmer sein, da er mir um diese Zeit den jüngsten Insassen
schicken werde. Jung bezog sich wohl auf den Aufnahmezeitpunkt. Der Insasse sei
mir zugeteilt worden, nachdem Doktor Miller mit seinen Behandlungen bei ihm
nicht weitergekommen sei. Er schloss mit der Bemerkung, er habe aus Gründen der
Pietät nicht bis zu der für Mittag angesetzten Tagung warten können; darunter
dokumentierte der obligatorische Digitalstempel die Echtheit des Dokuments.
    Ich
legte den Brief beiseite und griff nach der Zeitung.
    Der
Artikel nahm gut drei Viertel der Seite ein. Jo Lindam, ein promovierter
Forscher, und Dan Fried, ein Parapsychologe, der Lindam bei seinen Forschungen
assistierte, hatten in ihrem Labor einen Versuch unternommen, der an die
Studien von Robert Allen Monroe und seinem Assistenten Charles Tart angelehnt
waren. Die beiden Wissenschaftler hatten im nach Monroe benannten Institut in
den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts Experimente unternommen, in
deren Mittelpunkt die Astralreise stand. Monroe und Tart hatten seinerzeit die
ersten Schritte zum Nachweis der Existenz außerkörperlicher Erfahrungen
gemacht. Dies gelang ihnen, indem eine Testperson – oft Monroe selbst – in dem
Hauptraum schlief, während im Nachbarzimmer eine bestimmte Szene inszeniert
wurde. So schrieb man unter anderem einen simplen Text auf, den die Testperson
bei ihrer außerkörperlichen Erfahrung lesen sollte. Derart wollte man die
Existenz außerkörperlicher Erfahrungen nachweisen.
    Monroe
gelang es zwar nicht, den Schriftzug bei seinem Ausritt in einem Astralkörper
zu entziffern, doch konnte er die inszenierte Umgebung im Nebenraum fehlerfrei
beschreiben. Ein EEG wies währenddessen einen Zustand nach, der sowohl Symptome
des Wach- als auch des Schlafzustands aufwies. Monroe gab diesem Zustand den
Namen Focus 10.
    Lindam
hatte vor nicht einmal dreißig Stunden – knapp 100 Jahre nach den Versuchen von
Monroe und Tart – einen äquivalenten Test inszeniert. Doch die Ergebnisse waren
um ein Vielfaches … imposanter.
    Während
einer Focus-10-Phase erschien Lindam Gott.
    Ich
holte tief Luft, seufzte und fragte mich, ob ich mich selber zum Narren hielte,
falls ich weiter las.
    Nach
ein paar Momenten, in denen ich aus dem Fenster in den Morgenhimmel sah und mir
die Schläfen rieb, um einen klaren Kopf zu bekommen, lenkte ich meinen Blick wieder
auf die Druckbuchstaben.
    Wie
einst Moses und andernorts Mohammed murmelte Lindam Worte überirdischer
Weisheit, die Fried eifrig notierte. Nachdem die letzte Silbe seinen Mund
verlassen hatte, öffnete Lindam die Augen, starrte entrückt zu Fried, füllte
seine Lungen mit Luft und berichtete ohne Umschweife in einem grotesken
Wortschwall, er sei an einem Ort gewesen, der ob seiner Schönheit, Reinheit,
Verlassenheit und unbeschreiblichen Ökologie ohne Zweifel das Paradies sein
müsse.
    Frieds
Kiefer klappten runter, zum einen wegen des Gesagten; und zum anderen – dieser
Aspekt sollte wohl die ganze Aufregung legitimieren – weil das EEG nach wie vor
den Focus-10-Zustand protokollierte.
    Umgehend
wurde die Presse informiert: Das Jenseits sei empirisch nachgewiesen,

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