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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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quälte sich zu einem schiefen Grinsen. „Ich meine, nichts. Und
niemand. Also keiner ...“
    Die
Standuhr schwieg einen Moment. „Na ja, wahrscheinlich wieder einer dieser
verzogenen Bälger aus dem Geräteschuppen“, brummte sie und machte wieder kehrt.
    „Ja,
das wird es wohl gewesen sein ...“
    Mit
flauen Knien wartete Ninive, bis Clogger außer Sichtweite war, dann zog sie
einen Hocker herbei, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und blickte durch
die kleine Lichtgade, die über der Tür ins Mauerwerk eingelassen war. Als sie
sah, dass der rote Koloss sich langsam rückwärts vom Eingang entfernte, atmete
sie erleichtert auf. Gleichzeitig hoffte sie, dass ausgerechnet jetzt niemand
aus dem Inventar auf die Idee kam, einen Blick durchs Fenster zu werfen – und
Wipp, falls er tatsächlich ausgesperrt worden war, nicht panisch Alarm schlug.
Minutenlang lauschte sie nach verdächtigen Geräuschen, doch draußen blieb alles
still. Als sie die Tür einen Spalt weit aufzog und hinaus spähte, war von dem
Metallungetüm weit und breit nichts mehr zu sehen. Insgeheim hoffte Ninive,
dass dessen Auftauchen und Cutters Besuch in keinem Zusammenhang standen. Es
wäre fatal, wenn dasselbe morphische Feld, dem Cutter gefolgt war, auch das
Hochland-Tier hierher gelockt hätte.
    Betont
gelassen schlich sie an Luxa und Clogger vorbei in die Küche und schloss die
Tür. Ihre Hände zitterten, Schweiß stand ihr auf der Stirn. Sie warf einen
Blick aus dem Fenster, konnte den roten Koloss jedoch nirgendwo erspähen.
Dennoch fühlte sie, dass er noch irgendwo dort draußen herumlungerte;
wahrscheinlich auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses oder irgendwo im
nahen Wald. Grübelnd füllte Ninive Kalk in einen Blecheimer, wobei ihr Blick
immer wieder zum Fenster wanderte.
    „Hast
du einen Schleifstein?“, erklang hinter ihrem Rücken eine Stimme, während sie
Wasser in die Waschwanne pumpte.
    Ninive
fuhr mit einem Aufschrei herum und schleuderte ein Fleischermesser in Richtung
der Küchentür. Es schoss durch den Eindringling hindurch und blieb federnd im
Türrahmen stecken. „Verdammt, Cutter!“, stöhnte sie. „Kannst du nicht ganz
normal durchs Haus laufen und an der Tür klopfen, bevor du den Raum betrittst?“
    „Wozu
ein Ereignis künstlich verzögern, das kurz darauf ohnehin passiert?“, fragte
dieser. „Ihr Menschen verschwendet viel zu viel Zeit mit aufgeblasenen Bräuchen
und lasst euch von sinnlosen Gepflogenheiten die Lebenszeit rauben.“
    „Es
ist eine Sache der Höflichkeit und Diskretion“, erklärte Ninive und ließ sich
auf einen Stuhl sinken.
    Cutter
neigte sein Kapuzenhaupt. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er. „Du siehst so tot
aus.“
    „Bitte?“
    „So
bleich, meinte ich. Bleich. Freudscher Versprecher. Das Amt, du weißt schon.
Ich bin nur ein Opfer der Umstände, so wie jeder von uns.“ Und murmelnd fügte
er hinzu: „Wahrlich ein Jammer, dass die ganze Welt kopfsteht.“
    Ninive
hielt mit Rühren inne. „Wie meinst du das?“
    „Ich
vermisse die Sterblichkeit, Ivi.“ Cutter begann hinter ihr auf und ab zu
wandeln. „Damals, als es noch Städte gab, waren die Gesetze des Lebens in Stein
gemeißelt. Menschen wurden geboren, Menschen starben - ein großartiges
Zeitalter! Damals glaubten alle auch noch an etwas, dass sie Dunkle Materie nannten. Sie hielten es für eine geheimnisvolle, unsichtbare Kraft, die das
Universum zusammenhält. Umso erstaunter waren sie, als sie herausfanden, was
wirklich dafür verantwortlich ist ...“
    „Was
war passiert?“
    „Sie
hatten begonnen, damit herumzuexperimentieren, wie immer, wenn sie etwas Neues
entdeckt hatten. Wohin das geführt hat, siehst du, wenn du aus dem Fenster
schaust.“
    Ninive
warf einen fragenden Blick zu Cutter, dann zog sie die Gardinen beiseite und
sah nach draußen. Vor dem Haus weidete eine Herde Rothenkel-Kaffeemaschinen.
Thermoskannen und Eintagsautomaten hatten sich unter sie gemischt und stellten
den paarungsreifen Weibchen nach. Ninive konnte beim besten Willen nichts
Besonderes entdecken. Der Himmel war oben, die Welt unten, dazwischen schwebten
Wolken, Dampfmaschinen und Telos-Feldlinien. Alles sah aus wie immer - bis unvermittelt
ein massiger, mit Nieten beschlagener Metallhöcker am Fenster vorbeiglitt und
Ninive erstarren ließ.
    „Der
eigentliche Plan war ja, dass alles gesichert und versiegelt sein sollte, bevor
sie mit dem Zeug zu experimentieren begannen“, fuhr Cutter, der nichts von dem
Geschehen

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