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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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Radpfaff sein Sehrohr aus dem Gräsermeer. Obwohl die Tiere
aufrecht stehend fast zwei Meter groß waren, vollbrachten sie es, die Ebenen
nahezu ungesehen zu durchstreifen, den Kopf immer dicht über dem Boden und
bereit, nach vorbeihuschenden Exoiden oder Kieswieseln zu schnappen. Letztere
legten dicht unter der Oberfläche riesige Labyrinthe aus Erdröhren an, in die
unvorsichtige Wanderer einsinken und sich den Fuß oder das Bein brechen
konnten. Oder sie riskierten eine Blutvergiftung, falls die rostigen,
scharfkantigen Überreste der einstigen Bewohner ihnen ins Fleisch schnitten.
Unzählige kleiner Metallskelette ruhten unter der Oberfläche, meist nur bedeckt
von einer handbreit Erdreich oder knöchelhohem Gras. Kein vernünftiger Wanderer
riskierte es daher, ohne festes Schuhwerk die Ebenen zu durchstreifen. Manche
der Wieselhöhlen öffneten sich an den Hängen von Anhöhen und waren so geräumig,
dass ein Mensch darin Zuflucht vor Stürmen oder Wolkenbrüchen finden konnte.
    Das
Marschland war wie ein kunstvoll gewirkter Teppich, doch es bestand nicht nur
aus dem Grün der Gräser, sondern bildete hier und da weite, farbenprächtige
Flächen aus violetten, gelben, roten und weißen Blüten. Zumeist war das Gras
nur knöchel- bis hüfthoch, doch es gab Stellen, in denen es einem Menschen bis
zur Brust reichte - und tückische Senken, in denen das Gras meterhoch wuchs und
dessen gezahlte Ränder tief ins Fleisch schnitten, sobald man versuchte, sich
daraus zu befreien. Ninive hatte Wanderer gesehen, die in einem dieser
Grassümpfe versunken und nie wieder daraus aufgetaucht waren.
    Wurde
man von einem Wolkenbruch überrascht und wanderte dabei unbewusst durch ein
überwuchertes Flusstal, konnte es gut sein, dass man plötzlich von einer
Flutwelle mitgerissen wurde. Oder das Wasser strömte aus allen Richtungen
herbei in die Senke, die man gerade durchwanderte, und ehe man sich versah,
trieb man inmitten eines Sees. In den Sumpfflächen trieb sich zudem Getier
herum, auf das man nicht unbedingt treten sollte. Ninive beeilte sich daher,
das Marschland zu durchqueren und höheres Terrain zu erreichen.
     
     
    Als
sie die Flussauen erreichte, hatte das Wetter umgeschlagen. Der Wind war
abgeflaut, die Berge wolkenverhangen, und kalter Nebel kroch aus den Tälern des
Hochlands. Noch ehe das Ufer in Sichtweite kam, erregte ein verdächtiges
Glitzern Ninives Aufmerksamkeit und ließ sie ihren Schritt verlangsamen. Was
sich ihr näherte, war einer von Flodds Landspähern; ein flüssiger, drei Meter
langer Wassertentakel, der durch die Auen schlich und dabei das Licht
reflektierte. Er umkreiste Ninive, dann kroch er davon, ohne sie weiter zu
beachten. In einiger Entfernung schlängelten sich drei weitere Wasserschlangen
durchs Gras, fast so, als ob sie etwas suchten. Es war mehr als ungewöhnlich,
dass Flodd so viele Späher an Land schickte.
    Am
Flussufer angelangt, bestätigte sich, was Ninive befürchtet hatte: Die
Schleifspur des Metallungetüms führte geradewegs in den Fluss und setzte sich
am gegenüberliegenden Ufer fort. Von ihrem Verursacher war jedoch weiterhin
nichts zu sehen. Dabei hatte er nicht den Anschein erweckt, dass er sich bei
Gefahr im Boden vergraben oder davonfliegen konnte. Ninive ließ ihren Blick
über das Wasser schweifen. Falls sie Glück hatte, war Flodd so sehr mit der
Betreuung seiner Landspäher beschäftigt, dass er sie gar nicht bemerkte. Vorsichtig
setzte sie einen Fuß ins Wasser, dann watete sie so bedächtig wie möglich in
den Fluss. Sie war jedoch keine zehn Schritte gelaufen, als sie plötzlich das
Gefühl hatte, bis zur Hüfte in dickem Morast zu stecken.
    „Lass
mich los, Flodd!“, bat Ninive genervt.
    „Damit
du noch mehr von meinen kostbaren Schlamm aufwühlst?“, hielt das Wasser ihr
vor. „Kommt gar nicht in Frage. Jeder trampelt nur in mir rum, wäscht seinen
Schmutz in mir ab, frisst meine Fische oder lässt irgendwelchen Krempel auf mir
schwimmen. Ihr Landbewohner seid eine einzige Plage!“
    Die
Wasseroberfläche hob sich, als würde Flodd tief Luft holen, dann spuckte er
Ninive in weitem Bogen zurück ans Ufer, wo sie im Regen einer Gischtfontäne
unsanft im Gras landete. 
    „Du
bist schlimmer als der Styx!“, rief sie, als der Schauer sich gelegt hatte.
    „Kenne
ich nicht“, antwortete Flodd. „Interessiert mich nicht.“
    Verärgert
folgte Ninive dem Flusslauf bis zu einem lichten Galeriewald am Fuß der Hügel,
wo sie eine der Kranpappeln beseelte, die

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