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Nova

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Titel: Nova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Kober
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öffnete sich die Plane. Er nahm Warners Laser und ging hinaus. Aus dem Zimmer zu seiner rechten hörte er das Geräusch zerfetzenden Stoffes. Das Mädchen schrie auf. Mit einem Satz war er im Zimmer.
Esteban hatte ihr die Bluse bis zum Nabel aufgerissen und griff mit seinen schmutzigen Händen nach ihren Brüsten.
Vor Emiels Augen erstand wieder das Bild der Frau, erglühte in schmerzhafter Erinnerung. Auf dem mit enormen Verlusten erzwungenen Vormarsch der Truppen der Hemisphäre hatte er neben einem Baumstumpf eine junge Frau hocken sehen. Sie trug die Uniform des Humanservice des Gegners. Schweiß hatte tiefe Furchen in ihr staubverkrustetes Gesicht gewaschen, ihr rechter Arm blutete, an der Hand waren Finger abgerissen.
Ihre Augen zeigten keine Furcht, obwohl sie wissen mußte, was sie erwartete. Jardok stellte die obligatorischen Fragen. Sie schwieg. Sie hatte rehbraune Augen, aus denen Leben sprach, in tiefer, glückerfüllter Einsicht. Augen, die Sanftmut und Zärtlichkeit verströmten.
Er, der bisher nur Frauen kannte, die man bezahlte, verspürte von einem Augenblick zum anderen den brennenden Wunsch, diese Frau für sich allein zu besitzen und mit ihr die Welt zu teilen.
Er hätte sie bekommen können – als einer unter vielen. Aber er hatte sich geekelt davor, geekelt vor Scham, vor sich selbst, hatte sich abgewandt voller Schmerz, als er sah, wie das junge Leben in bestialischer Qual verging. Sie starb. Ihre Augen leuchteten noch im Tode, und das erstemal erfüllte Trauer seine Seele.
»Du Schwein! Laß das Kind!« schrie er Esteban an. Er schlug ihm mit dem Kolben in den Rücken, als er sich nicht rührte. »Laß sie los!«
Esteban fuhr herum, er duckte sich wie ein Raubtier, bereit, Emiel anzuspringen, doch Emiel hielt dem Blick stand. Er erwies sich als der Stärkere. Wortlos wandte sich Esteban ab.
In Gedanken versunken, kehrte Emiel zurück ins Zimmer. Seit ihrem Eindringen waren nur wenige Minuten vergangen, und doch spürte er, daß sie ihn verändert hatten. Etwas Unaussprechliches lag in der Luft, ein Hauch von völlig Neuem, mit dem er nicht zurechtkam. Es waren viele kleine Dinge, die ihn verwirrten, die ihn nötigten zu überlegen.
Während der letzten Jahre hatte Jardok mit Gewalt alles Eigenständige aus ihm vertrieben und andere Dinge dafür hineinverpflanzt. Verhaltensweisen, die einen Kadaver aus ihm machten. In den wenigen Augenblicken, in denen er sich dessen bewußt wurde, hatte er solche Gedanken verdrängt, denn sie waren unbequem, nötigten geistige Anstrengung ab, der er lieber aus dem Wege ging. Seine glatte Straße war der Befehl.
Die Frau stand nun neben ihrem Mann, leicht an dessen Schulter gelehnt, als wolle sie gleich ihm Stärke und Geschlossenheit ausdrücken, obwohl sie doch nur Schutz suchte.
Sie war von untersetzter Statur, wirkte aber nicht unproportioniert, im Gegenteil. Über einem mausgrauen, knöchellangen Rock umschlang eine schillernde Tunika ihren Oberkörper, aus der zarte Arme hervorschauten.
Ein friedliches Bild, dachte Emiel. Ein Stück Frieden inmitten der Welt des Krieges, wie draußen die Vögel. Dann sagte er, und seine Stimme kam ihm sonderbar heiser und ungehobelt vor: »Befolgt nur unsere Befehle und unternehmt nichts ohne Anweisung. Sonst werdet ihr getötet.«
Ungläubig noch immer, so erschien es Emiel, schüttelte der Mann den Kopf. »Bitte erklären Sie uns – wer sind Sie? Wir verstehen den Grund Ihres Eindringens nicht.«
Verwirrt durch die fortgesetzte provokatorische Unwissenheit brüllte Emiel los: »Wir haben Krieg, Alter! Hier wird getötet, wer sich nicht unterwirft.«
»Krieg?« Der Mann lachte leise und setzte sich. »Es gibt keine Kriege mehr. Wozu auch? Wer soll gegen wen kämpfen und warum? Junger Mann, lassen Sie es sich gesagt sein – Ihr dummes Spiel ist gefährlich. Wie leicht können Sie einen Menschen dabei verletzen. Sehen Sie Ihren Freund… lassen Sie mich einen Medoberater rufen.«
»Der Alte spinnt«, sagte Esteban von der Tür her betroffen. »Total verrückt. Der hat eine Macke. Wir haben seit sieben Jahren Krieg, und er fragt, als ob er vom Mars kommt. Ich gehe jetzt und erstatte Jardok Meldung.«
Auch Emiel kam sich betrogen vor. »Weißt du wirklich nicht, daß wir Krieg haben?«
»Natürlich weiß ich, was Krieg bedeutet, und ich bin von Herzen froh, ihn nie erlebt zu haben. Aber für uns ist er Geschichte. Der letzte große Krieg war vor mehr als dreihundert Jahren.«
Emiel glaubte zu träumen, war versucht, sich

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