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Nova

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Titel: Nova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Kober
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nicht erkennen. Rasch brüllte er neue Kommandos. Sechs Mann wurden zur Bewachung befohlen, die übrigen rief er zusammen.
Sein geschickter Schachzug brachte ihm Zeitgewinn und die Möglichkeit, zu überlegen und zu lancieren.
»Ihr habt gehört, was Emiel behauptet hat. Ich halte ihm zugute, daß unser Weg voller Strapazen war. Viele unserer Kameraden sind den Heldentod gestorben, und unsere Nerven sind angegriffen. Sagt eure Meinung.«
Diese kurze Rede war etwas Neues, hatte nichts mehr an sich von Despotie und Unnachsichtigkeit; im Gegenteil.
»Quatsch«, sagte Lebob lässig. »Der ist kaputt.« Er tippte sich an die Stirn. »Der bringt nur Unruhe. Am besten, wir…«
Vielstimmiges Gemurmel unterbrach ihn. Sie alle hatten ähnliche Beobachtungen gemacht wie Emiel und ähnliche Aussagen der Leute gehört. Seine Behauptung, so verrückt sie war, schien vieles zu erklären.
»Was sagt der Computer?« verlangte jemand nach Antwort.
»Ich sehe«, sagte Jardok nun sanft, »ihr haltet Emiel nicht für geistesgestört. Ihr seid der gleichen Meinung wie er? Nun, ich will euch nichts verheimlichen. Der strategische Computer gibt keine verwendbaren Daten mehr. Er erhält weder Informationen gegnerischer Tätigkeit noch die Codesignale unserer Armeen. Die Empfangskontrolle steht auf Null. Vielleicht ist er nur gestört. Aber auch das Secondgerät schweigt.«
Eisige Stille senkte sich über die Kompanie.
Dann war das Absurde, das absolut nicht Mögliche also wahr. Sie lebten nicht mehr in ihrer Zeit, sondern in einer fremden. In der Zukunft. Dreihundert Jahre von ihrer Zeit entfernt.
Mit Verwunderung registrierte Emiel Jardoks Verhalten. Er kommandierte nicht, er erklärte und diskutierte. War das nicht das sicherste Zeichen der Veränderung?
»Einigen Fakten nach ist es also möglich, daß wir nicht mehr in unserer Welt leben. Aber wir brauchen zur Sicherheit Beweise. Die Bewohner des Dorfes werden wieder in ihre Häuser gebracht. Dort sucht ihr die fehlenden Beweise. Denkt an technische Veränderungen, laßt euch Waffen zeigen, irgendwelche interessanten Informationen. Morgen früh muß die Aktion abgeschlossen sein. Dann entscheiden wir weiter.«
Emiel verspürte Erleichterung, als er die Leute, seine Leute, zurückführte. Eine Spur Vertrautheit wehte ihm aus dem Pilzhaus entgegen, die stark wurde, als er an dem Zimmer vorüberging, in dem er dem Mädchen geholfen hatte. Er schalt sich einen Narren, doch die Empfindung wich nicht.
Emiel begann Fragen zu stellen.
»Wie heißt das Land, in dem wir uns befinden?«
»Es gibt keine Länder mehr. Schon seit hundert Jahren.«
»Wie wird regiert?«
»Ein Wahlsystem bestimmt alle zwei Jahre die leitenden Organisatoren der Ökonomie.«
»Und der Politik?«
»Die Wirtschaft zu unserem Nutzen ist alleinige Politik.«
»Zeige uns einen Telvi.«
»Was ist das?«
»Ein Gerät zum optischen und akustischen Empfang von Informationen.«
Der Mann lächelte. Er betätigte einen winzigen Knopf an der Uhr am Handgelenk. Aus der Decke löste sich eine mit transparentem Rauch gefüllte Kugel, sank herab und blieb in Augenhöhe hängen. Vergeblich versuchte Emiel eine Arretierung zu erkennen. Es gab keine.
Der Mann erriet die stumme Frage. »Die Pamakugel ist mit einem Schwerkraftfaden verbunden.«
»Schalte sie ein.«
»Was wollen Sie sehen? Informationen aus der Wirtschaft? Der Kosmonautik? Der Kultur? Lokales oder Globales? Technik intern und Kunst specific? Klima, Vegetation, Unterhaltung…«
Estebans Mund stand geöffnet, ein nach Luft schnappendes Froschmaul. Emiel sah, mit welcher Anstrengung er ihn wieder schloß.
Der Mann lächelte noch immer. »Wir möchten Ihnen helfen«, sagte er. »Legen Sie Ihre Waffen ab, und leben Sie bei uns. Unsere Medoberater werden Sie von Ihrer Aggressivität heilen. Oder was wollen Sie jetzt noch erreichen?«
Nachdenklich lauschte Emiel den provozierenden Worten. Er schwieg dazu. Was wollte er denn erreichen? Die Erfüllung der Befehle Jardoks? Den Sieg seiner Kompanie? Die vollständige Zerschlagung des Gegners? Wenn sie selbst nicht den Krieg gewannen, war es der Feind. Wenn er nicht tötete, wurde er getötet; und er liebte das Leben, liebte es, am Leben zu bleiben. Sein Ziel – am Leben zu bleiben? Mit Hilfe des Krieges? Der war vorbei und er selbst nicht tot. Aber Leben bedeutete Kampf, ohne ihn hatte die Menschheit nie existiert… in dieser Welt aber… Seine Gedanken verwirrten sich. »Du behauptest, es gibt keinen Krieg mehr?«
Sein Gegenüber

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