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November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

Titel: November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ferner Teile der 17. und 213. Infanteriedivision. Sie kämpfen an der Aisne und Aire. Sie stehen, als die Stunde schlägt, neben den andern Armeen im Rückzugskampfe vor Antwerpen, an der Maasstellung.
    Hinter ihnen brachte jeder neue Tag die Alliierten den bis da so geschützten Reichsgrenzen näher. Die Macht der Alliierten, ihr Zorn entwickelten sich.
    »Wir sind an Givet vorbei gezogen«, sagten sie, »wo achttausend alliierte Kriegsgefangene befreit wurden. Wir haben Neufchâteau-Etalle besetzt. Am Mittag ist von den Franzosen Neubreisach und Hüningen besetzt. Wir sind um ein Uhr dreißig in Metz eingezogen, und zwar die 1., 4., 10. Armee mit Marschall Pétain an der Spitze, sechshundert Flugzeuge überflogen die Stadt. Pétain nahm auf der Esplanade vor der Statue des Marschalls Ney den Vorbeimarsch der Truppen ab.«
    Es wurde von der französischen Akademie beschlossen, den Sitz des Marquis de Vogüé an den siegreichen Marschall Foch, und den Sitz Emile Faguets an den Ministerpräsidenten des endlichen Triumphes, Clemenceau, zu vergeben.

    Weil sie die Bedingungen des Waffenstillstandes unerträglich fanden – und erst bei der Ausführung fühlte man, was mit einem geschah und daß man den Krieg verloren hatte und daß der andere darauf bestand, einem die Schwertspitze an die Kehle zu setzen –, protestierten damals umständlich und auf friedlich verschmitzte Weise zwei Männer der Waffenstillstandskommission, namens Erzberger und von Winterfeldt, beides natürlich Deutsche, der eine ehemals Reichstagsabgeordneter, jetzt Staatssekretär in einem Staat, der keine Grenzen, keine Füße und keinen Kopf hatte, der andere General eines Heeres, von dem jeder die Vergangenheit, wenige die Gegenwart, keiner die Zukunft wußte. Die beiden äußerten des Wegs daher:
    »Es sollen nach Fochs Entscheidung Waffenstillstandsbedingungen in Kraft bleiben, wie sie in der Geschichte noch nicht auferlegt worden sind. Ein modernes Heer von drei Millionen Mann mit einem komplizierten technischen Apparat soll in Gewaltmärschen in ungünstiger Jahreszeit über vielfach schlechte und gebirgige Wege, über den Rhein in voller Ordnung zurückgeführt werden.«
    An dieser Stelle des Protestschreibens drückte der Marschall Foch, der in einer grauen Joppe in einem Salon seines Hauptquartiers saß, auf einen kleinen knöchernen Knopf, ein Adjutant war auf der Stelle da, dann meldete sich der Colonel.
    »Setzen Sie sich«, sagte der Marschall. An der Querseite seines breiten Tisches stand ein einfacher strohgeflochtener Stuhl. Das Ganze einen Salon zu nennen, war ein Akt der Hochachtung gegen den Inhaber. »Stecken Sie sich Ihre Pfeife an«, meinte der Marschall, »es ist nichts von Belang. Oder sind Sie beschäftigt?« Der Colonel, indem er sich bemühte, seine Pfeife mit einem mechanischen Feuerzeug anzuzünden, lächelte: »Die Geschäfte kommen erst Mittag mit der Briefpost. Die Diplomaten versammeln sich eben in Paris.« »Wieviele werden es sein, schätzungsweise?« »Wie Sand am Meer.« »Dann geht’s. Die können natürlich nichts machen. – Aber Ihr Feuerwerk funktioniert nicht.« Der Colonel arbeitete tatsächlich mit rotem Kopf daran, seinen kleinen Benzinapparat in Bewegung zu setzen, er kaute: »Das ist amerikanisches Patent, mir hat es ein Kollege von der Kommission geschenkt.«
    Der Colonel knipste, knurrte, schnüffelte an seiner Maschine. Foch schließlich: »Sie kennen meine Vorliebe für die Infanterie. Den einzelnen Mann soll man tüchtig ausbilden. Im Ernstfall hat man nämlich nichts; das Benzin brennt nicht, die Nässe verhindert die Tanks, vorwärts zu kommen, und sie bleiben im Morast stecken, die Flieger haben’s mit der Meteorologie zu tun. Aber Krieg muß geführt werden.« Der Colonel erhob sich und bat für einen kleinen Augenblick um Urlaub, was Foch lächelnd gewährte. Er war nach zwei Minuten wieder da, rieb sich den rechten Arm und das rechte Bein, als er sich setzte. Anerkennend sagte Foch: »Na, jetzt brennt sie.« »Ja«, knurrte der Colonel bedrückt, »aber ein richtiges Streichholz wäre mir als eine gute Gabe Gottes erschienen.« »Wie haben Sie das gemacht. Ihr rechter Ärmel ist versengt.« »Wir haben deutsche Flammenwerfer draußen. Die Pioniere benutzen sie zum Zigarettenanzünden. Ich bin zu dicht rangegangen.« Foch kopfschüttelnd: »Sie hätten kaputtgehen können.« Der Colonel schmauchend: »Man sollte die Flammenwerfer zurückgeben. Man sollte diesen Punkt in den Bedingungen

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