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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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telefoniert. Und jetzt halt dich fest, wer in der Nacht
     zum zwanzigsten November einen silbergrauen Toyota Corolla gemietet hat – Eva Imhoff.«
     
    ☺
     
    Es gibt jetzt dauernd Zoff, ich soll dies oder jenes machen, nicht nur am PC rumhängen. Ich soll raus, an die Luft. Wenn sie
     wüsste! Sie zickt dauernd rum und will mir das Spiel jetzt sogar wegnehmen. »Wenn’s sein muss, auch den PC verschrotten.«
     Nächste Woche fängt die Schule wieder an. Ich will da gar nicht hin. Eigentlich will ich in keine Schule mehr, ich habe keinen
     Bock mehr auf die ganzen Idioten.
     
    *
     
    Es hatte zu regnen begonnen, als zwei Zivilfahrzeuge der Friedrichshafener Kriminalpolizei vor dem Haus in der Hofener Straße
     hielten. Die Beamten steuerten zielstrebig auf den Eingang des grünen Hauses zu, das etwas zurückgesetzt stand. Kurz darauf
     verschwanden die vier Männerim Hauseingang. Vor der Wohnungstür im obersten Geschoss nahmen sie Aufstellung. Da auf ihr Klingeln niemand reagierte, öffneten
     sie Eva Imhoffs Wohnung mit dem Zweitschlüssel, den sie sich beim Hausverwalter besorgt hatten.
    Die Durchsuchung der Wohnung dauerte rund zwei Stunden, und als die Beamten keinerlei verwertbares Material sicherstellen
     konnten, nahmen sie sich mit derselben Akribie Eva Imhoffs Kellerabteil vor, einen Lattenverschlag, der mit einem Vorhängeschloss
     gesichert war. Die Beamten öffneten es mit einem Bolzenschneider, und erst als sie am Ende ihrer Aktion angelangt waren, konnten
     sie im hintersten Winkel einen kleinen Karton mit einer roten Echthaarperücke sicherstellen.
     
    ☺
     
    Scheiße, erster Schultag. Ich hab keinen Bock mehr. Dieser ganze Müll. Was soll ich damit? In Ravensburg sind sie noch spießiger
     als in Friedrichshafen. Wenn die von dem Video erfahren   …
     
    *
     
    Der Dezemberregen peitschte ihr ins Gesicht während sie in die Pedale trat. Wie schon als Kind, wenn sie weite Strecken mit
     dem Rad zurücklegen musste, kam auch jetzt der Wind direkt von vorne. Frontalangriff, dachte sie. Aber sie hatte keine Wahl.
     Wenn es stimmte, was sie vermutete, dann hatte Eva hier etwas Entscheidendes versteckt, und sie durfte keine Zeit verlieren.
     Wieder drückte sie mit einer Hand die Taste der Wahlwiederholung.
    Sie fuhr, so schnell sie konnte, rauschte die Uferpromenade entlang, am
Graf-Zeppelin-Haus
und gleich darauf am Schloss vorbei. Der einzige Vorteil, den dieses Wetterbot, war die Einsamkeit, in der sich sämtliche Wege und Pfade präsentierten. Alles war wie leergefegt, und der Regen prasselte
     aufs Pflaster. Wie durch einen Schleier sah sie die Anwesen am See vorübergleiten, die Gärten waren kahl und dahinter schimmerten
     die Lichter in den Fenstern, warm und verheißungsvoll. Als sie den Radweg neben der Bundesstraße erreicht hatte, ließ der
     Regen etwas nach, und sie nutzte dieses Zugeständnis des Wettergotts und auch die gerade Strecke, die nicht so viel Konzentration
     erforderte, um noch einmal bei Sommerkorn anzurufen. Aber sie hatte erneut kein Glück.
    Die Nässe war inzwischen auch durch ihre Handschuhe gedrungen, und die Ohren taten ihr von der Kälte und vom Fahrtwind weh.
     Sie hielt kurz an, schlang sich den Schal um den Kopf und setzte ihren Weg mit hämmernden Kopfschmerzen fort. Kann das wahr
     sein, fragte sie sich wohl zum hundertsten Mal und hätte viel darum gegeben, endlich mit Sommerkorn über ihren Verdacht reden
     zu können. Auf jeden Fall hätte er ihr den Druck genommen, das Gefühl, sofort etwas unternehmen zu müssen. Vielleicht hätte
     er ihr aber auch erklärt, wie absurd dieser Verdacht war.
    Sie erblickte das Schild, auf dem ›Ziegelgrube‹ stand, und wenig später folgte sie dem schmalen Weg, der sie weiter und weiter
     wegführte vom ewigen Lindwurm der B31.   Der Verkehrslärm, das Zischen der Reifen auf dem Asphalt, all das rückte ferner, verblasste, als sie die Schranke erreichte
     und vom Rad stieg.
    Auf einmal war sie sich nicht mehr sicher, ob es klug gewesen war, allein hierherzukommen. Schließlich war sie schon einmal
     hier gewesen und war, kurz nachdem sie ein paar Schritte auf das Gelände gewagt hatte, unverrichteter Dinge wieder abgefahren.
     Weil ihr unheimlich zumute gewesen war. Andererseits, sagte Marie sich und straffte dieSchultern, hatte Eva gesagt, sie wolle noch in die Bücherei und zum Einkaufen und war mit einem Korb voller Bücher aus dem
     Haus gegangen und kurz darauf mit dem Wagen weggefahren. Wenn sie gelogen

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