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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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tiert?“
    „Natürlich.“
    „Auch Ihre Gespräche und die Inhalte seiner Erzählungen ?“
    „Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. A lles ist vertraulich und bleibt es auch.“ Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, mich nach Einzelheiten zu fragen, fügte ich in G e danken hinzu.
    „Und wo befinden sich diese Informationen? Im Co m putersystem der Klinik?“
    „Ja. Und in der Akte. Computerausdrucke, handgeschriebene Berichte. Die A k te ist im Büro von Dr. Meyer, bis er Zeit findet, den Entlassungsbericht zu schreiben, danach landet sie i m Archiv.“
    „Gut.“ Julian nickte. „Ist Ihnen in Christians … Fall eigentlich etwas Auße r gewöhnliches aufgefallen? Vielleicht, was seine Schilderungen betrifft?“
    „Es gibt z war gleiche Diagnosen, aber keine zwei gleichen Patienten“, erklärte ich langsam und fügte fast widerwillig hinzu: „Herr Hartmann hat von Vampiren erzählt. Und von Dämonen.
    Dämonen, Vampire, Gespenster.“ Ich hob die Schultern. „Monster und religi ö se oder übernatürliche Gestalten sind für psychotisches Erleben nicht ungewöh n lich. In seinem Fall fand ich die Geschichten nicht nur extrem … produktiv, so n dern auch sehr fantasi e voll.“
    „Fantasievoll?“ Julians Stimme klang fast schon liebenswürdig. „Nun, Christian ist wirklich … einfall s reich. W ar um nicht auch, wenn er krank ist und fiebert?“
    I ch musste gähnen und blinzelte ihn müde an.
    „Wie viele dieser Hausbesuche haben Sie eigentlich schon gemacht?“
    „Gar keine. Mein Besuch bei Ihnen war eine absolute Ausnahme. Aber ich war mir sicher, dass e r wichtig war .“
    „W arum? W ie konnte n Sie so sicher sein?“
    „Ich habe noch nicht darüber nachgedacht“, sagte ich erstaunt. „Irgendwie wusste ich es einfach.“ Julian hatte begonnen, mich auszufragen. Eigentlich sollte es doch umgekehrt sein. Deshalb sagte ich resolut: „Wobei wir beim eigen t lichen Thema sind.“
    „Beim eigentlichen Thema?“ fragte er gedehnt und lehnte sich entspannt z u rück. Sein sanftes Lächeln demonstrierte ungestörte Gelassenheit. „Was möchten Sie wissen, Frau Langner? Ich habe Ihnen bereits zugesagt, Ihre Fragen zu b e antworten.“
    Das hatte er tatsächlich, und ich nickte. „Was ist bei Ihrem Besuch am Mit t woch, also am Abend vor seiner Entlassung, zwischen Ihnen und Christian vo r gefallen? Nachdem ich das Zimmer verl ieß .“
    „Ich habe einen Dämon ausgetrieben und Christian g e rettet.“
    Ich runzelte die Stirn. Was die Krankheiten meiner Patienten betraf, erlaubte ich wirklich keine Scherze, deshalb sah ich ihn einfach weiter mit meinem u n nachgiebigsten Therapeutenblick an.
    Meine Reaktion schien Julian zu überraschen. Sein Gesichtsausdruck wurde wachsam und prüfend, dann lächelte er wieder. Freundlich. Sorgfältig. Kontro l liert.
    Mir fiel auf, dass ich mir nie zuvor so viele Gedanken über das Lächeln eines Mannes g e macht hatte .
    „Ich weiß nicht, welche Erklärung Sie von mir er war ten, Frau Langner. Die einzige, die ich Ihnen anbieten kann, ist die, dass es mir am Mittwoch ansche i nend ähnlich wie Ihnen ergangen ist: Ich wusste, mein Besuch wü r de Christian helfen. Er arbeitet seit mehr als zwei Jahren für mich, und ich fühle mich für ihn verantwortlich. Im Krankenhaus habe ich mich an sein Bett gesetzt und mit ihm gesprochen . Offenkundig konnte n ihn meine Worte e r reichen, vielleicht haben sie dazu beigetragen, ihn von seinem … inneren Dämon zu b e freien. Oder von se iner Psychose, wie Sie es wohl nennen würden. Wenn es anders ausgega n gen wäre , weiß ich nicht, wie ich Richard hätte unter die Augen treten können.“ Er schwieg und schien kurz nachzudenken. „Eine andere Erklärung, die Sie verst e hen und akzeptieren könnten, Frau Langner, kann ich Ihnen leider nicht g e ben.“
    Ich war unfähig, mich vom reglosen Blick seiner grauen Augen zu l ö sen. Was hatte ich denn er war tet? Herrje, was wollte ich überhaupt? Hier, von ihm? Es gab keinen Grund, an seiner Ehrlichkeit zu zweifeln. Und es war ebe n falls klar, dass er mir keine Erklärung für Christians Heilung geben konnte . Sponta n remissionen waren sehr ungewöhnlich, aber sie kamen vor.
    Außerdem berührten seine Worte etwas in mir , das ich kannte. Von mir selbst. Julian besaß großes Verantwortungsgefühl, und neben seinem Vertrau en in die eigene Kraft zeigte er Sorge um die Menschen, die ihm anvertraut waren . Von einem Mann wie ihm hatte ich das allerdings nicht er war

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