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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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erhellt. Sie hallte wider von den Schreien der Gemarterten oben auf dem Podest, die sich mit dem Gejohle der begeisterten Menge vermischten.
    Pierre klammerte sich wie seine Mitgefangenen an die Gitterstäbe. Aber er hatte nur Augen für Cecile, fühlte ihren brennenden Schmerz. Irgendwie schaffte er es, die Magie, die die Zelle umgab, mit der Kraft seines Zorns zu zerstören, vergaß, darüber zu staunen, stürzte hinaus und geriet sofort in den Griff kräftiger Arme die ihn packten, zu Boden rissen und trotz seiner Gegenwehr unbarmherzig niederdrückten. Die Menge wurde still, er spürte eine Präsenz, noch kälter als die Winterluft, die ihre Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Hände lösten sich hastig von ihm, und ein stechender Schmerz traktierte seinen Rücken, heftig, langsam und äußerst gründlich. Pierre krümmte sich vor Qual und biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Er zitterte vor Entsetzen und war unfähig, aufzublicken, selbst wenn er es gewollt hätte. Nackte Füße kamen auf ihn zu, er fühlte die wirbelnde Energie wie einen heranziehenden Eissturm und den weichen Saum eines Kleides, der ihn sanft berührte.
    „Schau an. Ein Prinz, den man mir vorenthalten hat. Jung, schön, talentiert und voller ungebändigter Kraft.“ Eine weiße Hand strich ihm sacht über die Wange.
    „Bitte …“, war das einzige Wort, das er hervorbrachte.
    Der Schmerz ließ etwas nach.
    „Ja?“, fragte die Stimme neugierig.
    „Verschone Cecile.“
    „Cecile? Diese kleine Närrin?“, fragte sie gelangweilt. „Was bist du bereit, dafür zu geben?“
    „Was immer Ihr wollt.“
    „Deinen Körper? Deine Seele?“ Ein Lachen erklang, laut und schrill.
    Endlich schaffte er es, aufzusehen. Jeanne betrachtete ihn. Ihr Gesicht war nicht jung und nicht alt, nicht schön. Es waren ihre dunklen Augen, machtvoll und abgrundtief, die ihn sofort in ihren Bann zogen und lähmten.
    Du kann st mir nicht bieten, was mir ohnehin gehört . Sie entließ ihn aus ihrem Blick und winkte zwei Männer heran. „Schafft ihn weg. Aber ich möchte, dass ihr ihn morgen zu mir bringt.“ Sie drehte sich um und ging.
    Zwei Männer, die dicke Handschuhe trugen, umwickelten seine Unterarme mit Silberketten und schleiften ihn aus der Halle. Pierre schrie vor Schmerz und Verzweiflung. In der Menge konnte er einzelne Gesichter erkennen, die ihm Schmähungen zubrüllten, ihn neugierig angafften oder sich hastig von ihm abwandten, einige von ihnen hatte er für seine Freunde gehalten. Unterwegs kam er wieder auf die Füße und stolperte endlose kalte und nasse Treppenstufen hinunter und Gänge entlang. Verzweifelt sammelte er sich, versuchte, mit seinem Geist Cecile zu berühren, sein Innerstes mit ihr zu verbinden, um sie zu trösten und selbst ihren Trost zu empfangen. Aber sein Tasten blieb vergeblich, er erreichte sie nicht. Und dann spürte er, wie sie starb.
    Ihre Qual erfüllte jede Faser seines Körpers, ihr Tod blutete in sein Herz, und sein Kummer war grenzenlos. Cecile.
    Pierre fühlte sich wie betäubt, als er auf den strohbedeckten Boden einer Zelle fiel. Er wurde auf die Knie gezwungen und seine Hände nach hinten gerissen. Einer der Männer trat hinter ihn und zog seinen Kopf an den Haaren zur Seite, während sein Gefährte an seiner Hose nestelte. Pierre spürte Zähne, die sich in seinen Hals gruben, und einen Schmerz im Handgelenk, an dem sich ein zweiter Mund zu schaffen machte. Als sein Gürtel geöffnet wurde, verstand er endlich, brüllte seinen Schmerz hinaus und wahnsinnigen Zorn. Er begann sich zu wehren.
    Das war plötzlich viel leichter, als er es erwartet hatte. Die Männer fielen, wanden sich auf dem Boden, mit hervorquellenden Augen und verzerrten Gesichtern. Ihre Todesqualen dauerten Minuten. Pierre schaute ihnen zu, zitterte am ganzen Körper, erneut unfähig zu begreifen.
    Er schaffte es mit Mühe, sich von seinen Ketten zu befreien, aber endlich stolperte er aus der Zelle, fand ungesehen einen Weg aus dem Labyrinth an die Oberfläche, wo er durch dunkle und verschneite Gassen huschte, sich an das Heck einer Kutsche klammerte und die restliche Nacht damit verbrachte, seinen Schmerz zu ertragen und so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Paris zu bringen.
    Julian riss sich von Pierre los.
    „Die Verbindung mit dir … ich habe noch nie so viel Macht gespürt“, stieß Pierre aufgewühlt hervor. „Außer damals, bei Jeanne.“
    Julian antwortete nicht. Ihn beschäftigten ganz andere Gedanken. „Verdammt.

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